Viren sind allgegenwärtig, sei es im Wasser, in der Erde, im Eis oder gar in unserem eigenen Körper. Im Laufe der Evolution haben sie sich kontinuierlich an neue Umgebungen und Wirte angepasst, um selbst unter extremsten Bedingungen zu überleben. Kürzlich gelang es Forschenden, die Anzahl der bekannten Virenarten um das anderthalbfache zu erhöhen, indem sie mithilfe von KI 161.971 neue RNA-Viren identifizierten – eine Rekordzahl an Neuentdeckungen auf einen Schlag.
Neue Viren durch KI entdeckt
Dabei sind RNA-Viren weitaus schwerer zuzuordnen, als DNA-Viren. Grund dafür sind die vielen Mutationen und ihre genetische Vielfalt. Doch genau da kommt die Künstliche Intelligenz ins Spiel. Die Forschenden haben ein System entwickelt, dass auf das Aufspüren solcher RNA-Viren speziallisiert ist. Nachdem die Forschenden das Programm mit rund 5.000 bekannten Signaturen trainierten, fütterten sie es anschließend mit 51 Terabyte RNA-Daten aus verschiedenen Proben. Diese sammelten sie an insgesamt 1.612 Orten weltweit, in 32 verschiedenen Lebensräumen und Ökosystemen. Anschließend veröffentlichten sie ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift Cell.
„Uns wurde ein Fenster zu einem sonst verborgenen Teil des Lebens auf der Erde geöffnet, das eine bemerkenswerte Artenvielfalt offenbart. […] So viele neue Viren auf einen Streich zu finden ist überwältigend“, sagt Seniorautor Edwards Holmes in einer Mitteilung der University of Sydney. „Dies ist die größte Zahl neuer Virenarten, die in einer einzigen Studie entdeckt wurde. Damit wird unser Wissen über die Viren, die unter uns leben, enorm erweitert“
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Methode wird weiter verbessert
„Und es ist nur die Spitze des Eisbergs, die eine Welt voller Entdeckungen eröffnet. Es gibt noch Millionen weitere zu entdecken, und wir können denselben Ansatz zur Identifizierung von Bakterien und Parasiten anwenden“, erklärt Holmes. Bei den meisten RNA-Viren dienen Menschen, Tiere und Pflanzen als Wirt. „Es ist aber auch durchaus denkbar, dass ein substanzieller Teil der neuentdeckten Viren mit Bakterien oder Archaeen als Wirten assoziiert ist.“ Generell stehe die Forschung bei dieser Frage noch am Anfang.
„Der logische nächste Schritt besteht darin, unsere Methode zu trainieren, um noch mehr von dieser erstaunlichen Vielfalt zu finden, und wer weiß, welche weiteren Überraschungen uns noch erwarten“, beendet Professor Holmes die Mitteilung seiner Universität.
Quellen: „Using artificial intelligence to document the hidden RNA virosphere“ (Cell, 2024); University of Sydney
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