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Menschen mutieren: An diesem Ort erleben sie die Evolution hautnah

Menschen passen sich weiter an Umweltveränderungen an. Besonders Hochgebirgspopulationen wie auf dem Tibetischen Plateau haben Eigenschaften entwickelt, die ihnen das Überleben bei geringem Sauerstoff ermöglichen.

Pilgerin im tibetanischen Hochland
© IMAGO / blickwinkel

Vom Affen zum Menschen: An diesem Punkt war die Wandlung vollendet

Der Zeitpunkt, wann der Affe sich zum Menschen entwickelte, ist schwer zu bestimmen.Vor rund 300.000 Jahren soll der Homo sapiens geschaffen worden sein.Aber erst vor rund 65.000 Jahren schuf der Mensch Werkzeuge, Artefakte und Kunst.

In über 3.500 Metern Höhe ist der Sauerstoffgehalt in der Luft deutlich niedriger als auf Meereshöhe. Während viele Menschen unter solchen Bedingungen ernsthafte gesundheitliche Probleme bekommen würden, hat die Evolution tibetische Gemeinschaften über mehr als 10.000 Jahre hinweg an diese Höhen angepasst. Ihre Körper haben Mechanismen entwickelt, um Sauerstoff besser zu transportieren und zu nutzen, ohne dass das Blut dicker wird – was das Herz zusätzlich belasten könnte.

Tibetanisches Hochland: Evolution im Kleinen

Die Anthropologin Cynthia Beall und ihr Team haben für ihre Studie 417 Frauen in Nepal untersucht. Sie wollten herausfinden, welche spezifischen Anpassungen ihnen das Überleben in diesen extremen Höhen ermöglichen. Dabei stellten sie fest, dass Frauen mit den meisten lebend geborenen Kindern optimale Hämoglobinwerte hatten.

Hämoglobin ist das Protein in den roten Blutkörperchen, das Sauerstoff transportiert. Bei diesen Frauen war die Sauerstoffsättigung des Hämoglobins dank dieser kleinen Evolution besonders hoch, was dazu führte, dass ihr Körper den Sauerstoff effizienter an das Gewebe abgeben konnte.

Die Frauen mit dem größten Reproduktionserfolg hatten auch größere linke Herzkammern, die es ermöglichten, mehr sauerstoffreiches Blut durch den Körper zu pumpen. Zusätzlich hatten sie einen stärkeren Blutfluss in die Lungen, was den Sauerstofftransport weiter unterstützte. Diese Kombination aus Anpassungen half ihnen, den geringen Sauerstoffgehalt in ihrer Umgebung optimal zu nutzen.

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„Fall von fortlaufender natürlicher Auslese“

Obwohl auch soziale Faktoren wie frühe Heiraten und längere Ehen dazu beitrugen, dass einige Frauen mehr Kinder hatten, spielte die Evolution ihrer Körper eine entscheidende Rolle. Frauen, deren Körper sich besser an die extremen Höhenbedingungen angepasst hatten, brachten mehr Kinder zur Welt.

„Das ist ein Fall von fortlaufender natürlicher Auslese“, erklärte Beall im Rahmen einer Pressemitteilung der Case Western Reserve University. „Die tibetischen Frauen haben sich auf eine Weise entwickelt, die den Sauerstoffbedarf des Körpers ausgleicht, ohne das Herz zu überlasten.“

Quellen: „Higher oxygen content and transport characterize high-altitude ethnic Tibetan women with the highest lifetime reproductive success“ (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2024); Case Western Reserve University

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