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Warum küssen wir? Neue Studie stellt bisherige Theorien in Frage

Kaum jemand denkt heute noch über das Küssen nach – es passiert einfach. Doch woher stammt diese Geste eigentlich?

Zwei Menschen küssen einander
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Vom Affen zum Menschen: An diesem Punkt war die Wandlung vollendet

Der Zeitpunkt, wann der Affe sich zum Menschen entwickelte, ist schwer zu bestimmen.Vor rund 300.000 Jahren soll der Homo sapiens geschaffen worden sein.Aber erst vor rund 65.000 Jahren schuf der Mensch Werkzeuge, Artefakte und Kunst.

Küssen könnte sich eher aus einem Pflegeverhalten unter frühen Primaten entwickelt haben als aus einem rein menschlichen Instinkt. Obwohl es in vielen Kulturen verbreitet ist, ist es keineswegs universell. Das deutet darauf hin, dass es weniger auf Instinkt als auf Kultur beruht.

Die Ursprünge des Küssens

Interessanterweise zeigen auch Primaten wie Bonobos und Schimpansen Mund-zu-Mund-Kontakt. Das deutet darauf hin, dass die Wurzeln des Küssens weit zurückreichen. Adriano Lameira, Primatologe und Evolutionspsychologe, vermutet, dass dieses Verhalten ursprünglich in Pflegesituationen entstanden sein könnte. Seine Forschungen zum Thema veröffentlichte er als Studie im Fachjournal Evolutionary Anthropology.

In Primatengesellschaften spielt Pflege eine entscheidende Rolle für soziale Bindungen und die Gruppenhierarchie. Wenn Primaten einander pflegen, entfernen sie dabei Schmutz, abgestorbene Haut und Parasiten aus dem Fell des anderen. Diese Handlungen stärken das Vertrauen und den Zusammenhalt in der Gruppe.

Währenddessen werden Endorphine freigesetzt, was Stress reduziert und die Bindung zwischen Pflegenden und Gepflegten vertieft. Als Menschen ihr Fell verloren, pflegten sie sich gegenseitig seltener. Doch ein letzter liebevoller Moment, den Lameira den „letzten Kuss der Pflegenden“ nennt, könnte geblieben sein.

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„Der letzte Kuss der Pflegenden“

Der Kuss der Pflegenden könnte ein einfacher Lippen-zu-Haut-Kontakt gewesen sein, um hartnäckige Partikel zu entfernen. Mit der Zeit entwickelte sich dieser Kuss möglicherweise von einem rein praktischen zu einem sozialen Gestus.

Selbst als die Notwendigkeit für regelmäßiges Pflegen durch den Fellverlust verschwand, blieb der Mund-zu-Mund-Kontakt bestehen und wurde schließlich zu einer Geste der Zuneigung, so Lameira Theorie. So könnte das Küssen auf natürliche Weise aus dem Pflegeverhalten hervorgegangen sein, da Berührung weiterhin eine wichtige Rolle für menschliche Verbundenheit und Trost spielte.

Lameiras Forschung widerspricht älteren Annahmen über den Ursprung des Küssens. So ging man davon aus, dass Küssen vom Vorkauen der Nahrung für Babys abstamme, bei dem Eltern ihren Mund an den des Kindes pressten. Diese Theorie erklärt jedoch nicht, warum Küssen das Spitzmachen der Lippen und eine Saugbewegung beinhaltet. Eine andere Hypothese besagte, dass Küssen vom Schnüffeln zur sozialen Überprüfung stamme, doch das erklärt nicht, warum die Lippen überhaupt einbezogen sind.

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Man muss den Kontext verstehen

Stattdessen könnte das Küssen ein Überbleibsel der Pflege sein, das Trost spendet und Bindungen stärkt. Auch wenn die Menschen sich nicht mehr auf gegenseitige Pflege für die Hygiene verlassen, sei das Küssen als Ritual zur Stärkung von Bindungen erhalten geblieben. Es sei damit zu einer symbolischen Fortführung der sozialen Pflege geworden, die ihre Bedeutung behalten habe, auch nachdem die ursprüngliche Funktion verschwunden sei.

„Für künftige evolutionäre Erkenntnisse über die Entwicklung des menschlichen Küssens und anderer einzigartiger Verhaltensweisen unserer Spezies“, so Lameira, „wird es wichtig sein, den Einfluss des breiteren sozio-ökologischen, kognitiven und kommunikativen Kontexts der menschlichen Vorfahren im Auge zu behalten und darüber nachzudenken“.

Quelle: „The evolutionary origin of human kissing“ (Evolutionary Anthropology, 2024)

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