Die Tonto Group, eine geologische Gruppe im Grand Canyon, erzählt ein spannendes Kapitel der Erdgeschichte, das während der sogenannten kambrischen Explosion vor etwa 500 Millionen Jahren stattfand. In dieser Zeit entstanden Tiere mit harten Schalen, die sich rasend schnell verbreiteten, während der Meeresspiegel stieg und große Teile der Kontinente unter Wasser setzte.
Geologie im Grand Canyon
Ein Team von Forschenden unter der Leitung von Carol Dehler von der Utah State University hat nun neue Erkenntnisse über diese Sedimentschichten voller Fossilien gewonnen, die wichtige Hinweise auf die Entstehung des frühen marinen Lebens liefern.
Die Forschung baut auf dem vor über 50 Jahren entwickelten McKee-Modell auf, das die langsame Ausbreitung der Meere über das Land beschreibt. Doch die neuen Ergebnisse zeigen, dass die Ablagerungen in der Tonto Group viel dynamischer entstanden sein müssen. Statt eines gleichmäßigen Prozesses fand man wechselnde marine und nicht-marine Umgebungen, Unterbrechungen in der Sedimentablagerung und deutlich schnellere evolutionäre Veränderungen.
„Unser neues Modell für die Ablagerung der Tonto Group ist viel differenzierter und zeigt eine Mischung aus marinen und nicht-marinen Bedingungen, Unterbrechungen oder Diskordanzen, wenn kein Sediment abgelagert wurde, und ein viel schnelleres Entwicklungstempo“, erklärte Professor Karl Karlstrom von der University of New Mexico (UNM). „Mehr noch als früher bleibt die Tonto-Gruppe des Grand Canyon aufgrund ihrer vollständigen Aufdeckung einer der wichtigsten kambrischen Abschnitte der Welt.“
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„Sedimentgesteine sind schwer zu datieren“
Mithilfe moderner Uran-Blei-Datierung (U-Pb-Datierung) haben die Forschenden das Alter einzelner Schichten und die Übergänge zwischen verschiedenen Arten präzise bestimmt. Sie analysierten Zirkonkristalle in den Gesteinen und fanden heraus, dass sich Trilobitenarten – frühe Meerestiere – innerhalb weniger als einer Million Jahre entwickelten und wieder ausstarben. Diese schnellen Veränderungen stellen die traditionelle Vorstellung von einer langsamen Evolution während des Kambriums infrage.
„Sedimentgesteine sind schwer zu datieren“, ergänzte die Professorin Laurie Crossey, „aber die Ablagerung des Sediments und der darin eingeschlossenen Fossilien muss jünger sein als das Alter des jüngsten Korns, sodass wir bei vielen Daten das Alter der Sedimente einordnen können.“
Bei der Untersuchung der Formation im Grand Canyon entdeckten die Forschenden auch Spuren extremer Umweltbedingungen. Gewaltige tropische Stürme, ein sehr hoher Meeresspiegel und der Transport von Sedimenten über ganze Kontinente hinweg prägten die Zeit, als diese Schichten entstanden. Dabei gab es keine Landpflanzen, und die Erde war viel heißer als heute. Solche Bedingungen ermöglichten die schnelle Ausbreitung mariner Lebewesen und prägten die Entwicklung des Lebens nachhaltig.
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Blick in die ferne Vergangenheit
Die spektakuläre Landschaft des Grand Canyon zeigt, wie sich das Leben unter extremen Bedingungen anpassen konnte und welche entscheidende Rolle das Meer bei der Evolution gespielt hat.
„Aus den 500 Meter dicken Schichten der Tonto Group lernen wir etwas über den Anstieg des Meeresspiegels und die Auswirkungen katastrophaler tropischer Stürme, die wahrscheinlich stärker waren als die verheerenden Hurrikane von heute“, erläuterte Dehler. „Dies geschah in einer Welt ohne Landpflanzen und während einer Periode sehr heißer Temperaturen, als die Erde eisfrei war.“
Ihre Ergebnisse, die die Forschenden im Fachjournal GSA Today veröffentlichten, haben auch für die Lehre einen großen Wert. Sie bieten Studierenden und Forschenden eine neue Grundlage, um die schnellen Umwelt- und Evolutionsprozesse der kambrischen Explosion zu verstehen.
Quellen: The University of New Mexico; „The Cambrian of the Grand Canyon: Refinement of a Classic Stratigraphic Model“ (GSA Today, 2024)
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