In Israel haben Forschende einen spektakulären archäologischen Fund gemacht: 12.000 Jahre alte, durchlöcherte Kieselsteine, die möglicherweise zu den ältesten Beispielen radähnlicher Technologie gehören. Die Entdeckung wirft ein neues Licht auf die Ursprünge einer Technik, die später zur Entwicklung des Rades führte.
Archäologischer Fund gibt Hinweise auf frühe Rotationstechnologie
Die Forscher*innen analysierten insgesamt 113 dieser donutförmigen Steine, die an der archäologischen Stätte Nahal Ein Gev II ausgegraben wurden. Die Objekte bestehen größtenteils aus Kalkstein und weisen mittig gebohrte Löcher auf. Talia Yashuv, Archäologin an der Hebräischen Universität Jerusalem, erklärte gegenüber dem New Scientist: „Wenn man zurückblickt und die ersten Fahrzeugräder vor 6000 Jahren findet, ist es nicht so, als wären sie einfach aus dem Nichts gekommen“ Vielmehr betont sie, dass diese Werkzeuge als entscheidender Schritt in der Entwicklung von Rad und Achse gesehen werden können.
Um die Funktionsweise der Steine zu testen, erstellte das Team mit 3D-Scans exakte Nachbildungen der Funde. Eine Expertin für traditionelle Handwerkskunst setzte die Repliken ein, um Fasern wie Flachs zu Garn zu spinnen. Das Ergebnis: Die Steine funktionierten trotz ihrer unperfekten Form einwandfrei. „Sie [Anm. der Red.: Die Expertin für Handwerkskunst] war wirklich überrascht, dass sie funktionierten, denn sie waren nicht perfekt rund“, erklärte Yashuv. „Aber eigentlich muss die Perforation nur im Schwerpunkt liegen, dann ist alles ausgewogen und es funktioniert.“
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Inspiration für spätere Erfindungen?
Nicht alle Expert*innen sind überzeugt. Die französische Archäologin Carole Cheval bemängelte gegenüber dem New Scientist, dass keine mikroskopischen Spurenanalysen durchgeführt wurden. Diese könnten nachweisen, ob die Steine tatsächlich als Spinnwirtel genutzt wurden. Die israelischen Forscher*innen verteidigten sich dagegen mit der Aussage, dass solche Analysen den Rahmen ihrer Studie überschritten hätten.
Sollten die Steine tatsächlich als Spinnwirtel gedient haben, wäre dies ein Hinweis darauf, dass Menschen bereits lange vor der Erfindung des Wagenrads mit Rotationstechnologien experimentierten. Laut Yashuv könnten diese Werkzeuge sogar die Inspiration für spätere Innovationen wie die Töpferscheibe oder das Rad gewesen sein. Yorke Rowan, Archäologe der Universität von Chicago, hingegen lobte die Studie in einer Mail an LiveScience: „Ich denke, das ist eine großartige Analyse, gründlich und überzeugend.“ Weiter nannte er den archäologischen Fund einen „kritischen Wendepunkt“ in der technischen Entwicklung.
Quellen: „12,000-year-old spindle whorls and the innovation of wheeled rotational technologies“ (Plos One, 2024); New Scientist, LiveScience
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