Ein Start-up aus Baden-Württemberg hat eine innovative Technologie entwickelt, die zwei drängende Probleme gleichzeitig lösen soll: Plastikmüllberge und die steigende Nachfrage nach Wasserstoff. Das Pilotprojekt der Firma Green Hydrogen Technology (GHT) könnte den Treibstoff der Zukunft deutlich günstiger machen – und dabei gleichzeitig bestehende Abfälle sinnvoll nutzen.
Wasserstoff aus Abfall: So funktioniert die Technik
In einem sogenannten Flugstromreaktor, der in Ebersbach bei Göppingen steht, werden Plastikmüll und Biomasse bei Temperaturen von bis zu 1.600 Grad Celsius in Wasserstoff und Kohlendioxid umgewandelt. Während der Wasserstoff als Treibstoff dient, will das Verfahren das CO₂ verflüssigen. Anschließend soll es dann an die Getränkeindustrie verkauft werden, wo es als Kohlensäure benötigt wird.
Dabei erklärt GHT-Geschäftsführer Robert Nave gegenüber der Tagesschau, dass die verwendeten Kunststoffe sonst in der Müllverbrennung landen, bei der wiederum das CO₂ direkt in die Atmosphäre gelangen würde. Laut dem Unternehmen ist die Technologie also ein Schritt in Richtung klimaneutraler Wasserstoff.
Das Verfahren punktet aber auch vor allem durch seine niedrigen Kosten. Während bei der Elektrolyse, der gängigen Methode zur Herstellung von „grünem“ Wasserstoff, ein Kilogramm H₂ rund acht Euro kostet, strebt GHT einen Preis von nur fünf Euro an. In Zukunft soll der Preis sogar auf 1,50 Euro sinken. Das macht die Technologie besonders attraktiv für Unternehmen, die Wasserstoff in großen Mengen benötigen. So soll etwa das Logistikunternehmen Hylane, das Lkw mit Wasserstoffantrieb betreibt, bereits einen Liefervertrag mit GHT abgeschlossen haben.
Unterstützung und Kritik
Das Projekt erhält Unterstützung aus der Politik: Das Bundeswirtschaftsministerium sieht in der Idee einen wichtigen Beitrag zur Wasserstoffstrategie Deutschlands. „Solche Initiativen sind wichtig, um die erfolgreichen Geschäftsmodelle der deutschen Industrie so weiterzuentwickeln, dass sie klimaneutral und auch in Zukunft global wettbewerbsfähig sind“, zitiert die WirtschaftsWoche Bernhard Kluttig, Staatssekretär des Ministeriums. Kritik gibt es jedoch von Umweltorganisationen. Da beim Verfahren nämlich CO₂ entsteht, bezeichnet etwa Karsten Smid von Greenpeace die Technologie gegenüber der Tagesschau als „Greenwashing“. Für ihn ist nur Wasserstoff aus erneuerbaren Energien auch wirklich klimafreundlich.
Die Anlage in Ebersbach ist ein weltweit einzigartiges Pilotprojekt. Pro Jahr sollen hier etwa 100 Tonnen Wasserstoff produziert werden – genug, um Lkw auf einer Strecke von 1,7 Millionen Kilometern zu betreiben. Doch das Unternehmen hat größere Pläne: In den nächsten fünf Jahren sollen mindestens fünf weitere Anlagen entstehen, die jährlich 2.000 Tonnen Wasserstoff liefern könnten.
Jährlich fallen allein in Deutschland fast 20 Millionen Tonnen Verpackungsmüll an. Viele dieser Abfälle lassen sich nicht recyceln und landen in Müllverbrennungsanlagen. Die Technologie von GHT könnte diese Reststoffe sinnvoll nutzen und gleichzeitig zur Energiewende beitragen. „Es kann nicht die einzige Lösung sein, aber wir sind ein Puzzlestück davon“, betont Nave. Sollte sich die Methode bewähren, könnten Müllreaktoren in Zukunft weltweit zum Einsatz kommen – und dabei nicht nur Wasserstoff, sondern auch dringend benötigte Lösungen für die Plastikflut liefern.
Quellen: Tagesschau, WirtschaftsWoche
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