Das Erdklima ist ein komplexes Netzwerk, in dem viele Faktoren eng zusammenwirken. Ozeane, Atmosphäre und Vegetation beeinflussen sich gegenseitig – und das über Kontinente hinweg. Dazu tragen mitunter Meeresströmungen wie die AMOC bei. Sie transportiert warmes Wasser von den Tropen in Richtung Nordatlantik, verteilt Salz und Wärme wie ein gigantisches Förderband im Meer und hilft so dabei, das globale Klimasystem zu stabilisieren.
AMOC könnte Amazonas ins Chaos stürzen
Wenn die AMOC schwächer wird, gerät der Transport von warmem Wasser im Atlantik ins Stocken. Das verändert Niederschlagsmuster und kann den Amazonas stark belasten. Denn auch er spielt als „grüne Lunge“ unseres Planeten eine wichtige Rolle in dessen Klimasystem. Noch ist nicht ganz klar, inwiefern und vor allem in welchem Ausmaß beide Teilsysteme einander beeinflussen. Allerdings könnte ein deutsch-brasilianisches Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Thomas Akabane und Prof. Dr. Cristiano Chiessi von der Universität São Paulo der Antwort auf diese Frage nun ein entscheidendes Stück näher gekommen sein.
Konkret untersuchten die Forschenden die Veränderungen der Vegetation in der Amazonasregion – und zwar über einen Zeitraum von 25.000 Jahren. Dazu analysierten sie Pollen- und Kohlerückstände in einem marinen Sedimentkern aus der Mündung des Amazonas und erlangten dadurch eine Reihe entscheidender Erkenntnisse.
„Unsere Daten zeigen, dass sich das Amazonas-Ökosystem in der Vergangenheit an Veränderungen der Niederschlagsmuster in Folge einer abgeschwächten Atlantikzirkulation anpassen konnte“, erklärte Dr. Stefan Mulitza vom Zentrum für Marine Umweltwissenschaften (MARUM) der Universität Bremen in einer Pressemitteilung. „Eine künftige Abschwächung der AMOC mit einer gleichzeitig fortschreitenden Entwaldung könnte aber die Stabilität dieses global wichtigen Systems gefährden.“
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„Gravierende regionale Effekte“
Im Rahmen ihrer im Fachjournal Nature Geoscience veröffentlichten Studie wandten die Forschenden verschiedene bewehrte Klima- und Vegetationsmodelle an, um ihre Proben weiteren Tests zu unterziehen. Sie verdeutlichten, dass die aktuelle Abschwächung der AMOC geradezu eiszeitliche Folgen für das Amazonasgebiet haben könnte.
„Die Modelle haben uns gezeigt, dass die AMOC nicht erst vollständig zusammenbrechen muss, um sich auf den Regenwald auszuwirken“, betonte Dr. Matthias Prange vom MARUM. „Die nördlichen Regionen des Amazonasgebietes sind schon bei mäßigen Änderungen der AMOC massiv betroffen.“
Das bedeute, dass sich etwa das Abschmelzen der grönländischen Gletscher ganz direkt auf die Tropen auswirken könnte. „Solche Fernwirkungen sorgen für gravierende regionale Effekte, gerade für Menschen, die nur wenig für den Klimawandel verantwortlich sind“, so Prof. Dr. Gerrit Lohmann vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) des Helmholtz-Zentrums für Polar- und Meeresforschung.
Quellen: Zentrum für Marine Umweltwissenschaften; „Weaker Atlantic overturning circulation increases the vulnerability of northern Amazon forests“ (Nature Geoscience, 2024)
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