Zwischen den staubigen Hügeln Nordmazedoniens ist Archäolog*innen eine Entdeckung gelungen, welche die Geschichte neu schreiben könnte. Wo früher nur ein unauffälliger Militärposten vermutet wurde, entpuppte sich nun nämlich ein spektakulärer archäologischer Fund: eine Stadt, die womöglich das Herz eines vergessenen Königreichs war. Die Ausgrabungen in Gradishte liefern Hinweise auf eine frühe Hochkultur.
Archäologischer Fund liefert erstaunliche neue Hinweise
Über Jahre hinweg galten die Ruinen von Gradishte als archäologisch eher irrelevant. Doch die neuesten Grabungen, unterstützt durch moderne Technik wie Bodenradar und LiDAR-Drohnen, zeigten ein ganz anderes Bild. „Diese Entdeckung ist bedeutsam“, erklärte der Anthropologe Nick Angeloff von der Cal Poly Humboldt University in einer Mitteilung. Der archäologische Fund deckt dabei ein weitläufiges Stadtgebiet auf, inklusive einer Akropolis und einem Theater im mazedonischen Stil – deutlich größer und älter als bisher angenommen.
Zu den spektakulärsten Funden gehören darunter eine antike Theaterkarte aus Ton, Münzen, Werkzeuge und Spielfiguren. Vor allem eine der Münzen, die um 325 v. Chr. im heutigen Milet (Türkei) geprägt wurde, veränderte dabei die Datierung der Stadt grundlegend. Die Forschenden gehen daher nun davon aus, dass die Stadt nicht erst unter König Philipp V. entstand, sondern bereits zur Zeit Alexanders des Großen existierte. Andere Funde lassen sogar auf eine erste Besiedlung in der Bronzezeit schließen – vor rund 4.000 Jahren.
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„Wichtige Rolle für das heutige Weltverständnis“
Doch der archäologische Fund hat noch eine weitere historische Dimension. Angeloff und sein Team vermuten, dass es sich bei der entdeckten Stadt um das legendäre Lynkos handeln könnte – die verlorene Hauptstadt des antiken Königreichs Lynkestis. Dieses autonome Reich existierte lange vor der makedonischen Großmacht und widersetzte sich bis ins 4. Jahrhundert v. Chr. der Herrschaft der Argeaden. Die Stätte könnte laut Angeloff sogar mit bedeutenden Persönlichkeiten wie Octavian und Agrippa in Verbindung stehen, die hier möglicherweise auf dem Weg zur berühmten Seeschlacht bei Actium vorbeikamen.
Engin Nasuh vom Nationalen Institut und Museum Bitola sieht in der Entdeckung weit mehr als nur regionale Geschichte: „Diese Zivilisation spielte eine wichtige Rolle für das heutige Weltverständnis und den Wunsch, verschiedene Zivilisationen und Kulturen zu verbinden“, erklärte der Wissenschaftler. Der archäologische Fund helfe dabei, das kulturelle Mosaik Europas besser zu verstehen. Die fortlaufenden Grabungen sollen künftig noch mehr Einblicke in die komplexen Strukturen der damaligen Gesellschaft liefern – und vielleicht endgültig klären, ob Gradishte tatsächlich das politische Zentrum eines vergessenen Reiches war.
Quelle: Cal Poly Humboldt
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