Im fränkischen Stein bei Nürnberg haben Forscher*innen eine Entdeckung gemacht, die für sie selbst unerwartet war. Denn mitten in den Vorbereitungen für ein neues Baugebiet entdeckten sie einen archäologischen Fund, der sie vor neue Rätsel stellte. Wo nämlich heute Wohnhäuser entstehen, stand einst das riesige Heerlager des kaiserlichen Feldherrn Albrecht von Wallenstein.
Archäologischer Fund überrascht Forschende
Die Grabungen brachten zunächst klassische Spuren des Lagerlebens im Dreißigjährigen Krieg zutage: Nägel, Nadeln, Münzen, Glasfragmente und Reste von Kleidung. Diese archäologischen Funde zeigen, wie komplex das Leben in dem über 16 Kilometer langen Lager damals gewesen sein muss.
Rund 50.000 Soldaten, begleitet von etwa 30.000 Zivilist*innen – darunter Händler*innen, Familien und Gaukler*innen – lebten dort unter oft katastrophalen Bedingungen. Laut dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) ist dabei auch klar geworden, dass sich das Lager weiter nach Süden erstreckte als bisher angenommen.
Doch vor allem ein archäologischer Fund am Rand des Lagerareals stellt die Forschenden vor viele Fragen. Es handelt sich um ein einzelnes Grab – das bislang einzige vollständig archäologisch dokumentierte in diesem Lager. Das Skelett eines jungen Menschen, vermutlich einer Frau, war ungewöhnlich in Seitenlage bestattet worden. Dabei entsprach diese Praxis nicht der damaligen christlichen Begräbnissitte. Auch die Grabbeigaben deuten auf eine Besonderheit hin: ein Bronzering, Gewandhaken sowie eine Kette aus einer Zinn-Blei-Legierung.
Lesetipp: Römisches Reich: Forscher finden überraschenden Grund für den Untergang
Ein bisschen Ordnung im Kriegschaos
Was diesen archäologischen Fund allerdings noch außergewöhnlicher macht, ist die Kleidung der Toten. Untersuchungen in den Restaurierungswerkstätten ergaben, dass zwei erhaltene Textilreste aus edler Seide sowie mit Gold- und Silberfäden gewebt waren. Anhand dieser Qualität vermuten die Wissenschaftler*innen, dass die verstorbene Person eine höhere gesellschaftliche Stellung hatte – möglicherweise handelte es sich um eine Offiziersfrau.
Die genaue Identität bleibt jedoch unklar. Laut BLfD konnten bislang weder die Herkunft noch die Todesursache geklärt werden. Die Radiokarbondatierung eines Knochens bestätigte jedoch, dass die Bestattung zeitlich mit dem Heerlager übereinstimmte.
Der archäologische Fund wirft auch ein neues Licht auf das Leben in einem der größten befestigten Lager Europas. Laut WELT mussten damals rund 13.000 Bäume gefällt werden, um das Lager zu errichten. Es gab sogar Galgen und ein Rad mit Körperteilen von Verurteilten zur Abschreckung. Auch das Thema Hygiene schien ein riesiges Problem gewesen zu sein: Fliegen, Seuchen und Hunger kosteten Tausenden das Leben. In dieser Szenerie wirkt das sorgfältig angelegte Grab besonders ungewöhnlich.
Quelle: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege; WELT
Seit dem 24. Februar 2022 herrscht Krieg in der Ukraine. Hier kannst du den Betroffenen helfen.