„Morgen anfangs wolkig, tagsüber lockert es aber auf“ oder ein einfaches „Bewölkt“. Abseits der Genauigkeit ihrer Vorhersagen haben sowohl Wetter-Apps als auch Ansagen über den Rundfunk oft eines gemeinsam: gleichbleibend monotones Vokabular. Was für manch einen ein irrelevanter Teil des täglichen Wetter-Checks ist, hat die Macher von Carrot Weather wohl gestört.
Die vergangene Woche in Version 4.0 erschienene Anwendung hat einen etwas deftigeren Wortschatz auf Lager. Zwar bleibt Regen weiterhin Regen, bei der Bekanntgabe des morgigen Wetters dürfen sich Nutzer aber über amüsante Verbal-Ohrfeigen freuen. Oder beleidigt sein.
„Grüße, Fleischsack“
Doch von Anfang an: Carrot Weather ist bereits seit zwei Jahren im Appstore vertreten, das vergangene Woche erschienene Major-Update bringt aber quasi eine komplett neue Anwendung mit. Startet man die App ohne Vorwissen, mag die Begrüßung von Carrot Weather gleich zu Beginn etwas überraschend kommen. „Greetings, meatbag“ schreibt die App zum Einstieg, um uns dann die Berechtigung für Ortungsdaten zu entlocken. So rabiat Carrot Weather auch ist, sie müssen nicht zwangsweise aktiviert werden, um die Wetterdaten abzufragen. Sofern ich meine Ortungsdaten nicht teilen möchte, kann der gewünschte Ort einfach am nächsten Screen manuell ausgewählt werden. Mehr will die freche App in Zeiten der Daten-Sammelwut nicht wissen.
Carrot Weather setzt beim Design auf eine One-Screen Oberfläche. Sämtliche Informationen zum Wetter finden sich auf einem Bildschirm. Die App erinnert dabei an 2D-Klassiker wie Super Mario Bros. Zusätzliche Daten wurden nicht in zahllosen Untermenüs versteckt, sondern in fließenden Grafiken implementiert. In der grafischen Oberfläche der App finden sich viele kleine Details, welche auf anschauliche Weise die aktuelle Wetterlage darstellen und immer wieder für einen Lacher gut sind. Das obere Drittel des Bildschirmes ist dabei informativ und gleichzeitig verspielt. Regnet es beispielsweise, tragen kleine Figuren Schirme mit sich oder sitzen verzweifelt auf einem Baumstamm. Scheint die Sonne, springen und tanzen sie.
Wettervorhersage nicht sehr präzise
Die beiden unteren Drittel des Bildschirmes halten eine übersichtliche Prognose für die nächsten Tage bereit. Wie bereits erwähnt wird dabei alles in einem Stück aufbereitet. Durch wischen nach links bzw. rechts kann fließend zwischen Stunden und Tagen gewechselt werden. Die Übersicht liefert aktuelle und voraussichtliche Temperatur sowie die Regenwahrscheinlichkeit in Prozent. Durch Tippen im oberen Drittel können noch mehr Details bis auf die Stunde genau abgerufen werden. Dazu zählen die gefühlte Temperatur, Windstärke und –richtung, UV Index, Luftfeuchtigkeit und -druck sowie der Taupunkt.
Präferiert man Tagesprognosen, können diese ebenfalls in einem Streifen am Rand des Bildschirmes abgerufen werden. Seine Daten holt sich Carrot Weather von Weather Underground. Das auf die Sammlung von Wetterdaten spezialisierte Unternehmen nutzt zur Auswertung sowohl professionelle, als auch private Wetterstation wie etwa von Netatmo. In Sachen Genauigkeit sind die Prognosen etwas besser als das berühmt berüchtigte iPhone-Wetter. Mit lokalen Wetterberichten kann aber nicht immer mitgehalten werden.
Die Persönlichkeit (also das Maß der Beleidigungen) lässt sich anpassen
Das interessanteste an Carrot Weather sind aber wohl gar nicht die Wetter-Daten und deren Genauigkeit, sondern die Persönlichkeit der App. Fünf unterschiedliche Stufen stehen für die Nutzer bereit, die in den Einstellungen selbst ausgewählt werden können. Die Anwendung ist sowohl mit professionellem Vokabular als auch mit derben Sprüchen ausgestattet. Nicht umsonst nennt sich Stufe vier „Homocidal“(mörderisch) und Stufe fünf „Overkill“ (zu viel des Guten). Bei jedem App-Start begrüßt uns Carrot Weather mit einem neuen Spruch. Diese werden immer auch in der Wetterübersicht angezeigt. Bei aktivierter Lautstärke wird zur Audio-Ausgabe auch noch die etwas schwache Low-Quality-Stimme von Siri genutzt, die auf der Sprachausgabe aus Prä-Siri Zeiten basiert. Wer die Extra-Portion Beleidigung sucht, tippt mehrmals auf das Okular des virtuellen Assistenten, um verbal abgewatscht zu werden.
Zu den Sprüchen zählen unter anderem:
- „Look on the bright side, meatbag. The nukes will get you long before the rising sea levels“
- „Nothing makes me happier than reporting bad weather“
- „The weather outside is weather“
- „It’s partly fucking cloudy“
- „That cloud looks like you getting your limbs torn off by my patent-pending torture device“
- „Meterolology has an awful lot in common with Scientology“
Ebenfalls in dieser Version neu dazu gekommen ist eine Art Premium-Abonnement. Um 0,49 Cent im Monat oder 2,49 Euro im Jahr können unter anderem ein zweiter Wetterdienst und mehr Kartenschichten eingebunden werden. Außerdem bringt der Service ausführlichere Stunden-Daten und ein flexibles App-Design. Ob bei dem recht hoch angesetzten Grundpreis auch noch ein Abonnement notwendig ist, ist dabei zumindest zu hinterfragen.
Fazit
Unter den vielen Wetter-Apps in den digitalen Stores dieser Welt ist Carrot Weather eine willkommene Abwechslung. Die frechen Sprüche sind teils sehr unterhaltsam, der Umfang dabei beträchtlich. Mit den von Weather Underground angelieferten Daten schlägt sich die App auch in ihrem Kerngeschäft sehr gut. Etwas schade ist, dass die Anwendung ausschließlich Englisch spricht.
Carrot Weather ist für iOS und tvOS um 4,49 Euro sowie für macOS um 12,99 Euro verfügbar.
Dieser Artikel erschien zuerst auf futurezone.at