Der Lehrer Bernhard Wallisch ist in seiner Freizeit ein begeisterter Keyboard-Spieler. Als solcher ist er gegenüber gitarrespielenden Kollegen manchmal im Nachteil, weil er sein Instrument nicht ohne weiteres überallhin mitnehmen kann, um spontan zu musizieren. „Mir gefiel die Idee eines Lagerfeuer-Keyboards, außerdem wollte ich auch den typischen E-Gitarren-Sound für mich als Keyboarder zugänglich machen“, sagt Wallisch auf der gerade stattfindenden Maker Faire Vienna zu futurezone, während er die ersten Akkorde von Eddie Van Halens Klassiker Jump auf seiner RasKeyTar anstimmt. Diese futuristisch anmutende Kombination aus selbstgebautem Gitarrenkorpus, Computertastatur, Raspberry Pi und Touchscreen ist das Ergebnis seiner Bestrebungen, Keyboardern neue Möglichkeiten zu eröffnen.
Vor einem Jahr hat Wallisch begonnen, an der RasKeyTar zu arbeiten. Später haben auch seine Schüler mitgeholfen, das System zu verbessern. Der erste Prototyp nutzt einen selbstgebauten Korpus, in dem eine Powerbank zur Versorgung des Raspberry Pi und ein Bohrmaschinenakku für die höhere Leistungsanforderung des Verstärkers verborgen sind. Der Raspberry ist das Herz des Instruments und fungiert als MIDI-Controller. Dadurch kann die RasKeyTar auf Wunsch nicht nur wie eine E-Gitarre klingen, sondern auch wie eine Kirchenorgel oder andere Instrumente. Die Eingabe funktioniert über eine Tastatur, die in den Gitarrenkorpus integriert ist. Vier Tastenreihen der Tastatur sind mit Tönen belegt, die in Tonleiterschritten ansteigend sortiert sind.
Variabel und stilvoll
Welche Tonleiter das ist, kann mit einem Tastatur-Ziffernblock, der am Hals der RasKeyTar angebracht ist und mit der linken Hand bedient wird, bestimmt werden. Dieses Arrangement erlaubt es, den Tonumfang anzupassen und verschiedene Akkorde mit denselben Tasten auf der Haupttastatur zu spielen. „Das System haben wir entwickelt und zum Patent angemeldet, der Antrag läuft gerade“, sagt Wallisch. Die Kosten für die Komponenten des Prototyps belaufen sich auf rund 200 Euro. Derzeit arbeitet Wallisch mit seinen Schülern an einer weiterentwickelten Version der RasKeyTar, bei der die Computertastaturen durch größere, einfacher zu bedienende Tasten aus dem 3D-Drucker ersetzt werden.
Zudem ist die Version 2.0 kompatibel mit dem modularen Gitarrensystem von Pons Guitars aus Barcelona. Es kommt ein professioneller Gitarrenkorpus zum Einsatz, dessen Kernstück austauschbar ist. So kann derselbe Korpus mit einem traditionellen E-Gitarrenmodul oder mit dem RasKeyTar-Kernmodul genutzt werden. Derzeit sucht Wallisch nach einem Partner, der die Produktion der RasKeyTar übernehmen könnte. „Das Projekt verlässt die Schule. Wir hoffen, das Instrument in Zukunft für etwa 400 Euro über einen Webshop vertreiben zu können“, sagt Wallisch. Die RasKeyTar könnte sich dann als Nachfolger der in den 80er-Jahren populär gewordenen Keytar etablieren. „Die großen Hersteller haben sich aus diesem Bereich zurückgezogen. Unsere RasKeyTar ist sozusagen ein zeitgemäßes Update und funktioniert nicht nur am Lagerfeuer, sondern auch auf der Bühne“, sagt Wallisch.