Allan Daly ist der meistgehasste Mann in Athenry. Nicht nur die Mehrheit der 4.900 Einwohner der irischen Kleinstadt ist nicht gut auf ihn zu sprechen – mit Apple hat er auch das wertvollste Unternehmen der Welt gegen sich.
Der Grund des Streits ist ein Datencenter, das Apple in der Nähe von Athenry errichten will. Es wäre das zweite Datencenter von Apple in Europa. Das erste steht in Dänemark. Der Bau davon wurde zeitgleich mit dem in Irland angekündigt, schon Ende des Jahres soll es den Betrieb aufnehmen. Dass in Athenry noch nicht mal der Grundstein gelegt wurde, ist Dalys Schuld.
So sehen das zumindest die Einwohner der Kleinstadt. Im November haben 2.200 Personen auf der Straße demonstriert, um ihre Unterstützung für Apple zu zeigen. In einer Facebook-Gruppe wurden Drohungen gegen Daly ausgesprochen, wie Vice in einer ausführlichen Reportage berichtet. Einige Bewohner legen Daly nahe, möglichst schnell die Stadt zu verlassen, falls er den Rechtsstreit gewinnen sollte und Apple das Datencenter woanders baut.
Strom wie für eine Million Iren
Dabei hat Daly gute Argumente gegen das Datencenter. Wenn die Anlage fertig ist, benötigt sie 240 Megawatt Leistung, was 6,75 Prozent des gesamten irischen Energieverbrauchs entspricht. In Haushalte umgerechnet, könnten damit eine Million Iren mit Strom versorgt werden. Damit das irische Stromnetz damit fertig wird, müsse es ausgebaut werden. Dies könne in den nächsten Jahren mehrere Milliarden Euro kosten.
Demgegenüber stehen 850 Millionen Euro, die Apple für die Errichtung des Datencenters investiert. Der Großteil des Ausbau des Stromnetzes würden also die Bürger mit ihren Steuern übernehmen und nicht Apple – schließlich ist Irland berüchtigt für seine niedrigen Steuersätze für Unternehmen.
Immerhin hätte die Region rund um Athenry einen neuen Arbeitgeber. Allerdings sollen in Apples Datencenter nur 150 Mitarbeiter beschäftigt werden, großteils Fachkräfte, die wohl nicht aus der irischen Kleinstadt rekrutiert werden.
Apple verbrauche, ohne zu produzieren
Apple will das Datencenter nur mit erneuerbarer Energie betreiben. Allerdings wird hierfür nicht in Windparks oder Solarzellen investiert, sondern ein Vertrag mit Vayu abgeschlossen, die wiederrum Verträge mit Herstellern von erneuerbarer Energie hat.
Laut Daly verbraucht Apple so die erneuerbare Energie, die Irland derzeit hat, anstatt durch die Errichtung von Infrastruktur selbst Energie für das Datencenter herzustellen beziehungsweise diese ins irische Netz einzuspeisen. Obwohl die zuständige Behörde bereits bei der Einreichung von Apples Plänen bestätigt hat, dass nicht ersichtlich sei, wie das Datencenter zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energie betrieben werden kann, musste Apple dies nicht nachweisen.
In Dänemark bekam Apple etwa die Auflage, ein Fernwärmesystem zu installieren. Mit der Abwärme der Server werden Häuser in der Nähe beheizt. Zudem wird Strom für das Datencenter durch Abfallprodukte der Bauernhöfe in der Umgebung erzeugt. In Irland wurde so etwas nicht von Apple verlangt.
Sorgen über Sorgen um das Stromnetz
Daly ist US-Amerikaner, der erst vor einigen Jahren nach Athenry gezogen ist. Das macht die Sache für die Bewohner der Stadt noch unverständlicher: Wieso mischt sich ein Amerikaner in ihre Angelegenheiten ein, der erst ein paar Jahre dort ist?
Sie verdächtigen ihn, ein Strohmann für einen Konkurrenten von Apple zu sein. Daly, der als Umwelttechniker vom Fach ist, versucht ihnen klar zu machen, dass er so handelt, weil er sich Sorgen macht. Sorgen, dass Apples Datencenter das irische Stromnetz überlasten könne, dass Apple keinerlei Auflagen erfüllen muss, um die Treibhausgase zu kompensieren, die durch das Datencenter entstehen und das der gewählte Standort ungeeignet sei.
Dass zu Dalys wenigen Unterstützern Brian McDonagh gehört, heizt die Verschwörungstheorien zusätzlich an. Dieser hat vor mehreren Jahren um 22 Millionen Euro Land gekauft, auf dem er das weltweit größte Datencenter errichten wollte.
Im März trug Daly den Fall vor dem Höchstgericht vor. Eine Entscheidung darüber, ob Apple das Datencenter bauen darf oder die Pläne neu einreichen muss, könnte noch diesen Monat fallen. Gerüchten zufolge überlegt Apple bereits das Datencenter in einem anderen Land zu bauen. Wie das Datencenter die Lage für Athenry verbessern soll, konnten die Bewohner im Gespräch mit dem Vice-Reporter nicht sagen.