Der Begriff des Influencer ist in aller Munde. Gemeint sind damit Menschen, die durch ihre Social-Media-Präsenz so viel Aufmerksamkeit generieren können, dass mitunter große Marken an sie herantreten, um mit ihnen zu kooperieren. Die Blogger, Instagrammer oder Snapchatter werden zu einflussreichen Werbefiguren und auch über die sozialen Netzwerke hinaus bekannt. Riccardo Simonetti, 23, spricht mit uns über seine Anfänge, was ihn inspiriert und wieso er findet, das Paris Hilton mit einer Sache ganz richtig lag.
futurezone: Was waren deine ersten Schritte im Bereich Social Media oder Blogging und wann hast du dich entschieden: „Ich mache da jetzt mehr draus“?
Riccardo Simonetti: Ich wollte immer vor der Kamera stehen und habe 15 Jahre lang Theater gespielt. Als Teenager habe ich angefangen eine Radiosendung zu moderieren und als diese auslief, gründete ich meinem Blog. Den habe ich zunächst nur auf Facebook promotet. Instagram habe ich nur zur Bildbearbeitung verwendet – erst als Menschen mir schrieben, dass sie mich von Instagram kennen, begriff ich, dass das eine Form von Social Media war. Dass man damit eine Karriere haben könnte, war damals niemandem klar – aber es war auch nie mein Ziel „Superblogger“ zu sein. Ich wollte ein Star sein und mit meinen Blogposts Menschen zum Nachdenken anregen. Dennoch bin ich unendlich dankbar, wie sich alles entwickelt hat. Das Feedback der Leute zu meinen Mobbing-Geschichten hat mich letztendlich dazu inspiriert immer weiter zu machen, weil man gesehen hat, dass man auch irgendwie gebraucht wurde.
Du hast mittlerweile rund 102.000 Follower auf Instagram, rund 13.000 „Likes“ auf Facebook, bist auf Snapchat sehr erfolgreich, schreibst deinen Blog. Wie viele Stunden pro Tag investierst du in all deine Kanäle?
Man fragt sich manchmal schon, was zuerst da war – das Leben oder Instagram. Ich lebe für den Content und verbringe den ganzen Tag damit, ihn zu produzieren oder zu planen. Wenn ich also mal nicht am Handy bin, denke ich darüber nach am Handy zu sein. Aber auf der anderen Seite – jemand der in einer Bank arbeitet, verbringt auch neun Stunden am Tag dort. Wer viel bekommt, der muss auch viel tun.
Wie sieht es aus mit Twitter, dort scheinst du nicht mehr sehr aktiv zu sein? Macht Twitter in Deutschland keinen Sinn?
Ich glaube, wer sehr viel auf Twitter aktiv ist, kann sich eine gute Reichweite aufbauen. Ich allerdings, kann mich einfach nicht gut kurzfassen und brauche mehr Text um meine Botschaften mit den Menschen zu teilen.
Deine Familie und deine Freunde, haben die Verständnis für das, was du machst?
Mittlerweile ist es allen bewusst, dass mein Leben von meinem Traum dominiert wird und zeigen Verständnis dafür. Gerade weil das Feedback und das Medienecho so gewaltig groß und gut ist, wollen die Leute natürlich auch, dass ich mich weiterhin dahinter klemme. Das war aber nicht immer so. Ich musste meinen Eltern erst beweisen, dass ich nicht nur ein Träumer bin, sondern dass mich Menschen für Eigenschaften schätzen werden, für die ich vom Rest der Gesellschaft auf der Straße angefeindet worden bin. Genau weil meine Eltern das verstanden haben, wissen Sie, wieviel mir all das bedeutet und verstehen, dass das an erster Stelle stehen muss. Trotzdem geht man jeden Tag auch mit dem Gefühl ins Bett, Menschen zu enttäuschen. Man hat das Gefühl, dass man zwar 10.000 Menschen am Tag trifft, aber kein einziges richtiges Gespräch zustande kommt, weil man immer gleich weiter muss.
Inwieweit bist du bereit, dein Privatleben, also Beziehungen insbesondere, mit deinen Followern zu teilen? Wo ziehst du hier die Grenze?
Mein Leben ist ein offenes Buch, allerdings sollen die Menschen auch einen Mehrwert von meinem Content haben. Ich versuche daher alles so positiv wie möglich zu halten. Paris Hilton hat einmal gesagt, es sei die Aufgabe von Stars, ein Fantasieleben zu führen, um Menschen von ihren Problemen abzulenken. Das sehe ich auch so. Wenn ich über jedes Problem auf Snapchat sprechen würde, wären die Leute irgendwann deprimiert. Ich will aber, dass sie für eine kurze Zeit ihre Sorgen und Probleme vergessen können. Was Beziehungen angeht, kann ich noch nicht viel sagen, da ich noch nie eine hatte – aber ich glaube das kommt ganz darauf an, mit wem man dann zusammenkommt.
In einem Porträt über dich habe ich gelesen, dass du in deiner Kindheit und Jugend heftig gemobbt worden bist. Inwieweit hat dich das geprägt? Wie gehst du heute mit Mobbing um? Gerade im Social Media-Bereich kann einem ja mitunter sehr viel Hass entgegenschlagen.
Ich glaube in einer kleinen Stadt aufzuwachsen hat mir immer das Gefühl gegeben, wie es sich anfühlen muss, berühmt zu sein und wenn alle über dich urteilen. Das war sicherlich der Ort, an dem mein Traum geboren wurde, aber ich bin immer sehr selbstbewusst mit Anfeindungen umgegangen und nutze dieses Selbstbewusstsein auch heute um über Themen zu sprechen, die sich vielleicht nicht so schön anfühlen. Ich finde es aber wichtig, sie anzusprechen – für die Menschen, die kein so großes Selbstbewusstsein haben. Ist das nicht die wahre Aufgabe von Stars? Ich meine, das machen Sterne doch – am Himmel stehen und durch ihr Leuchten anderen Menschen den Weg weisen.
Nach welchen Kriterien entscheidest du, welche Kooperationen du mit welchen Firmen eingehst? Gibt es Produkte oder Firmen mit denen du niemals zusammenarbeiten würdest?
Ich wähle nur Dinge aus, die zu mir passen. Ich achte total darauf, dass ich niemandem etwas empfehle, was ich selbst doof finde. Ich selber trinke zum Beispiel keinen Alkohol, habe ich noch nie, daher werbe ich auch nicht dafür.
Zum Abschluss: kannst du unseren Lesern vielleicht ein paar Tipps mit auf den Weg geben, wenn sie ihre eigenen Accounts ein wenig „pimpen“ wollen? Hast du einige Best-Practice-Hinweise oder Dos & Don’ts?
Ich glaube, dass man sich das ein bisschen wie Fernsehen vorstellen muss! Schaltetest du ProSieben ein und es läuft kein Programm, dann schaltest du nie wieder ein. Also musst du immer dafür sorgen, dass genügend Inhalt da ist. Ansonsten empfehle ich den Menschen immer sich selbst auszuleben und nicht alles nur so zu posten. Das haben die Leute satt. Sei authentisch und du selber und die Leute spüren das.
Nächste Woche auf futurezone: Ein Gespräch mit der österreichischen Reise- und Modebloggerin chicchoolee.
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