Am 6. November werden Sparkassen-Kunden zum Paydirekt-Kunden. Der Bezahldienst der deutschen Banken jubelt ihnen nämlich sein Nutzerkonto unter.
„Zwangsregistrierung“ bei Paydirekt
Verantwortlich dafür ist eine nachträgliche Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von Girokontoverträgen der Sparkasse. Millionen Kunden wurden über ihr Online-Postfach dazu angeschrieben. Dem Magazin t3n liegt nach eigenen Angaben ein Schreiben vor, in dem es heißt: „Wir bieten Ihnen hiermit als Änderung Ihres Girokontovertrags die Nutzung von Paydirekt ab 06.11.2017 an.“
Es handelt sich jedoch keineswegs um ein optionales Angebot, sondern um eine automatische Einrichtung des Paydirekt-Nutzerkontos, wie ein weiterer Hinweis in dem Schreiben zeigt: „Ihre Zustimmung zum Änderungsangebot gilt gemäß § 675g Abs.2 Satz 1 BGB iV.m Nr.2 Abs.2 unserer AGB als erteilt, wenn sie nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung (06.11.2017) Ihre Ablehnung angezeigt haben.“ Wer also nicht bis zum 6. November die Änderung widerruft, wird automatisch Paydirekt-Kunde.
Rechtliche Grundlage
Die Sparkasse selbst beruft sich auf einen Paragraphen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), der unter anderem Rahmenverträge für Girokonten regelt: Laut § 675g Abs.2 Satz 1 BGB können ein Zahlungsdienstleister – in diesem Fall die Sparkasse – und ein Zahlungsdienstnutzer – der Sparkassen-Kunde – „vereinbaren“, Änderungen am Vertrag als automatisch erteilt gelten zu lassen, wenn Letzterer nicht vorher widersprochen hat.
Sparkassen-Nutzer können also entweder die Änderung widerrufen. Sie sind aber dem BGB nach auch berechtigt, ihren Vertrag vor dem Ablaufen der vorgegebenen Frist, also dem 6. November, fristlos zu kündigen.
Was passiert mit den Daten?
„Vorliegende Stammdaten“, wie es in dem Schreiben weiter heißt, werden außerdem bei der „Zwangsregistrierung“ direkt an Paydirekt übertragen. Einem Bericht der Lebensmittelzeitung nach ruft genau dieses Vorgehen nun Datenschützer auf den Plan: Die Frage ist, ob die sogenannte „Komfortregistrierung“ gegen das Bundesdatenschutzgesetz verstößt. heise gegenüber bestätigte ein Sprecher des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands, dass bereits eine Anfrage des hessischen Landesdatenschutzbeauftragten eingegangen sei.
Wettbewerb mit Marktführer PayPal
Paydirekt war 2014 gegründet worden, war aber erst im August 2015 in die Pilotphase gestartet. 40 Banken, darunter Genossenschafts- und private Banken sowie,wenn auch deutlich später, ausgewählte Sparkassen schlossen sich zu dem Gemeinschaftsprojekt zusammen. Paydirekt gilt allgemein als deutsche Antwort auf den weltweit führenden Online-Bezahldienst PayPal aus den USA, der nach eigenen Angaben allein in Deutschland über 18,9 Millionen aktive Nutzer, 15 Millionen Händler weltweit akzeptieren die Zahlungsweise.
Im Gegensatz zu PayPal wickelt Paydirekt den Zahlungsablauf zwischen Bank und Händler ohne Zwischenstation ab. Die Händler schließen die Verträge deshalb mit den Kreditinstituten direkt. Rund 1,3 Millionen registrierte Nutzer zählt Paydirekt nach eigenen Angaben, etwa 1.400 Händler nehmen Zahlungen über Paydirekt an. Allerdings gehören nur wenige Prozent davon zu den größten Internetshops. Heise zufolge gibt Paydirekt auch keine Angaben dazu, wie stark der Dienst von Kunden tatsächlich genutzt wird. Auch Studien deuten darauf hin, Paydirekt bisher keine große Rolle auf dem deutschen Bezahlmarkt spielt.
Verzweifelter Versuch der Sparkassen
Vermutlich haben aber viele Verbraucher in Deutschland Konten bei verschiedenen Banken, die sie aber nicht alle für Paydirekt zugänglich machen würden, wiederum viele davon haben wahrscheinlich bereits ein PayPal-Konto. Für den deutschen Konkurrenten dürfte es deshalb schwierig gewesen sein, mehr Nutzer zu gewinnen.
Die AGB-Änderung der Sparkasse soll nun dazu dienen, die Anzahl der Paydirekt-User zu steigern. Nötig ist dies vor allem, damit sich auch deutlich mehr Online-Shops davon überzeugen lassen, Paydirekt als Bezahlmöglichkeit anzubieten. Das Problem: Um neue Kunden zu gewinnen, muss das Angebot an Händlern größer werden. Händler wiederum, sind meist erst überzeugt von einer Methode, wenn ausreichend Kunden dieses Angebot nachfragen. Experten schätzen den Erfolg aus diesem Grund eher gering ein.
Sparkassen-Geldspritze soll Paydirekt nach vorn bringen
Um Paydirekt gegen die Konkurrenz PayPal zu stärken, sollen 300 Millionen Euro investiert werden: „“Wenn wir mit Paydirekt zu einem Schwergewicht wie Paypal aufschließen wollen, müssen wir richtig Geld in die Hand nehmen. Mit ein paar Millionen ist es da nicht getan“, so ein Sparkassen-Manager gegenüber der Süddeutschen Zeitung.