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Fintech: Deutsche konservativ in Sachen Geldanlage

Junge Finanzfirmen bieten online Alternativen zu herkömmlichen Investitionsmodellen. Sie wollen das Sparen günstiger, bequemer und rentabler machen. Die deutschen Konsumenten nehmen die Angebote nur zögerlich an.

Die Deutschen sind im Finanzbereich Digitalisierungsmuffel. Foto: dpa

Hotels online buchen, einkaufen bei Amazon, chatten per WhatsApp: Die Deutschen nutzen das Internet in vielen Lebensbereichen, doch bei der Geldanlage trauen sie Angeboten im Netz nicht recht. Nur knapp die Hälfte der Deutsche wickelt ihre Bankgeschäfte online ab, zeigt eine Studie der Beratungsgesellschaft EY. Und auf dem Smartphone macht nur jeder Fünfte Online-Banking. Die Deutschen, ein Volk der Sparer – und Digitalisierungsmuffel?

„Beim Geld hört unser Vertrauen in die digitale Technik auf“, sagt Joachim Spill, Partner bei EY. Hingegen hinterlegten viele sorglos ihre Daten bei Facebook oder zum Shopping im Internet. „Offenbar vertrauen viele Nutzer dem Online-Händler mehr als ihrer Hausbank.“ Auch beim Bargeld sind die Deutschen konservativ. Während in den USA oder Skandinavien Kreditkarten oder kontaktloses Zahlen per Smartphone üblich sind, hängt man in Deutschland an Scheinen und Münzen.

Digital-Phobie

Die Digital-Phobie ist ein Dämpfer für junge Finanzfirmen (sogenannten Fintechs), die etwa mit einer automatisierten Geldanlage im Netz werben. Dabei beantworten Anleger zunächst Fragen zu Alter, Risikoneigung, Anlagezeitraum und -summe. Je nach Antwort erhalten sie Vorschläge für ein Portfolio: Je höher die erwünschte Rendite und die maximale Verlusttoleranz, desto größer der Aktienanteil. Bei vorsichtigen Sparern überwiegen Anleihen.

Investiert wird per börsengehandelten Indexfonds (ETF), die Geld günstig und breit gestreut anlegen. Langfristig versprechen solche „Robo Advisor“ vier bis sechs Prozent Rendite jährlich bei Gebühren von unter einem Prozent. Die Angebote ermöglichen eine globale Geldanlage ohne großen Aufwand, während Sparer sonst ihr Geld oft unverzinst auf dem Girokonto liegen lassen oder auf zu wenige Positionen setzen. Indes weisen Verbraucherschützer darauf hin, dass die „Robo Advisor“ noch keinen Härtetest an der Börse erlebt hätten.

Firmen wie Vaamo, Easyfolio, Ginmon oder Liqid sehen sich daher als Alternative zur Bankberatung und versprechen nichts weniger als die „Revolution der Geldanlage“. Auch immer mehr Banken springen auf den Trend auf: So bietet die Deutsche Bank zwei Anlage-Roboter und die Commerzbank-Tochter Comdirect hat neue Varianten gestartet.

Roboter verwalten 800 Millionen Euro

Doch bisher stoßen die Anbieter in Deutschland auf wenig Begeisterung. Während in den USA die größten „Robo Advisor“ je mehrere Milliarden verwalten, steuern alle deutschen Anbieter zusammen 800 Mio. Euro, wie neue Zahlen der Beratungsgesellschaft Oliver Wyman zeigen.

„Der Markt für automatisierte Geldanlage ist riesig“, sagt Sabine Schoon, Bereichsleiterin bei Comdirect. „Aber Kunden geben ungern ihr Vermögen an unbekannte Start-ups.“ Auch die Vorstellung, Geld automatisch verwalten zu lassen, schrecke manche ab.

Comdirect versucht es mit einer Kombination aus Mensch und Roboter. Kunden können entscheiden, ob die Bank Tipps für die Geldanlage gibt, das Vermögen eigenständig steuert oder Anlegern die Entscheidung über Änderungen überlässt. „Das unterstützende Angebot, bei denen der Kunde letztlich entscheidet, kommt derzeit am besten an“, so Schoon.

Neue Ansätze für Altbekanntes

Weniger Hemmungen haben die Deutschen bei neuen Ansätzen für Altbekanntes: Sparen per Festzins. So hat das Hamburger Fintech Deposit Solutions mit dem Portal Zinspilot schon 2 Mrd. Euro Kundengelder vermittelt. Es bietet Sparern an, über ihre Hausbank auf die Angebote fremder Geldhäuser zuzugreifen. Anleger können so vergleichen, wo die höchsten Zinsen für Tages- und Festgeld locken – etwa bei Banken aus Rumänien oder Lettland. Geschützt sind alle von der EU-weiten Einlagensicherung von 100.000 Euro je Sparer und Bank.

„Viele unserer 60.000 Kunden legen hohe fünfstellige Beträge an“, sagt Firmengründer Tim Sievers. „Manche verteilen so hohe Vermögen von über 100.000 Euro auf mehrere Banken.“ Institute, die das Angebot ihren Kunden zur Verfügung stellen, riskieren zwar, dass Klienten ihr Geld woanders anlegen – aber eben nicht deren komplettes Abwandern. „Die Kundenbeziehung bleibt erhalten“, sagt Sievers. Die Anlagebank bekommt nur die Spareinlage, kann Kunden aber keine anderen Produkte wie Wertpapiere verkaufen. Jüngst übernahm Deposit Solutions den Konkurrenten Savedo samt 18.000 Kunden und macht sich so breit.

Comdirect will nun skeptische Kunden quasi nebenbei an den Wertpapierhandel heranführen. Sie bietet Sparern an, beim Online-Shopping Rabatte zu sammeln und Mini-Beträge in ETFs zu investieren. „Die Angebote führen dazu, dass Kunden sich oft zum ersten Mal mit Wertpapieranlage beschäftigen und anschließend öfter in ihr Depot schauen“, sagt Managerin Schoon. Auch das zeigt: Für die Revolution der Geldanlage sind die Deutschen noch nicht bereit – sie wollen erst mal nur spielen.

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