Die nächste Runde im Kampf um die Wohnzimmer der Welt ist eingeläutet: Längst haben sich etliche Hersteller – darunter Apple, Google und Amazon – mit smarten Lautsprechern und weiteren vernetzten Geräten auf den Markt gewagt. Auch vielen Verbrauchern ist klar, dass vernetzte Thermostate, schlaue Glühbirnen und sprechende Assistenten unsere künftigen Wohnungen erobern werden. Smart Home nennen das die Experten – schon heute ein rasant wachsendes Geschäftsfeld.
Die Zeit des Probierens ist damit vorbei. Jetzt geht es bei den Herstellern darum, sich ein möglichst großes Stück vom Kuchen zu sichern. Als ein solcher Schritt darf Amazons jüngste Produktvorstellung verstanden werden, bei der das Unternehmen jetzt gleich mehrere neue Geräte für seine digitale Assistentin Alexa präsentierte.
Echo soll kein Fremdkörper sein
Die erste erfreuliche Neuigkeit dabei ist: Der smarte Lautsprecher Echo wurde deutlich verändert und im Preis fast halbiert. Statt der 179 Euro für das Ursprungsgerät kostet das neue Produkt dauerhaft nur noch 99 Euro – und damit erheblich weniger als der Konkurrent Google Home (149 Euro). Das Gerät selbst ist deutlich geschrumpft und hat gut ein Drittel seiner Höhe eingebüßt. Zudem kommt Echo nun in Stoff gewandet daher. Für zehn Euro mehr gibt es auch Modelle in Holz- oder Metalloptik.
Die Botschaft ist klar – Echo soll kein Fremdkörper im Wohnzimmer sein, sondern natürlicher Teil der Einrichtung. Die Änderungen sind aber nicht nur kosmetischer Natur: Die Mikrofone zur Spracherkennung sollen weiter verbessert worden sein, ein separater Hochtöner sowie ein Basslautsprecher sollen überdies im Zusammenspiel mit Dolby-Software für erheblich besseren Klang sorgen. Außerdem können nun mehrere Echo-Boxen zu einem Multiroom-Sound-System zusammengeschlossen werden, mit dem sich Musik zentral für die ganze Wohnung steuern lässt – ein Angriff auf Boxenhersteller Sonos und Co.
Echo Plus mit Smart Home Hub
Doch Amazon hat offenbar noch größere Ambitionen. Dafür spricht die zweite Neuheit – der Echo Plus (149 Euro). Dieser Lautsprecher ähnelt dem Ur-Echo, hat neben den bereits genannten Neuerungen aber noch einen sogenannten Smart Home Hub integriert. Der erlaubt, dass Echo Plus viele Smarthome Geräte direkt steuern kann, ohne den bislang nötigen Umweg über verschiedene Basisstationen zu gehen.
Möglich macht das ein ZigBee-Modul – ein Funkstandard, der herstellerübergreifend etwa von den meisten smarten Leuchten wie Philips Hue oder Osram Lightify genutzt wird. Auch zahlreiche Thermostate, Türschlösser, schaltbare Steckdosen oder Fenstersensoren setzen auf die Funktechnik.
Echo Connect soll Festnetztelefon ersetzen
Der Gedanke ist durchaus verlockend: Statt im Laufe der Zeit immer mehr Basisstationen und Kontrollapps für verschiedene smarte Geräte anzuhäufen, würden Nutzer diese nur noch über Echo einrichten und steuern. Ein Komfortgewinn für den Kunden und eine erhebliche Aufwertung von Amazons Stellung in den Wohnzimmern der Welt – vom bloßen Smart-Home-Sprachrohr hin zur echten Smart-Home-Zentrale.
In diesem Zuge plant Amazon übrigens auch, einen Dinosaurier des Zuhauses abzuschaffen: das Festnetztelefon. Dazu bringt das US-Unternehmen Anfang 2018 Echo Connect (Preis noch unbekannt) auf den deutschen Markt. Das kleine Kästchen lässt sich mit der klassischen Telefonleitung verbinden und macht anschließend jeden Echo im Haushalt zum Freisprechtelefon.
Echo Show schließt Smart Home-Lücke von Amazon
Die jeweiligen Telefonnummern sucht das Gerät selbstständig aus der Kontaktliste heraus. Die angerufene Person bekommt an ihrem Telefon ganz normal die eigene Festnetznummer angezeigt und kann auf diese auch zurückrufen. Bei eingehenden Telefonaten von bekannten Rufnummern sagt Alexa dann den Namen des Anrufers.
Ab Mitte November auch in Deutschland erhältlich ist zudem Echo Show (220 Euro). Das Gerät bietet dieselbe Funktionalität wie die klassische Echo-Box, verfügt darüber hinaus aber über ein Display. Damit lassen sich einerseits zusätzliche Informationen einblenden – in der Küche etwa ein Kochrezept –, andererseits kann es auch für Videotelefonate genutzt werden. Die Gegenseite muss lediglich ein Smartphone oder Tablet mit Amazon-App haben – oder natürlich einen weiteren Echo Show.
Gleichzeitig schließt Echo Show eine bisherige Lücke in Amazons Smart Home-Portfolio. Denn neben Thermostaten und Lampen sind vernetzte Kameras – ganz gleich ob für die Haustür, als Babyphone oder zum Überwachen des Gartens – die derzeit erfolgreichsten Smart Home-Geräte. Echo Show wird schon zum Verkaufsstart mit zahlreichen Modellen kompatibel sein.
Google und Apple einen Schritt voraus
Die neue Produktoffensive markiert einen Vormachtsanspruch von Amazon auf das vernetzte Zuhause. Und tatsächlich: Mit seinem Smart Home Hub ist das Unternehmen der Konkurrenz von Google und Apple einen Schritt voraus. Für den Nutzer ist diese Entwicklung einerseits erfreulich, denn damit könnte erfüllt werden, was er sich Umfragen zufolge wünscht, eine einfache Bedienbarkeit. Gleichzeitig bleibt fraglich, ob er künftig wirklich die Kontrolle über sein Zuhause in die Hände des Versandriesen legen will.