Jeder Deutsche hinterlässt mit seinem Tod etwa zwölf Online-Accounts – Tendenz steigend. Was mit diesen geschehen soll, entscheidet im Zweifel der digitale Nachlass. Wer seinen Hinterbliebenen also keine Scherereien machen will oder selbst als Erbe agieren muss, sollte auch online richtig vorsorgen. Wir erklären, was ihr tun solltet.
Warum ist digitaler Nachlass überhaupt wichtig?
Wenn wir sterben, hinterlassen wir nicht nur das Übliche: ein Haus oder eine Wohnung, Kapital auf Bankkonten, Versicherungssummen sowie persönliche Gegenstände. Immateriell ist vor allem das, was heutzutage zuhauf über uns im Netz bekannt ist. Dazu zählen nicht nur unsere Profile in den sozialen Medien, sondern auch auf Accounts bei Onlineportalen wie Facebook, Tinder und so weiter oder bei Streaming-Diensten wie Netflix und Amazon Prime.
Das Problem? Nicht immer gelingt es potenziellen Erben, sämtliche Konten des oder der Verstorbenen aufzuspüren und zu verwalten. Dabei wäre das wichtig: Zum Beispiel dann, wenn euch kurz nach dem Tod eines Verwandten eine Rechnung über ein Online-Abonnement erreicht, von dem ihr keine Ahnung hattet. Dann steht ihr vor der Frage, ob ihr die bestehenden Vereinbarungen weiterführen müsst oder das Kündigungsrecht in Anspruch nehmen könnt.
Oder stellt euch eine Flut von Beileidsbekundungen auf dem Facebook-Konto eines Verschiedenen vor. Diese kann vielleicht bei der Trauerbewältigung helfen. Wer das jedoch nicht will, wird Schwierigkeiten haben, ohne Kenntnis über das Passwort das Konto zu schließen oder Änderungen daran vorzunehmen – und sei es auch nur einen Nachruf einzustellen.
„Präzedenzfall“ Facebook-Account einer 15-Jährigen
So erging es den Eltern einer unter mysteriösen Umständen zu Tode gekommenen Teenagerin. Sie erhofften durch rechtlichen Zugang auf das Facebook-Konto ihrer Tochter erfahren zu können, ob sie Suizidgedanken hegte. Das Gesetz stand ihnen hierbei bisher im Weg, denn der Zugriff auf Online-Profile ist in Deutschland keine Selbstverständlichkeit. Mitte Juli rückte der Fall erneut in den Blick der Öffentlichkeit. Denn nach jahrelangem Rechtsstreit entschied der Bundesgerichtshof zugunsten der Eltern. Experten hoffen nun auf eine Grundsatzentscheidung zum digitalen Nachlass, der Zugriffe auf Online-Konten Verstorbener rechtlich zulässt.
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Der Problematik der Hinterbliebenen hat sich mittlerweile eine ganze Branche gewidmet. Agenturen und Selbstständige spüren die Accounts, Abonnements und Online-Verträge der Verstorbenen auf und kümmern sich um deren Fortbestand beziehungsweise Auflösung. Auch traditionelle Bestattungsunternehmen haben ihr Geschäftsfeld erweitert und wickeln den digitalen Nachlass für Kunden ab. Laut Verbraucherzentrale ist die Sicherheit dieser Anbieter allerdings schwer zu bewerten. Gute Erfahrungen haben Kunden zum Beispiel mit lastHello gemacht:
Wie plane ich meinen digitalen Nachlass richtig?
Es ist sinnvoll, früh mit der Planung des digitalen Erbes zu beginnen, vor allem die Account-Zahl steigt stetig. Die Verbraucherzentrale rät, eine Vertrauensperson – oder eine entsprechende Agentur – mit der postmortalen Online-Verwaltung zu betrauen. Eine Liste der verwendeten Accounts mitsamt der dazugehörigen Benutzernamen und Passwörter könnte dabei eine große Hilfe darstellen. Doch Achtung: Bewahrt diese sicher auf. Außerdem solltet ihr genau festlegen, was mit euren einzelnen Benutzerkonten nach eurem Tod geschieht. Eure Vertrauensperson kann nur dann richtig handeln, wenn ihr ihr eine Vollmacht ausgestellt habt, die „über den Tod hinaus“ gilt, ein Muster könnt ihr euch hier anschauen.
Tipps zum digitalen Nachlass in der Übersicht:
- Kümmert euch rechtzeitig um euren digitalen Nachlass.
- Erstellt eine Liste mit all euren Online-Accounts inklusive Benutzernamen und Passwörtern. Speichert und sichert sie gut, zum Beispiel auf einem verschlüsselten USB-Stick in einem Bankschließfach. Wichtig: Aktualisiert sie stetig, damit alle Accounts auf dem neuesten Stand sind. Und verschafft eurer Vertrauensperson die Zugangsdaten zu eurem Versteck.
- Bestimmt eine Vertrauensperson, die euer digitaler Nachlassverwalter wird. Legt für sie eine Vollmacht fest, damit sie wie von euch gewünscht handeln kann. Diese sollte handschriftlich verfasst, mit einem Datum versehen und von euch unterschrieben sein. Wichtig: Sie muss „über den Tod hinaus“ verfügt werden.
- In der Vollmacht stellt ihr detailliert auf, was mit welchem eurem Konten geschehen soll. Welche Fotos sollen bestehen bleiben, welche Daten gelöscht? Soll ein Nachruf eingestellt werden? Und so weiter.
- Bestimmt, was mit euren elektronischen Geräten passieren soll (Computer/Smartphone/Tablet/Laptop/Festplatte etc.). Das gilt auch für die darauf gespeicherten Daten.
- Beauftragt ihr eine Agentur oder einen Selbstständigen für die Verwaltung eures digitalen Nachlasses, wägt vorher Leistungsumfang und Kosten ab.
- Vertraut keinem Unternehmen eure Passwörter und elektronischen Geräte an. Die Gefahr ist zu groß, dass eure persönlichen Daten in falsche Hände geraten.
Nachlass-Kontakte einrichten bei Facebook und Google
Wer nach eurem Tod auf eure Inhalte zugreifen kann, könnt ihr im Übrigen auch auf den Plattformen selbst festlegen, jedenfalls bei Facebook und Google. Gerade bei Google kann das Prozedere sehr umfangreich sein, denn die Konten umfassen zahlreiche Funktionen, von Gmail über Fotos bis zum Google-Kalender und Videos auf der zum Konzern gehörenden Plattform YouTube. Zwei Videos der Verbraucherzentrale zeigen Schritt für Schritt, wie es geht.
Fazit: Das könnt ihr für euren digitalen Nachlass tun
Mit der Digitalisierung gewinnt das Netz in vielerlei Hinsicht an Relevanz. Daher sollte man auch im digitalen Nachlass nicht pfuschen und sich rechtzeitig auf den Ernstfall vorbereiten. Wenn ihr die Tipps, die wir in diesem Artikel für euch zusammengefasst haben, befolgt, kann jedoch nicht viel schief gehen.