Müsste man einer Person aus der Vergangenheit das gesamte Internet anhand einer einzelnen Homepage demonstrieren, so würde die Wahl mit Sicherheit auf Chatroulette fallen. Es repräsentiert die Merkmale des Netzes so gut wie keine zweite Seite. Merkwürdige Menschen, unerwartete Kunst und viel nackte Haut gibt es dort zu sehen.
Dabei sind die Anfänge des Portals so unschuldig, wie man es sich nur vorstellen kann. 2009 gründete es der Russe Andrej Ternowski in seinem Moskauer Kinderzimmer. Er finanzierte das Projekt mit seinen 1.000 Rubel Taschengeld pro Woche. Das entspricht ungefähr 25 Euro.
Vorreiter der Videotelefonie?
Mittlerweile sieht man in den Städten an jeder Ecke eine Person, die per Videotelefonie mit einem Gegenüber irgendwo auf der Welt verbunden ist. Damals war die Technik längst keine Alltagserscheinung. Skype war zwar schon einige Jahre auf dem Markt. Doch erst Apple verhalf ein Jahr später der Kommunikationsart mit seinem FaceTime zum Durchbruch.
Chatroulette schaffte es, noch vor Apple, einen Hype um den Bewegtbild-Chat zu entfachen. Chatroulette ist der Suchbegriff auf Google, der sich im Jahr 2010 am schnellsten verbreitete, gefolgt von iPad. Das Prinzip ist einfach: Per Klick wird man mit einem wildfremden Menschen verbunden. Dabei wird eine Videoleitung zwischen den Chatpartnern aufgebaut. Die One-to-One-Kommunikation ist per Webcam, Mikrofon und Tastatur möglich.
Einer Studie zufolge sitzen 13 Prozent der Nutzer nackt vor der Kamera. Wie viele Nutzer der Videochat-Dienst wirklich hat, ist unklar. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Häufig trifft man auf verkleidete Menschen. Gerüchten zufolge sollen einige User sogar echte Unterhaltungen geführt haben. Ob das stimmt, bleibt fraglich. Mir sind tiefgründige Konversationen jedenfalls nicht in Erinnerung geblieben. Meist haben ich mich gemeinsam mit meinen Freunden durch die Chatpartner geklickt und dabei kaputtgelacht.
Damals wie heute
Heute gibt es Chatroulette immer noch. Google-Statistiken lassen zwar vermuten, dass seine Beliebtheit drastisch abgenommen hat. Die Funktionsweise ist trotzdem die gleiche wie damals. Nur zwei Neuerungen hat es in den vergangenen Jahren gegeben. Eine Premium-Funktion, die gegen Geld das schnellere Überspringen der Gesprächspartner erlauben soll. Und eine Meldefunktion, mit der anstößige Nutzer verpfiffen werden können.
Die erste ist derzeit nicht aktiv, die zweite ist weitestgehend wirkungslos. Noch immer heißt es: Penis, Penis, Penis…