Das „Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken“ – kurz: Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) – ist seit dem 01. Oktober 2017 in Kraft. Nun zieht der Staatssekretär für Justiz und Verbraucherschutz, Gerd Billen, sein erstes Zwischenfazit.
Netzwerkdurchsetzungsgesetzt hat „ein wichtiges Ziel erreicht“
Er findet, im Zusammenhang mit dem Gesetz gegen Hass im Netz ist „nicht alles perfekt, aber vieles gut“. Gegenüber dem Handelsblatt erklärte Billen: „Es zeigt Wirkung“. Demnach habe es, seitdem das NetzDG in Kraft ist, eine „relativ niedrige Anzahl [an] Meldungen über nicht gelöschte Inhalte“ gegeben. Für den Staatssekretär ist dies ein Indiz dafür, dass die Anbieter der Onlineplattformen die mit der Richtlinie einhergehenden Regelungen durchaus ernstnehmen und ihnen entsprechend handeln.
Das NetzDG soll vorrangig Hate Speech auf sozialen Plattformen wie Facebook und Twitter entgegenwirken. Die sozialen Netzwerke ereilen hohe Geldstrafen, wenn sie entsprechende Nutzerbeschwerden nicht ernstnehmen. Hinzu kommt die vierteljährliche Berichtspflicht der Anbieter selbst. Sie soll die notwendige Transparenz gewährleisten.
„Damit haben wir ein wichtiges Ziel erreicht“, erläutert Billen. „Das Problem des Hasses und der strafbaren Inhalte wird endlich von den sozialen Netzwerken ernstgenommen.“ Wenngleich die Unternehmen bereits wesentlich mehr in Meldestrukturen und entsprechendes Personal zu investieren scheinen, sei bislang jedoch unklar, „ob dies schon ausreicht“.
Verband der Internetwirtschaft fürchtet „Bedrohung für die Meinungsfreiheit“
„Es kommen weniger Meldungen als erwartet, diese haben dafür aber überwiegend Substanz und bedürfen vertiefter Prüfung“, so Billen. Zuvor sei davon ausgegangen worden, dass von 25.000 erfolglosen Meldungen lediglich fünf Prozent beim Bundesamt ankämen.
Die überwiegend positive Zwischenbilanz des Staatssekretärs sieht der Verband der Internetwirtschaft Eco allerdings kritisch. So sagte beispielsweise Eco-Vorstandschef Oliver Süme dem Handelsblatt, die Plattformen löschten zwar „mehr gemeldete und nach deutschem Recht illegale Inhalte als noch vor einigen Jahren“, allerdings sei dies weniger auf das NetzDG zurückzuführen als auf „extrem verbesserte Technologien sowie ein gesteigertes Problembewusstsein bei den Unternehmen“.
Laut Süme stelle das Netzdurchsetzungsgesetz vielmehr eine „offenkundige Bedrohung für die Meinungsfreiheit im Internet dar“. Denn viele der Meldungen bezögen sich auf juristische Grenzfälle, „die einen Balanceakt zwischen Grundrechten bedeuten, der durch Gerichte und nicht durch Privatunternehmen ausgeführt werden sollte“.
Parteien kritisieren geringe Aussagekraft erhobener Daten
Vor allem FDP und Grüne scheinen mit dem Gesetz in seiner derzeitigen Ausarbeitung noch immer nicht gänzlich konform zu gehen. So erklärt der FDP-Abgeordnete Manuel Höferlin: „Die geringe Anzahl an Beschwerden könnte auch darauf hindeuten, dass sich die Nutzer selbst zensieren.“ Das Gesetz würde damit sozusagen zu einem „Overblocking in den Köpfen“ führen.
Auch der Grünen-Vize Konstantin von Notz sieht in den vorliegenden Daten keinen Beweis für einen Erfolg des NetzGD. „Vielmehr zeigen die Zahlen, dass auch die Implementierung der Meldewege bis heute stark verbesserungsfähig ist“, so von Notz. „Auch hier müsste man dringend nachjustieren und klarere Vorgaben machen.“
NetzDG spaltet seit längerem die Politik
Ähnlich wie es in diesem Jahr bereits die europäische Urheberrechtsreform tat, spaltet auch das NetzDG nach wie vor Bevölkerung und Politik. Während es von Seiten der FDP und Grünen gegen das NetzDG wettert, sieht neben Gerd Billen auch Saskia Esken (SPD) den Erfolg in den Zahlen: „Die Unternehmen haben Strukturen aufgebaut, um mit Hinweisen auf potenziell strafbare Inhalte regelmäßig und verantwortungsvoll umzugehen“.
Im Kontext der Urheberrechtsreform steht derzeit vor allem der Artikel 13 im Diskurs. Er fordert „Inhaltserkennungstechnologien“, die umgangssprachlichen „Upload-Filter“, und hält die Politik EU-weit auf Trab. Vergleichbare Effekte zieht auch die „Linksteuer“ nach Artikel 11 der Reform nach sich. Sie könnte nun mit Google News ihr erstes Opfer fordern.