Einen Menschen Narzissmus zu attestieren fällt nicht schwer. Dabei meinen wir meistens Personen, die sich immer durchsetzen wollen, oder „nur an sich selbst denken“. Und obwohl wir es uns nicht eingestehen wollen, besitzt jeder von uns eine narzisstische Ader. Eine solche Prägung ist laut Psycholog*innen sogar durchaus sinnvoll. Aber was ist ein Narzisst nun genau?
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Was ist ein Narzisst?
Wacker hält sich das Gerücht, dass viele Führungspositionen von Narzisst*innen besetzt sind. Schon 2007 veröffentlichten die US-Psychologen David Dunning und Justin Kruger eine Studie, die das Phänomen erklären sollte. Die beiden Wissenschaftler wollten anhand ihrer Analyse zeigen, warum oft auch inkompetente Menschen Macht erhalten, die jedoch extrem von sich selbst überzeugt sind.
Es zeigte sich, dass vor allem Menschen eine natürliche Autorität ausstrahlen, die von sich besonders überzeugt sind. Diese treten im öffentlichen Rahmen oft präsenter auf und melden sich auch öfter zu Wort. Sie müssen aber nicht zwangsläufig kompetent sein. Natürliches Charisma und ein Verständnis für Machtstrukturen würden genügen. Narzisst*innen haben für beides ein extrem feines Gespür.
Das erklärt vielleicht nicht direkt, was ein Narzisst ist, es zeigt jedoch einen besonderen Wesenszug des Narzissmus: den Glauben an die eigene Größe und Unfehlbarkeit. Ein Beispiel hierfür lieferte nicht zuletzt der 45. US-Präsident Donald Trump. Dieser sah Fehler stets bei seinen Gegner*innen und sich selbst als unfehlbar. Schuld hatten immer die anderen.
Merkmale, die auch Donald Trump aufweist, sind im folgenden:
- Autoritätsanspruch, Glaube daran auserwählt zu sein
- übermäßige Selbstdarstellung
- Selbstbehauptung auf Kosten anderer (Narzisst*innen sind wahre Meister darin, Intrigen zu spinnen.)
- Zwanghafte Manipulation von Mitmenschen bis hin zur Opferung dieser
- kaum oder gar keine Reflexionsfähigkeit gegenüber der eigenen Handlung
Der Dunning-Kruger-Effekt: Die Psychologen Davind Dunning und Justin Kruger prägten den nach ihnen benannten Effekt. Dieser beschreibt eine kognitiven Verzerrung im Gehirn der Betroffenen. Eine solche Verschiebung der Wahrnehmung sorgt dafür, dass Menschen ihre Fähigkeiten teils extrem überschätzen.
Narzissmus: Eine psychische Erkrankung
Der von Dunning und Kruger beschriebene Effekt erklärt, was ein Narzisst ist. In der Regel handelt es sich also um Personen, die eine stark ausgeprägte narzisstische Seite haben. In der Regel besitzt jeder Mensch narzisstische Wesenszüge. Im Idealfall zeigen sich diese als gesundes Selbstbewusst sein. Das bedeutet, dass ein Mensch sich selbst bewusst ist, also eine Bedürfnisse kennt und diese auch der Umwelt gegenüber artikulieren kann.
Hierzu zählt etwa auch ein gesundes Durchsetzungsvermögen. Und natürlich, auch das sollte nicht vergessen werden, tut Selbstliebe einen jeden von uns gut. Selbstverliebtheit ist also auch Teil unserer Persönlichkeit. Nur so können wir uns gegenüber der Außenwelt als etwas wertvolles betrachten. Das ist ein nicht zu unterschätzender Faktor.
Bei Narzisst*in sind all diese Merkmale extrem ausgebildet. Ihre Selbstverliebtheit kann dazu führen, dass sie andere Menschen als nicht gleichwertig betrachten. Gleichzeitig sind so charismatisch, dass sie andere für sich vereinnahmen können. Psycholog*innen sprechen deshalb auch von einem Krankheitsbild, der narzisstischen Persönlichkeitsstörung.
Sind Narzisst*innen böse? Narzisst*innen pure Böswilligkeit vorzuwerfen, hilft nicht weiter. Dass ein harmonisches und gesundes Zusammenleben oft nicht möglich ist, heißt nicht, dass Betroffene mit Absicht handeln.
Was ist ein Narzisst? Die Merkmale
Narzisst*innen geben gerne an und zeigen ihrem Umfeld gerne, wie groß, schlau und schön sie eigentlich sind. Dabei wollen sie sich selbst überhöhen. Eines der entschiedensten Merkmale ausgemachter Narzisst*innen besteht darin Anerkennung zu erhalten. Diese ist ihnen so wichtig wie die Luft zum Atmen. Sie wollen bewundert werden und das am besten immer und überall.
Für Narzisst*innen spielen die Bedürfnisse anderer Menschen keine Rolle. Ihre eigenen Wünsche sind das Maß aller Dinge und alle sollen sich diesen Wünschen unterordnen. Narzisst*innen sehen in ihren Zielen einfach einen größeren und bedeutsameren Stellenwert.
Hinzu kommt, dass Menschen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung extrem charmant und gesellig sein können. Unter Menschen fühlen sie sich wohl, solange die Menschen sich wie Planeten um eine Sonne drehen, wobei Narzisst*innen immer die Sonne sein wollen. Dabei lassen sie niemanden an sich ran und können auch keine echte Nähe zulassen.
Die Merkmale im Überblick:
- extremer Drang nach Anerkennung und Lob der eigene Leistung
- extreme Angst vor Kritik
- eigene Bedürfnisse spielen eine größere Rolle als die Bedürfnisse anderer
- die eigenen Wünsche und Ziele sind wichtiger als die der Mitmenschen
- Allmachtsfantasien
- sind in der Regel sehr charismatisch
- immer auf der Suche nach sozialen Kontakten
- zwanghaftes Manipulieren zwischenmenschlicher Beziehungen
- toxisches Verhalten gegenüber Mitmenschen, die eher als Konkurrent*innen wahrgenommen werden
- können keine echte Nähe zulassen
- Mangel an Empathie
Der Ursprung des Narzissmus
Narzisstische veranlagte Menschen werden nicht über Nacht böse. Wie Quarks berichtet, gibt es derzeit vier Theorien, die der Entstehung einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung auf den Grund gehen. So kann ein überdurchschnittliches Verwöhnen des Kindes narzisstische Wesenszüge begünstigen. Das komplette Gegenteil, also die komplette Vernachlässigung von Kindern, kann ebenfalls Narzissmus hervorrufen.
Manche Psychoanalystiker*innen teilen die Ansicht, dass die narzisstische Persönlichkeitsstörung der Borderline-Persönlichkeitsstörung ähnele. Narzisst*innen würden eben wie Borderliner*innen eine extreme Angst vor Abweisung haben. Im Gegensatz zur Borderline-Persönlichkeitsstörung würden diese jedoch einen starken Abwehrmechanismus aus Allmachtsfantasien aufbauen.
Und schließlich begünstige die Angst vor Kritik Narzissmus. Das mag banal klingen, jedoch können Narzisst*innen sich niemals einen Fehler eingestehen. Das würde ihre gesamte Existenz in Frage stellen. Einem solchen Druck stellen Narzisst*innen in der Regel ihre Überlegenheit entgegen.
Die möglichen Ursprünge in Kürze:
- Übermäßiges Verwöhnen kann bereits Kinder davon überzeugen höhergestellt zu sein als andere Menschen.
- Indem Eltern ihre Kinder beabsichtig oder unbeabsichtigt vernachlässigen oder der Verwahrlosung aussetzen, kann Narzissmus als Überlebensstrategie funktionieren. Die bewusste Überbetonung der eigenen Bedürfnisse kann als Hilferuf verstanden werden.
- Narzissmus kann einer Form der Verlustangst sein, die durch frühe traumatische Ereignisse ausgelöst wird.
- Durch das ständige Belobigen können mit Menschen mit narzisstischen Neigungen den Bezug zur Realität verlieren und ihr gesamtes Schaffen als großartig begreifen.
Können Narzisst*innen ihren Narzissmus erkennen? Die Diagnose einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung kann von Narzisst*innen aufgenommen werden oder auch nicht. In der Regel haben Betroffene einen extrem gutes Gespür dafür, was ihre „Großartigkeit“ bedrohen könnte. Ihr Schutzpanzer aus Allmachtsfantasien erlaubt es ihnen so gut wie gar nicht eigene Fehler oder Defizite in der eigenen Persönlichkeit zu erkennen. Die größte unbewusste Angst eines*er Narzisst*in besteht darin erkannt zu werden.
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Umgang mit Narzissten
Ob im Berufsleben oder im Freundeskreis: Narzisstische Menschen können uns überall im Alltag begegnen. Selbst wenn das Miteinander sich schwierig gestalten kann, ist keiner Narzisst*innen schutzlos ausgeliefert. Einige Verhaltensregeln können den Umgang erleichtern.
- Ich-Botschaften: Sätze wie „Ich finde es schön, wenn du mich ausreden lassen würdest.“ können narzisstisch veranlagten Menschen helfen, in einer Interaktion besser zurecht zu kommen. Mit einer Ich-Botschaft wird nicht die gesamte Persönlichkeit eines*er Narzisst*in in Frage gestellt.
- Narzisst*innen manipulieren ihr Umfeld und werden alles daran setzen ihre Mitmenschen schlechter dastehen zu lassen als sich selbst. Deshalb sollte der Kontakt mit solchen Menschen auf ein notwendiges Maß reduziert werden.
- Freundschaften mit Narzisst*innen sind geprägt durch toxisches Verhalten. Wenn die eigene psychische Gesundheit auf den Spiel steht, sollte ein Kontaktabbruch in Erwägung gezogen werden.
Quellen: Why the unskilled are unaware: Further explorations of (absent)
self-insight among the incompetent, Quarks
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