Mobilität mit dem Auto ist für ältere Menschen besonders dann wichtig, wenn sie auf dem Land wohnen oder körperlich in ihrer Bewegung eingeschränkt sind. In vielen Fällen droht sonst Vereinsamung. Geht es dagegen um die Fahrtauglichkeit im Alter, stehen Personen im Rentenalter oftmals in der Kritik. Das weiß auch ein Experte.
Fahrtauglichkeit: Darum ist sie bei Älteren umstritten
Nicht ohne Grund ist die Fahrtauglichkeit von Älteren, Rentnerinnen und Rentnern ein umstrittenes Thema in Deutschland. Während es entsprechende und regelmäßige Prüfungen in anderen Ländern wie Schweiz, Italien, Niederlande und Tschechien bereits standardmäßig gibt (dort sind Medizinchecks teilweise schon ab 60 Jahren Pflicht), hinkt die Bundesrepublik in diesem Punkt weiter hinterher.
Dabei sind ältere Autofahrende laut Statistischem Bundesamt häufig Hauptverursacher oder -verursacherinnen von Unfällen. Waren sie 2023 in einen solchen verwickelt, lag die Hauptschuld demnach in über zwei Dritteln der Fälle (68,1 Prozent) bei mindestens 65-Jährigen. Rentner*innen im Alter von 75 Jahren und älter trugen sogar zu über drei Viertel (76,7 Prozent) die Hauptschuld. „Das ist mit Abstand der höchste Wert aller Altersgruppen“, heißt es dazu.
Als Ursachen galten dann vor allem das Missachten von Vorfahrt oder Vorrang, aber auch Fehlverhalten beim Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren, Ein- und Anfahren.
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Das sagt ein Arzt zum Thema Fahrtauglichkeit
Ob ältere Personen und Rentner*innen auch in Deutschland regelmäßig auf ihre Fahrtauglichkeit untersucht werden sollten, erklärt der Sportarzt und Orthopäde Klaus Neuner (Name geändert) gegenüber Efahrer im Detail. In seiner Praxis begegnet er immer wieder Menschen, deren Fähigkeiten zum Autofahren er infrage stellt.
Sein Urteil ist deshalb zunächst eindeutig:
„Mobilität ist für ältere Menschen gerade in ländlichen Gebieten wichtig, um nicht zu vereinsamen. Allerdings halte ich eine Überprüfung der Fahrtauglichkeit für sinnvoll.“
Klaus Neuner
Als Vorschläge für eine Umsetzung nennt er verschiedene Optionen. Darunter anstelle einer Prüfung, bei der man durchfallen könne, beispielsweise „obligatorische Checkfahrten, […] die Älteren ihre nachlassende Fahrtauglichkeit vor Augen führen“. Auch eine „Wiederholung der Theorie in periodischen Abständen“ sei für jede und jeden empfehlenswert. Das führe im besten Fall dazu, dass der Führerschein freiwillig abgegeben wird.
Zur Altersgrenze in Bezug auf die Prüfung der Fahrtauglichkeit hat Neuner eine noch klarere Meinung: „JEDER, alle zehn Jahre. Mit zunehmendem Alter, beispielsweise ab 70 Jahren, kürzere Abstände alle fünf Jahre, ab 80 Jahren alle zwei Jahre.“ Diese Ansicht wird auch von offizieller Seite geteilt.
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Kein Führerschein-Check bei Senior*innen
In den vergangenen Monaten wurde laut ERGO Versicherungen in Deutschland eine mögliche Änderung kontrovers diskutiert. Die EU-Kommission hatte sich das Ziel gesetzt, die Zahl der Verkehrstoten bis 2050 auf null zu senken. Um dieses Vorhaben zu unterstützen, sollte die EU-Führerscheinrichtlinie (2006/126/EG) entsprechend angepasst werden. Ein zentraler Punkt war dabei die Einführung einer Fahrtauglichkeitsprüfung für Kraftfahrer*innen ab 70 Jahren, wobei die konkrete Umsetzung den einzelnen Mitgliedsstaaten überlassen bleiben sollte.
Dieser Vorschlag wurde jedoch inzwischen gestrichen. Das EU-Parlament hat entschieden, dass die Regelungen zur Fahrtauglichkeit künftig allein von den Mitgliedsstaaten gestaltet werden sollen, ohne eine europaweit einheitliche Vorgabe. In Deutschland ist daher momentan nicht davon auszugehen, dass es eine solche Regelung geben wird.
Quellen: Statistisches Bundesamt, Efahrer, ERGO
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