Kaum ein Thema wird in puncto Verkehrssicherheit so heiß diskutiert wie die Fahrtüchtigkeit von Senior*innen. Dabei geht es oftmals darum, ob ältere Personen regelmäßige Tests oder eine erneute Prüfung absolvieren müssen, um den Führerschein behalten zu dürfen. Der TÜV (Technischer Überwachungsverein) spricht diesbezüglich eine klare Empfehlung aus.
Führerschein: Keine erneute Prüfung für Senior*innen
Dabei bezieht sich der TÜV vor allem auf eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag des Verbandes, an der 1.207 Personen ab 16 Jahren teilgenommen haben, wie es in einer offiziellen Pressemitteilung heißt. Laut dieser stimmen 85 Prozent der Befragten zu, dass mit steigendem Alter die Fähigkeit nachlässt, ein Fahrzeug sicher zu führen.
Das kann zum Beispiel an schwächerer Sehkraft, längeren Reaktionszeiten oder einem steifen Nacken liegen, der den wichtigen Schulterblick zur Tortur werden lässt, so dass lieber darauf verzichtet wird. Gegenteiliger Meinung sind jedoch zehn Prozent und fünf Prozent sind unschlüssig.
Doch Dr. Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands macht bei Vorstellung der Studienergebnisse die Dringlichkeit des Problems deutlich: „Der Anteil älterer Autofahrer nimmt aufgrund des demografischen Wandels stetig zu. Ziel muss es sein, die Fahrkompetenz so lange wie möglich aufrecht zu erhalten.“
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Rückmeldefahrten ab einem Alter von 75 Jahren
Zwar wollen laut der Umfrage die große Mehrheit, nämlich 88 Prozent, so lange es geht über die eigene Mobilität selbst entscheiden. Doch gut drei von vier Befragten sind der Meinung, dass sich ältere Fahrer*innen einer verpflichtenden Überprüfung ihrer Fahrkompetenz unterziehen sollten. 80 Prozent sind sogar der Meinung, dass älteren Personen der Führerschein entzogen werden sollte, wenn sie nicht mehr fahrtauglich sind.
Die EU-Kommission hatte bereits vor einiger Zeit vorgeschlagen Gesundheitsprüfungen, eine Selbstauskunft und Fahreignungstests ab 70 Jahren einzuführen, wie unter anderem die Tagesschau berichtet. Das EU-Parlament hatte daraufhin Anfang diesen Jahres entschieden, es den EU-Staaten zu überlassen, ob sie verpflichtende regelmäßige Gesundheitsuntersuchungen von Autofahrer*innen einführen wollen. In einigen EU-Staaten gibt es solche Medizinchecks, wie ärztliche Hör- und Sehtests, bereits. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) erteilte einer solchen Regelung in Deutschland damals jedoch eine deutliche Absage.
Auch der TÜV-Verband hält solche Maßnahmen ab 70 Jahren nach eigenen Aussagen für zu weitgehend. Dieser plädiert aber für eine verpflichtende Teilnahme an so genannten Rückmeldefahrten ab einem Alter von 75 Jahren. Das bedeutet, eine geschulte Person fährt zur Beobachtung mit und gibt anschließend eine individuelle Rückmeldung zur Fahrkompetenz.
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Breite Zustimmung der Bevölkerung
„Bei Rückmeldefahrten bekommen die Teilnehmenden Feedback zu Stärken und Schwächen, erhalten Verbesserungsvorschläge und Hinweise zu neuen Verkehrsregeln. Es geht nicht um einen Seniorenführerschein oder den Entzug der Fahrerlaubnis“, so Bühler. Für diesen Vorschlag gibt es laut der Umfrage auch eine breite Zustimmung in der Bevölkerung: 85 Prozent halten verpflichtende Rückmeldefahrten für Kraftfahrende ab 75 Jahren für sinnvoll.
„Wichtig ist, dass die Rückmeldefahrten für Personen ab 75 Jahren verpflichtend sind. Nur so erreichen wir auch diejenigen, bei denen der Bedarf am höchsten ist“, erläutert Bühler. Nach Ansicht der Befragten sollten am ehesten Fahrschulen und Prüforganisationen wie TÜV oder DEKRA solche Fahrten durchführen.
Aus Sicht des TÜV-Verbands sollte sich das Instrument der Rückmeldefahrten auch auf freiwilliger Basis etablieren und zwar unabhängig vom Alter. „In allen Altersstufen können Führerscheinbesitzer von einer Rückmeldefahrt profitieren, um ihre Kenntnisse aufzufrischen und praktische Hinweise für ihre Fahrpraxis zu erhalten“, so Bühler.
Quellen: Tagesschau, TÜV
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