Eine neue Studie der Organisation Transport & Environment (T&E) legt nahe, dass das deutsche Energienetz jährlich um mehrere Milliarden Euro entlastet werden könnte. Dies sei aber nur dann zu erreichen, wenn Elektroautos in Zukunft verstärkt als Energiespeicher genutzt werden.
Elektroautos als „Batterie auf Rädern“
So erklärt T&E, dass Elektroautos, die mit einer bidirektionalen Lademöglichkeit ausgestattet sind, wie „Batterien auf Rädern“ fungieren können. Das bedeutet, dass die Fahrzeuge in Zeiten eines Überangebots Strom aufnehmen und bei höherer Nachfrage wieder abgeben können.
Denn beim bidirektionalen Laden kann Strom in zwei Richtungen fließen. Zunächst aus dem Netz in einen Speicher, das wäre in diesem Fall das Elektroauto, und anschließend wieder aus ihm heraus. Was sich zunächst etwas kompliziert anhört, ist für uns eigentlich schon längst Alltag. Denn jeder Akku speichert Strom und gibt ihn anschließend wieder ab. So können zum Beispiel Laptops und Powerbanks Handys mit Energie versorgen.
Wird nun das Elektroauto als so ein Stromspeicher benutzt, kann dies viele Vorteile haben. Profitieren würden davon zum Beispiel Menschen mit einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach. Denn mehr als 30 Prozent vom Eigenbedarf lassen sich mit Sonnenenergie kaum decken, zu sehr schwanken Wetter und eigener Stromverbrauch von Tag zu Tag. Erhöhen lässt sich dieser Anteil mit einem eigenen Stromspeicher. Doch dafür müssen Kund*innen oft tief in die Tasche greifen, pro Kilowattstunde Speicherplatz sollte man derzeit nämlich zwischen 750 und 1200 Euro einplanen, wie der ADAC mitteilt.
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Entlastungen von 8,4 Milliarden jährlich
Wenn das Elektroauto jedoch als Stromspeicher genutzt wird, kann man sich diese zusätzliche Anschaffung sparen. Doch es winken noch mehr Vorteile. So schreibt T&E: „Durch den Einsatz von Elektrofahrzeugen zur Energiespeicherung und Rückspeisung in das Stromnetz könnten Europas Energieversorger und Autofahrende bald Milliarden Euro pro Jahr einsparen.“
Dabei bezieht sich die Organisation eigens auf einen für T&E angefertigten Bericht der Forschungsinstitute Fraunhofer ISI und ISE. Laut diesem könnte die sogenannte Vehicle-to-Grid-Technologie (V2G) das deutsche Energiesystem bis 2040 jährlich um 8,4 Milliarden Euro entlasten. EU-weit würden sich die Einsparung sogar auf 22 Milliarden Euro pro Jahr belaufen.
Der Grund für diese massiven potenziellen Kostensenkungen sei dabei, dass bidirektional ladende Elektrofahrzeuge dazu beitragen, dass der Bedarf an stationären Batteriespeichern in der EU bis 2040 um bis zu 92 Prozent reduziert werden könnte. So erklärt Kim Kohlmeyer, Managerin für E-Mobilität Deutschland bei T&E: „Das bidirektionale Laden wird uns kostenlos Batterien auf Rädern zur Verfügung stellen. Das reduziert auch den Druck, Energiespeicher für überschüssigen Wind- und Solarstrom zu bauen.“
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Es gibt jedoch Einschränkungen
Aber auch private Nutzer*innen wurden in der Studie berücksichtigt. Wer günstigen Strom oder Solarenergie von zu Hause bezieht, könnte durch bidirektionales Laden bis zu 45 Prozent bei der jährlichen Stromrechnung einsparen. Das entspricht laut T&E etwa bis zu 727 Euro pro Jahr.
Abhängig von Faktoren wie dem Standort des Fahrzeugs, der Größe der Fahrzeugbatterie und der Frage, ob das Haus über eine Solaranlage verfügt, kann dies jedoch stark variieren. Bidirektionale Heimladesäulen sollen dabei langfristig lediglich 100 Euro mehr als konventionelle Wallboxen kosten.
Doch T&E nennt auch eine deutliche Einschränkung bezüglich der Ergebnisse der neuen Studie. Denn die Organisation betont: „Es braucht kohärente Rahmenbedingungen für bidirektionales Laden, damit das Potenzial ausgeschöpft werden kann.“ Problematisch ist zum Beispiel, dass die Hersteller derzeit auf verschiedene technische Ansätze setzt, um bidirektionales Laden in ihre Elektroautos zu integrieren, was bestimmte Modelle nicht für alle Schnittstellen kompatibel machen könnte.
Quelle: Transport & Environment, ADAC
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