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Heizungsgesetz zerpflückt: „Akt mutwilliger Zerstörung“, warnt Sinn

Seit 2024 müssen neue Heizungen zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) soll Deutschland dabei helfen, seine Klimaziele im Gebäudesektor zu erreichen.

Hans-Werner Sinn vor einem Heizungsregler
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Heizung nachts abschalten: Ist das wirklich sinnvoll?

Um Energie zu sparen, planen viele im Winter weniger zu heizen. Aber ist es auch sinnvoll, die Heizung nachts komplett abzuschalten? Wir klären auf!

Der bekannte Ökonom und frühere Präsident des ifo-Instituts Hans-Werner Sinn hat im Interview mit der Welt scharfe Kritik am Heizungsgesetz der Bundesregierung und den geplanten Rückbau der Gasnetze geäußert. Sinn argumentierte, dass die Pläne, fossile Heizsysteme durch klimafreundlichere Alternativen wie Wärmepumpen zu ersetzen, unrealistisch und kontraproduktiv seien. Er warnte vor ökonomischen und sozialen Verwerfungen und unterstrich, dass die Belastungen für Nutzende und Unternehmen kaum zu stemmen seien.

„Heizungsgesetz ist ein krankhafter Auswuchs“

„Das Heizungsgesetz ist ein krankhafter Auswuchs einer zentralplanerischen Denkweise“ erklärte Sinn im Interview (Paywall) und kritisierte, dass es der liberalen Ordnung, die Deutschlands Nachkriegswohlstand ermöglicht habe, widerspreche. Er begrüße daher den politischen Widerstand gegen das Gesetz, insbesondere von Parteien wie der Union, die eine Abschaffung anstreben.

Seine Einwände spiegeln die Sorgen vieler Hauseigentümer*innen wider, die sich durch die Gesetzgebung mit erheblichen Kosten konfrontiert sehen. Dennoch sei zu berücksichtigen, dass die Bundesregierung umfangreiche Förderprogramme für klimafreundliche Heiztechnologien anbietet. Kritiker*innen wie Sinn argumentieren jedoch, dass solche Subventionen die grundlegenden Probleme nicht lösen können. Tatsächlich ist es wichtig, die langfristigen ökonomischen und ökologischen Effekte abzuwägen, um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu sichern.

Aus Industriekreisen waren zuletzt andere Stimmen zu hören, die – sehr gegensätzlich zu den Aussagen Sinns – an ebendiesen Förderprogrammen festhalten wollen. Unternehmen aus der Heizungs- und Energiebranche haben Milliarden Euro in neue Technologien wie die Wärmepumpe investiert und sehen diese Investitionen angesichts der Pläne der CDU, das Heizungsgesetz zu „korrigieren“, in Gefahr.

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Sinn warnt vor Zerstörung

Besonders heftig kritisierte Sinn den geplanten Rückbau der Gasnetze. Er bezeichnet ihn als „Akt mutwilliger Zerstörung“ einer Infrastruktur, die mit enormem Aufwand aufgebaut wurde. Der Verlust dieser Vermögenswerte belaufe sich seiner Ansicht nach auf hunderte Milliarden Euro.

Darüber hinaus argumentierte er, dass Erdgas eine effektive Brückentechnologie auf dem Weg zur Dekarbonisierung sei. Der hohe Wasserstoffanteil im Erdgas könne dazu beitragen, CO2-Emissionen zu reduzieren. Zudem seien gasbetriebene Wärmepumpen eine Alternative, die den Gasverbrauch weiter senken würde, ohne die Gasnetze vollständig abzuschaffen.

„Gaskraftwerke sind im Übrigen als Komplemente und Partner des Wind- und Solarstroms unerlässlich, weil sie deren wetterbedingte Schwankungen bis hin zu Dunkelflauten ausgleichen“, so der Ökonom. „Ohne die Hilfe der konventionellen Stromquellen lässt sich der grüne Strom im Netz nun einmal nicht verwerten.“

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Blackout-Risiko dank Wärmepumpe?

Ein weiterer zentraler Punkt in Sinns Kritik betraf die Risiken einer ausschließlich elektrifizierten Energieversorgung. Er warnte vor der Verwundbarkeit durch Cyberangriffe oder Netzstörungen, die im Kriegsfall gravierende Folgen haben könnten.

„Es ist auch schon deshalb nicht sinnvoll, den gesamten Wärmemarkt auf Strom umzustellen, weil Deutschland damit im Kriegsfalle sehr verwundbar wäre“, erklärte er konkret. „Mir graust es vor der Vorstellung, dass sich das Land in einem Cyberkrieg mit ein paar Mouseclicks einfrieren ließe, weil es nur noch elektrische Energie gibt.“

Diese Sorge ist nicht unbegründet: Eine robuste Energieinfrastruktur ist essenziell, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Gasbetriebene Systeme könnten hier eine wichtige Rolle als Backup-Lösung spielen.

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Wunschtraum in weiter Ferne

In Bezug auf die globale Klimapolitik hob Sinn hervor, dass Deutschlands einseitige Maßnahmen kaum einen Einfluss auf den weltweiten CO2-Ausstoß hätten. Er plädierte stattdessen für die Bildung eines „Klima-Clubs“, in dem wichtige Industrienationen wie die USA, China und Indien zusammenarbeiten, um den Ausstoß fossiler Brennstoffe wirksam zu begrenzen. Ohne eine solche internationale Kooperation bestehe die Gefahr, dass freiwerdende fossile Brennstoffe einfach in anderen Ländern genutzt würden.

Sinn machte aber klar, dass es sich bei diesem Club lediglich um eine Wunschvorstellung handele. „Mit der Wahl von Trump ist er noch weitere Ferne gerückt.“

Die Kritik des Ökonoms am Heizungsgesetz und den geplanten Rückbau der Gasnetze wirft wichtige Fragen zur wirtschaftlichen und technischen Machbarkeit der Energiewende auf. Während seine Argumente oft zugespitzt formuliert sind, regen sie doch zumindest dazu an, die langfristigen Konsequenzen politischer Entscheidungen kritisch zu hinterfragen. Der Erfolg der Energiewende wird maßgeblich davon abhängen, ob es gelingt, technologische Innovationen, wirtschaftliche Effizienz und soziale Akzeptanz miteinander in Einklang zu bringen.

Quellen: Welt

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