Seit seiner Gründung im Jahr 2015 ist Trade Republic unter Anlegenden zu einer regelrechten Broker-Ikone herangewachsen. Mittlerweile verwaltet das Unternehmen nach eigenen Angaben über 100 Milliarden Euro von etwa acht Millionen Kundinnen und Kunden. Dabei verspricht es nicht nur Sicherheit, sondern auch ganze 2,75 Prozent Zinsen. Gerichtet sind diese nach dem Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB). Mindestens die beworbenen Sicherheitsaspekte muss der Neobroker bald vor Gericht verteidigen – und zwar gegen die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
Schwere Vorwürfe gegen Trade Republic
Die Bank mit Sitz in Berlin-Mitte verspricht seiner Kundschaft Schutz für 100.000 Euro pro Kund*in und Konto. Das jeweils verfügbare Geldguthaben werde dabei auf Partnerbanken verteilt und ab einer gewissen Grenze in den Geldmarkt weiter diversifiziert. „Der in den Liquiditätsfonds investierte Teil des Guthabens unterliegt jedoch nicht der Einlagensicherung“, bemängelt daran Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Es handele sich um einen Geldmarktfonds, „dessen Risiko sich aus den im Fonds befindlichen Wertpapieren ergibt“.
Ebenso kritisch betrachtet Nauhauser die bei dem Neobroker beworbenen „Zinsen auf dein Cash, unbegrenzt“. Allein die Orientierung am Leitzins der EZB widerspreche diesem Versprechen bereits. „Dass Trade Republic die Veränderlichkeit der Zinsen und die fehlende Einlagensicherung in der Werbung nicht deutlich macht, ist geschäftspolitisches Kalkül“, so der Experte weiter. „Eine Fußnote ‚ohne Einlagensicherung‘ schreckt Interessent:innen ab.“
Tatsächlich verweist das Unternehmen in seinen FAQs lediglich auf die Trade Republic-App – und dort sind die Informationen zur Einlagensicherung nicht so einfach auffindbar:
- Öffne die Trade Republic-App und tippe oben rechts auf dein Profil-Icon.
- Wähle unter „Account“ nun den Punkt „Hilfe“.
- Tippe auf „Cash und Karte“ und scrolle anschließend ganz nach unten.
Unter den Punkten „Wie funktioniert das?“, „Partnerbanken“ und „Geldzuweisung“ verrät dir der Online-Broker alles, was du über die Sicherheit deiner Einlagen wissen musst – zumindest fast. Denn abgesehen von dem erneuten Hinweis, sie seien „pro Konto und Kunde mit jeweils bis zu 100.000 € geschützt“, fehlt auch an dieser Stelle die durch Nauhauser bemängelte Aufklärung bezüglich der in Liquiditätsfonds investierten Gelder.
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„Kunde trägt damit im Ergebnis das Insolvenzrisiko“
„Trade Republic täuscht mit der Werbung und den Aussagen zur Einlagensicherung eine Sicherheit vor, die so nicht gegeben ist“, kritisiert der Finanzexperte deutlich. „Bei Turbulenzen an den Finanzmärkten mit Zahlungsausfällen kann das dazu führen, dass Anlegerinnen und Anleger einen Teil ihres Vermögens verlieren.“
So gilt insbesondere nach § 8 Einlagensicherungsgesetz (EinSiG) zwar der beworbene Schutz für Einlagen bis zu 100.000 Euro pro Person und Bank. Allerdings umfasst dieser lediglich Guthaben auf Girokonten, Sparbüchern, Tages- und Festgeldkonten sowie Namenssparbriefe. Genauere Informationen zum Risiko der Kundinnen und Kunden finden sich erst in Anlage 3 der Kundenvereinbarung des Neobrokers.
„Auf Grund des Treuhandauftrags ist Trade Republic lediglich gehalten, dasjenige auf Treuhandkonten gehaltene Guthaben des Kunden herauszugeben, das Trade Republic selbst auf Grund des jeweiligen Kontovertrages mit den Treuhandbanken herausverlangen kann. Der Kunde trägt damit im Ergebnis das Insolvenzrisiko der jeweiligen Treuhandbank, soweit Trade Republic in der Insolvenz der das jeweilige Treuhandsammelkonto führenden Treuhandbank den Anspruch auf Auszahlung des Guthabens weder gegenüber der Einlagensicherung dieser Treuhandbank noch gegenüber dem Insolvenzverwalter dieser Treuhandbank im Rahmen des Insolvenzverfahrens realisieren kann.“
Trade Republic Kundenvereinbarung
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Klage bereits eingereicht
Zunächst hatte die Verbraucherzentrale den Neobroker aufgrund irreführender Werbung abgemahnt und ihn dazu aufgefordert, besagte Werbung nicht länger zu verwenden. Trade Republic wiederum wies die Abmahnung zurück, woraufhin der Verein am 7. Februar 2025 vor dem Landgericht Berlin II Klage einreichte.
Entscheidend wird sein, ob das Gericht die Darstellung dieser Informationen als ausreichend transparent bewertet oder ob es darin eine Irreführung nach § 5 beziehungsweise § 5a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sieht, da wichtige Details nur schwer auffindbar sind. Sollte letzteres zutreffen, könnte dies als Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht gewertet werden. Selbst § 63 Abs. 6 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) könnte im Rahmen der Klage eine Rolle spielen. So heißt es darin konkret: „Alle Informationen, die Wertpapierdienstleistungsunternehmen Kunden zugänglich machen, einschließlich Marketingmitteilungen, müssen redlich und eindeutig sein und dürfen nicht irreführend sein.“
Die Klage könnte durchaus gute Erfolgschancen haben, da sich die einzigen Informationen vor den wesentlichen Risiken für Kundinnen und Kunden erst versteckt in einer Anlage der Kundenvereinbarung finden lassen. Mutmaßlich vermittelt das Unternehmen sowohl in seiner Werbung als auch in den FAQs den Eindruck, sämtliche Einlagen bis zu 100.000 Euro seien durch die gesetzliche Einlagensicherung geschützt, obwohl Gelder in Geldmarktfonds nicht darunterfallen und einem wesentlich höheren Verlustrisiko unterliegen.
Quelle: Verbraucherzentrale Baden-Württemberg; Trade Republic; Einlagensicherungsgesetz; Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb; Gesetz über den Wertpapierhandel
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