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„Was die CDU in unseren Kellern machen wollte“: Virale Heizungs-Posts widerlegt

Das deutsche Gebäudeenergiegesetz steht im Mittelpunkt hitziger politischer Debatten. Besonders die Rolle von Wirtschaftsminister Robert Habeck und die tatsächlichen Auswirkungen der Gesetzesnovelle werden kontrovers diskutiert.

Robert Habeck und Fridrich Merz vor dem Reichstag
© IMAGO / serienlicht / Mike Schmidt / photothek [M]

Heizung nachts abschalten: Ist das wirklich sinnvoll?

Um Energie zu sparen, planen viele im Winter weniger zu heizen. Aber ist es auch sinnvoll, die Heizung nachts komplett abzuschalten? Wir klären auf!

Das deutsche Heizungsgesetz (Gebäudeenergiegesetz, GEG) sorgt bereits seit Jahren für Diskussionen. Ursprünglich wurde es 2020 unter der Merkel-Regierung von der Großen Koalition (GroKo) aus CDU/CSU und SPD beschlossen, um Heizsysteme zu regulieren und erneuerbare Energien stärker einzubinden. Die Ampel-Koalition reformierte das Gesetz 2023 und verschärfte die Klimavorgaben.

Heizungsgesetz abgemildert? Nein.

In den sozialen Medien kursiert die Behauptung, Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) habe das Gesetz abgeschwächt, während CDU/CSU eine härtere Version geplant hätte. Mehrere, laut Correctiv weit verbreitete, Sharepics behaupten, die damalige GroKo aus CDU/CSU und SPD hätte ursprünglich vorgeschrieben, dass funktionierende Heizungen zu einem bestimmten Stichtag verschrottet werden müssten. Habeck habe dies angeblich gestrichen.

Ein Sharepic formuliert es so: „In der Fassung von CDU/CSU mussten Heizungen zu einem Stichtag verschrottet werden, sogar wenn sie noch funktionierten. […] Habeck hat das gestrichen. Jetzt müssen Heizungen nur getauscht werden, wenn sie unreparierbar sind.“

Ein weiteres Sharepic titelt: „Was die CDU in unseren Kellern machen wollte“ und zeigt einen Ausschnitt aus dem § 72 des GEG 2020.

Faktencheck: Was tatsächlich im Gesetz stand

Das Gebäudeenergiegesetz von 2020 enthielt in § 72 eine Altersgrenze für Heizkessel, die mit fossilen Brennstoffen betrieben wurden. Demnach durften Heizkessel, die vor dem 1. Januar 1991 eingebaut wurden, nicht mehr betrieben werden. Für alle Heizkessel, die nach diesem Stichtag installiert wurden, galt eine maximale Betriebsdauer von 30 Jahren. Das bedeutete, dass eine Heizung aus dem Jahr 1995 spätestens 2025 stillgelegt werden musste, wenn sie nicht unter eine Ausnahme fiel.

Diese Regelung zielte darauf ab, ineffiziente Heiztechnologien schrittweise aus dem Markt zu nehmen. Allerdings galt sie nicht uneingeschränkt für alle Eigentümer*innen. Es gab zahlreiche Ausnahmen, etwa für selbstnutzende Eigentümer*innen von Ein- und Zweifamilienhäusern, die seit dem 1. Februar 2002 in ihrem Haus lebten.

Zudem waren moderne Brennwert- und Niedertemperaturkessel von der Austauschpflicht ausgenommen, selbst wenn sie älter als 30 Jahre waren. Wer betroffen war, musste seine alte Heizung also nicht zwangsweise verschrotten, sondern durfte eine neue, beliebige Heizlösung wählen.

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Das änderte sich 2023

Die Novelle des GEG brachte keine Abschwächung der bisherigen Regeln, sondern verschärfte sie an einer anderen Stelle. Während bestehende Heizungen weiterhin betrieben und repariert werden dürfen, gibt es für neu installierte Heizungen nun eine strenge Auflage: Seit 2024 müssen sie mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien nutzen. Dadurch wird der Einbau einer klassischen Gas- oder Ölheizung wirtschaftlich unattraktiv.

Die Behauptung, dass Habeck eine Zwangsverschrottungspflicht aufgehoben habe, ist also irreführend. Eine Pflicht zum Ausbau oder gar zur physischen Zerstörung alter Heizungen gab es nie. Schon im GEG 2020 mussten Heizungen nur dann ausgetauscht werden, wenn sie die Altersgrenze überschritten und nicht unter eine Ausnahme fielen. Das GEG 2023 machte bestehende Heizungen nicht strenger, sondern setzte vor allem bei neuen Heizungen an, um den Anteil erneuerbarer Energien zu erhöhen.

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Vertane Chancen der Ampel

Gleichzeitig hat die Reform Härtefallregelungen und finanzielle Hilfen ausgeweitet. Wer Sozialleistungen bezieht, kann sich von den Vorgaben befreien lassen. Auch persönliche und bauliche Gründe werden stärker berücksichtigt. Die GroKo-Version von 2020 war insgesamt weniger streng, hatte aber auch weniger Unterstützungsmöglichkeiten für betroffene Hauseigentümer*innen. Die neue Fassung macht fossile Heizungen unattraktiver, bietet aber mehr Flexibilität für Menschen mit besonderen Umständen.

Die öffentliche Wahrnehmung des Gesetzes wurde stark durch die Medien beeinflusst. Der Begriff „Heizungsgesetz“ tauchte im ursprünglichen Gesetzestext gar nicht auf, wurde aber durch reißerische Schlagzeilen bekannt. „In der Bild-Berichterstattung folgten Begriffe wie ‚Habecks Heiz-Verbot‘, ‚Heiz-Hammer‘ oder eine Karikatur Habecks auf dem Titelbild des Spiegels, der als Monteur mit einer Rohrzange an dem Einbau einer Wärmepumpe scheitert“, berichtet Correctiv.

Auch politische Gegner*innen nutzten die schlechte Kommunikation der Ampel, insbesondere Robert Habecks, sowie die durch boulevardeske Schlagzeilen verstärkte Verunsicherung der Menschen. CDU und CSU, die AfD sowie Teile der FDP kritisierten das Gesetz scharf und verwendeten Begriffe wie „Habecks Heizungsverbot“, obwohl es so nie geplant war. Habeck selbst räumte später kommunikative Fehler ein.

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„In erster Linie selbst ankreiden“

Eine Studie aus 2024 zeigt, dass rechte Medien besonders viele Falschinformationen verbreiteten, während etablierte Medien zwar korrekter berichteten, aber oft eine negative Darstellung wählten. Auch die Bundesregierung von SPD, FDP und Grünen habe es verpasst, diese verbreiteten Narrative zu korrigieren.

„Das Akzeptanzdefizit bei einem der bedeutendsten Klimaschutzvorhaben der Legislaturperiode muss sich die Bundesregierung […] in erster Linie selbst ankreiden“, erklärte der Politikberater Dr. Johannes Hillje im Rahmen der Arbeit.

Nichtsdestotrotz: Die Verbreitung der Falschinformationen über das Heizungsgesetz zeigt, dass nicht nur politische Gegner der Ampel-Koalition, sondern mittlerweile offenbar auch kritische Stimmen aus dem Umfeld der Grünen an der Verwirrung beteiligt sind.

Quellen: Correctiv; X/@MariaSattel; Gebäudeenergiegesetz (2020); Gebäudeenergiegesetz (2024); „Aufgeheizte Debatte? Eine Analyse der Berichterstattung über das Heizungsgesetz – und was wir politisch daraus lernen können“ (Das Progressive Zentrum, 2024)

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