Deutschlands Plan, bis zum Jahr 2045 klimaneutral zu werden, steckt derzeit fest. Nach der vorgezogenen Bundestagswahl laufen die Koalitionsverhandlungen, doch beim Gebäudeenergiegesetz (GEG) gehen die Meinungen weit auseinander. Die CDU will den gemeinhin als Heizungsgesetz bekannten § 72 GEG kippen und stattdessen den Blick auf langfristige Emissionseffizienz richten – weg von den aktuellen Einzelgebäude-Vorgaben. Die SPD hält dagegen.
Heizungsgesetz: „Energieeffizienz ist unsere Kostenbremse“
Die Diskussion ums Heizungsgesetz sorgt in der Wirtschaft zunehmend für Unruhe. Verbände und Unternehmen aus der Heizungs- und Dämmstoffbranche schlagen Alarm Hersteller wie Daikin, Rockwool oder Buderus fordern Verlässlichkeit statt Rückschritt. Ohne klare Regeln drohen weniger Investitionen, sinkende Planungssicherheit – und ein massiver Vertrauensverlust.
„Es ist eine kapitale Schnapsidee, sofort wirksame Einsparungen durch Energieeffizienz zu vergessen und allein auf ein unbegrenztes CO₂-freies Energieangebot in der Zukunft zu hoffen“, mahnt etwa Carsten Müller, Mitglied des Bundestages und Vorstandsvorsitzender der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz e. V. (DENEFF). „Wer jetzt auf Sanierung und klare Standards verzichtet, riskiert nicht nur einen Einbruch unserer Wirtschaftskraft, unserer Energiesicherheit und die Zukunft von 600.000 Jobs, sondern verspielt auch den technologischen Vorsprung unserer Wirtschaft.“
Anstelle von Rückschritten hinter bestehende Vorgaben brauche es eine planungssichere Neuerung des Heizungsgesetzes, denn: „Energieeffizienz ist unsere Kostenbremse und Innovationstreiber!“
Update aus den Verhandlungen: Inzwischen haben sich CDU/CSU und SPD im Koalitionsvertrag grundsätzlich darauf verständigt, das aktuelle Gebäudeenergiegesetz in seiner bisherigen Form abzuschaffen und durch ein neues Konzept zu ersetzen. Dieses soll technologieoffen gestaltet werden und sich stärker an der gesamtgesellschaftlichen Emissionsbilanz orientieren. Damit setzt sich vor allem die CDU mit ihrem Fokus auf marktwirtschaftliche Instrumente durch – der genaue Gesetzestext wird noch ausgearbeitet, muss aber von beiden Parteigremien final bestätigt werden.
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Ökonom warnt vor falschen Effekten
Der Ökonom Manuel Frondel schlägt vor, den Zeitplan für die Wärmewende zu strecken. In einer vom Wirtschaftsrat der CDU geförderten Studie empfehle er WELT zufolge, das deutsche Klimaziel auf das Jahr 2050 zu verschieben – so wie es die Europäische Union ohnehin vorsieht. Auch kritisiere er das faktische Verbot neuer Gas- und Ölheizungen als überstürzt und unpopulär. „Dieses Verbot wird von rund vier Fünftel der Bevölkerung abgelehnt und hat zu einer vorhersehbaren Vorziehreaktion geführt: dem Rekordzubau von rund 900.000 neuen Gas- und Ölheizungen“, zitiert WELT.
Frondel plädiere dafür, den Wärmesektor nicht nur über das Heizungsgesetz abzuwickeln. Man solle ihn in das neue europäische Emissionshandelssystem (ETS II) einzubinden, das ab 2027 starten soll. Hier wird eine EU-weite Obergrenze für Emissionen eingeführt, wodurch die Reduktion effizienter und günstiger gelingen kann. Statt mit Verboten zu arbeiten, würden CO₂-Zertifikate den Wandel lenken. So könnten die Klimaziele mit weniger Kosten erreicht werden – und der Effekt wäre, so Frondel, europaweit spürbar.
Wenn Deutschland hingegen auf eigene Regeln setze, führe das zu hohen Kosten, ohne die globalen Emissionen wirklich zu senken. Du solltest wissen: Durch nationale Sonderwege verlagern sich Emissionen oft nur in andere Länder. Eine wirksame Klimapolitik braucht internationale Zusammenarbeit – nicht noch mehr Alleingänge. Nationale Zielvorgaben machen laut Frondel nur Sinn, wenn sie Teil eines gemeinsamen Rahmens sind.
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Quelle: Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e. V., WELT, Durchführungsverordnung (EU) 2018/2066
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