Endlich ein Monster-Hunter-Spiel für eine Current-Gen-Konsole, das noch dazu einen verbesserten Multiplayer-Modus bietet: So köderte mich Monster Hunter World ( PS4, Xbox One). Ich habe mich schon öfters an früheren Teilen der Serie versucht, meist auf Nintendos tragbaren Konsolen und einmal für die Wii U. Die 50 bis 100 Spielstunden, von denen schwärmende Gamer berichteten, konnte ich aber nie erreichen, mangels Motivation ein unnötig benutzerunfreundliches Spiel zu spielen, nur um des Spielen Willens. Doch dieses Mal wird alles anders. Dachte ich.
Spielcharakter kann mit zahlreichen Optionen angepasst werden
Der Anfang ist vielversprechend. Das Erstellen des Charakters bietet genügend Optionen. Wer will, kann sich auch eine Mohawk-tragende Jägerin mit makelloser Haut, gepflegtem grünen Schnurrbart und zwei verschieden farbigen Augen basteln.
Das Highlight ist das Erstellen eures eigenen Palicos. Dabei handelt es sich um euren persönlichen Katzendiener, der euch auf den Quests begleitet und kämpfend und Gegenstände sammelnd zur Seite steht. Ein bisschen wie der gestiefelte Kater aus Shrek, nur ohne nervige Sprüche. Für euren Palico könnt ihr Fellfarbe und Felllänge, Muster, Stimmlage (Miaulage?) und andere Parameter auswählen.
Erste Ernüchterung folgt schnell
Es folgt ein Mini-Tutorial und ein etwas längeres Tutorial, gefolgt von einem Mini-Tutorial, bis man schließlich in der Siedlung der schönen neuen Welt ankommt, die als Hub und Ausgangspunkt für die Missionen gilt. Und hier gibt es den ersten Dämpfer.
Das Inventory-Menü ist, ganz so wie man es von einem Spiel der Monster-Hunter-Serie erwartet, furchtbar. Kleine Icons, noch kleinere Schrift. Auf einem UHD-TV mit der PS4 Pro ist es richtig schwierig, den Text zu lesen, was Erklärungen und schriftliche Tutorials zur Qual macht. Das Crafting- und Upgrade-Menü für Waffen ist ähnlich grausam für die Augen von Spielern, die Interfaces gewohnt sind, die so gestaltet wurden, dass sie intuitiv genutzt werden können. Es ist das erste von vielen Malen, dass Monster Hunter World zu einem sagt: „Wir wollen dich hier nicht, Neuer.“
Waffentraining ist ratsam
Wie üblich stehen zu Beginn alle 14 Waffen in ihren Grundversionen zur Verfügung: von Schwertern über Hämmer und Bogengewehren bis zum Dudelsack. Bevor man damit auf die Jagd geht, sollte man die Trainingsmöglichkeit nutzen, um zumindest die Grund-Moves zu erlernen und um ein Gefühl für die Angriffsgeschwindigkeit und Reichweite zu entwickeln.
Einigermaßen motiviert nimmt man den Storyquest an und begibt sich in den Kampf. Die kleineren Tutorial-Monster sind schnell erledigt. Spätestens bei der Jagd nach großen Monstern, wie dem Pukei-Pukei, wird es mühsam. Treffer beim Monster lassen nur Zahlen mit dem Schadenswert aufblinken, teilweise im einstelligen Bereich. Das Ganze geht minutenlang dahin, irgendwann flüchtet das Monster, man läuft hinterher und es beginnt erneut. Gefühlte 15 bis 20 Minuten später hinkt das Monster statt schnell zu flüchten – das ist der erste und einzige Indikator den man bekommt, dass die ständige Prügelei auch tatsächlich einen Effekt gehabt hat.
Ist es wirklich zu viel verlangt, dass das Monster Schrammen im Laufe des Kampfes bekommt, Pfeile zumindest kurz stecken bleiben oder ein wenig Monsterblut zu sehen ist? So hat man das Gefühl mit Schaumstoffstangen auf einen Drachen einzuschlagen.
Mehrspielermodus ist verbesserungswürdig
Zum Glück gibt es ja den Mehrspieler-Modus, um kooperativ zu jagen. Denn mit einem Freund wird alles besser. Oder auch nicht. Um nur mit einem bestimmten Freund oder einer eigenen Gruppe zu spielen, muss man ein Public Game aufmachen. Wie das geht muss man selbst herausfinden. Danach ist man zwar im selben Spiel, kann sich in der Siedlung aber nur an einer bestimmten Stelle sehen. Warum das nicht im ganzen Ort funktioniert, wie bei fast allen anderen Multiplayer-Spielen die einen Hub haben, weiß wohl nur Capcom.
Ist man im selben Game, muss man über die Questtafel einen Quest eröffnen. Der zweite Spieler muss dann zur Questtafel gehen und diesem Quest beitreten – selbst wenn man nur zu zweit im Game ist. Ein Einladen von Spielern in Quests funktioniert nicht. Außerdem sind manche Quests nur für Einzelspieler gedacht und diese tauchen gerade zu Beginn regelmäßig auf. Die komplette Story mit einem Freund zu zweit spielen ist also nicht möglich, da man immer wieder getrennt voneinander Quests erfüllen muss.
Besser nicht mit Freunden spielen
Ebenfalls ein Problem für Buddy-Spieler: Der Schwierigkeitsgrad wird nur zwischen Einzel- und Multiplayer angepasst, nicht an die Anzahl der Spieler im Quest. Zwei Spieler zusammen haben es also schwerer als ein einzelner Spieler, aber vier Spieler haben es wiederum leichter. Was lernen wir daraus: Entweder mehr Freunde suchen, mit Fremden spielen, oder den einzelnen Freund, der mit einem Monster Hunter World spielen will, in die Wüste schicken.
Na gut, questen mit Freund ist also nicht ohne weiteres möglich, in einem Spiel, dessen Name den Fokus auf Multiplayer suggeriert. Aber zumindest das freie Erkunden zum Rohstoffsammeln bietet sich für gemeinsame Jagdausflüge an. Nope. In den „Expeditionen“, wie der freie Modus heißt, begegnet man keinen menschlichen Spielern. Auch kann man in der Vierer-Gruppe nicht einfach losgehen zum Jagen und Ressourcen sammeln. Dies funktioniert derzeit nur mit einem Workaround: Entweder bleibt die Gruppe nach den beendeten Quests in der Welt oder ein Spieler in der Expedition schickt ein Notsignal und hofft, dass die anderen Spieler auf der Questtafel im Hub das Notsignal angezeigt bekommen und so der Expedition beitreten können.
Schön für Fans, nicht schön für Neulinge
Soviel zum Initial-Gesudere über die verpasste Chance, Monster Hunter World einer breiteren Gruppe an Spielern näher zu bringen – nämlich denen, die mit der Gameplay-Idee prinzipiell was anfangen könnten, aber durch die unfassbar umständlichen Menüs, das fehlende Interface-Polishing und die schlicht unhöfliche Art des Spiels mit Neulingen umzugehen, schon nach wenigen Spielestunden das Handtuch werfen.
Für Monster-Hunter-Veteranen sieht die Sache schon anders aus. Endlich sieht man die Insektengleve hochauflösend, neue Monster wie das Dodogama erfordern neue Angriffs- und Abwehrstrategien und die Spielewelt ist groß und nahtlos, anstatt in Sektoren mit Ladezeiten unterteilt.
Die Monster agieren, je nach ihrer Verhaltensart, unterschiedlich. Manche fauchen nur wenn der Spieler zu nahe vorbeigeht, andere werden schon aggressiv und greifen alles an, was sich ihrem Nest nähert – inklusive anderer Monster.
Das neue Fährtenlesen-System ist eine deutliche Verbesserung und die Welt ist nicht nur groß und abwechslungsreich, sondern bietet Interaktionsmöglichkeiten, um Monster in Fallen zu locken. Bonus: Das Einsammeln von simplen Ressourcen wie Kräutern funktioniert jetzt per Tastendruck quasi im Vorbeilaufen, ohne unnötig lange Sammelanimation.
Spieler muss Jagdtaktiken erlernen
Je öfter man ein Monster aufspürt, desto mehr Informationen werden dem Jagdbuch hinzugefügt. Hier kann dann nachgelesen werden, welche Schwächen ein Monster hat, welche Gegenstände es fallen lassen kann und welche Körperteile gezielt attackiert werden können, um Bonusgegenstände zu erhalten.
Diese Infos sind essenziell, denn um bei späteren Jagden gegen High-Level-Monster erfolgreich zu sein, müssen spezielle Rüstungen und Waffen geschmiedet werden, um die Schwächen des Monsters auszunutzen und dessen Attacken möglichst gut zu kontern. Dadurch entsteht eine nahezu endlos scheinende Kette: Man jagt bestimmte Monster um Rüstungen und Waffen für eine schwierige Monsterjagd zu schmieden. Mit den Ressourcen die man von dem schwierigen Monster kriegt, bereitet man sich wieder auf die Jagd nach dem nächst stärkeren Monster vor, und so weiter.
Wenig Hilfe vom Spiel
Aber erfahrene Monster-Hunter-Spieler wissen das bereits: Es ist das, was sie wollen. Es ist das, weshalb sie Monster Hunter World spielen. Sie wissen auch, wie man die verschiedenen Munitionsarten richtig einsetzt, dass man immer wieder die Waffen nachschärfen muss (Wetzstein, Spitzhacke und Insektennetz sind jetzt unendlich vorhanden, yay) und dass man immer noch mehr und neues lernen kann.
Das Spiel selbst bringt es einem nicht bei. Wer die besten Combos für seine Waffe erlernen will, landet früher oder später bei YouTube. Dafür ist es dann aber auch umso befriedigender, wenn man die neues Moves erfolgreich bei der Jagd einsetzt. Auch im Multiplayer-Modus mit Fremden werden gerne Tipps ausgetauscht. Und ist man zu viert, macht die gemeinsame Jagd auch wirklich mehr Spaß, als wenn man nur alleine oder zu zweit spielt.
Fazit
Monster Hunter World ist das Spiel, worauf so viele Fans der Serie lange gewartet haben. Monster-Hunter-Veteranen sind hart im Nehmen und durch die früheren Games schon gewohnt, dass es hier keinen Komfort gibt. Da reicht die Möglichkeit, Monster Hunter am TV in vernünftiger Qualität zu spielen, die abwechslungsreiche Welt und der Online-Multiplayer-Modus, um über die die vielen Kleinigkeiten, die nach wie vor verbesserungswürdig sind, hinwegzusehen.
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Und weil Monster Hunter World so ein Must Have für die große Fangemeinde ist, hat es neue Spieler eigentlich gar nicht nötig. Und das lässt das Spiel die Noobs auch spüren. Wer typisch japanische Games, die den Spieler sich selbst überlassen und durch Grinding die Spieldauer in den Bereich von 50 bis 100 Stunden hochschrauben, mag, kann Monster Hunter World eine Chance geben. Wer schon den Hype um Dark Souls und God Eater Burst nicht nachvollziehen konnte, wird vermutlich auch Monster Hunter World nichts abgewinnen können.
Dieser Artikel erschien zuerst auf futurezone.at.