„American History X“ schlug sich im Erscheinungsjahr 1998 mit der Wucht eines Faustschlags in die Köpfe der faszinierten Kinofans. Der zu dem Zeitpunkt nur als scheuer Angeklagter in einer doppelbödigen, Oscar-nominierten Nebenrolle in Gregory Hoblits Gerichtsdrama „Zwielicht“ (1996) mit Richard Gere bekannt gewordene Nachwuchsdarsteller Edward Norton zeigte seine Wandlungsfähigkeit, indem er in Tony Kayes Skinhead-Drama einen wortgewandten Neonazi spielte. Doch wurde kurz nach der Veröffentlichung bereits das Sequel „American History X 2“ abgedreht und nur nie veröffentlicht?
„American History X 2“: Existiert die Fortsetzung oder ist es ein Fan-Fiebertraum?
Ist ein Film besonders beliebt, dann werden in der Regel Rufe nach einer Fortsetzung laut. So auch bei „American History X“. Doch was hätte „American History X 2“ genau erzählen können? Selbst wenn ein Film so bitter endet wie Tony Kayes intensives Familiendrama über eine vaterlose Sippe, die mit dem Einfluss der örtlichen Neonazi-Szene fertig werden muss, wollen Fans mehr sehen. (Vorsicht: Spoiler!) Im niederschmetternden Finale des Films wird der junge Bruder (Edward Furlong) des ehemaligen Neonazis Derek Vinyard (Edward Norton) Opfer eines rassistischen Angriffs und stirbt.
Es ist ein tragisches Ende zu einem Film, der von der anstrengenden Rehabilitation eines Mannes handelt, der im Gefängnis eine Läuterung erfährt, die ihn von seiner Vergangenheit als Neonazi abschwören lässt. Seit dem Erfolg des Films in Cineasten-Kreisen hält sich ein Gerücht beharrlich, dass eine Fortsetzung bereits existiere, nur eben nie veröffentlicht wurde. Entsprechend melden sich Fans oft in Internetforen und fragen, ob jemand den vermeintlich verbotenen Film ausleihen könne.
Es gibt kein „American History X 2“ und wird es wohl nie geben
Die Entstehungsgeschichte von „American History X“ ist fast so faszinierend wie das Endprodukt. Denn der exzentrische Werbeclip- und Musikvideo-Macher Tony Kaye tüftelte so lange am Schnitt des Films herum, dass das Studio New Line Cinema ihm schließlich den Film abnahm und dem Editor Jerry Greenberg und Schauspieler Edward Norton den finalen Schnitt übergaben. Der talentierte Filmemacher war entsetzt und versuchte seinen Namen vom Film zu entfernen. Doch das ging nicht und danach hatte Kaye große Probleme weitere Projekte zu realisieren.
Eine ähnliche Exzentrik legen auch all jene Fans an den Tag, die immer noch behaupten, es gäbe „American History X 2“, nur eben nicht offiziell. Doch daran ist wahrlich nichts dran. 22 Jahre nach der Kinopremiere bleibt „American History X“ ein packendes, gekonnt inszeniertes und meisterhaft gespieltes Neonazi-Drama, das in manchen Bereichen etwas zu platt und konstruiert wirkt. Eine Fortsetzung wird es vermutlich nie geben, weil die traurige Pointe des Films kein Sequel zulässt. Und weil keiner der Macher und Akteure je über „American History X 2“ gesprochen haben.
Kommt statt einer Fortsetzung eine neue Schnittfassung?
Im besten Fall können Fans auf eine alternative Schnittfassung nach den Plänen von Tony Kaye hoffen. So wie der Extended Cut von „Alien 3“ (1992), der im Nachhinein versuchte, die ursprüngliche Vision des Regisseurs David Fincher wiederherzustellen. Hierfür müsste aber New Line Cinema ins Archiv gehen und viel Geld hinblättern, um eine qualitativ gute Fassung herzustellen. Dafür hat das Studio aber aktuell keinen Anlass.
„American History X“ ist für uns einer der Horrorfilme, die eigentlich gar keine Horrorfilme im klassischen Sinne sind. Im deutschen Fernsehen ist der ob seiner drastischen Gewaltdarstellungen kontroverse Film immer wieder zu sehen, so etwa vor kurzem auf ProSieben. Edward Norton konnte später nicht mehr an seine frühen Erfolge anknüpfen. Sein Auftritt als „Der unglaubliche Hulk“ ist inzwischen fast vergessen.