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„Ich distanziere mich von diesem Film“: ZDF erntet Kritik für Elektroauto-Doku

Elektroautos sind bei weitem nicht Klimaneutral. Eine neue ZDF-Doku scheint ihnen jedoch für einige zu übel mitzuspielen.

Elektroauto
Es gibt Elektroautos, die mehr können als Tesla (Symbolbild). © Getty Images/Viaframe

Elektroautos werden in Medien und politischem Diskurs häufig als Zugpferd des Klimaschutzes gehandelt. Tatsächlich zeigten aber in der Vergangenheit viele Studien auf, dass sie allein schon während ihrer Produktion in puncto Emissionen mit Verbrennern gleichziehen. Auf ebensolche Informationen bezieht sich auch eine neue Dokumentation des öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders ZDF. Entspricht das dem aktuellen Stand der Forschung?

„Ich distanziere mich von diesem Film“: ZDF erntet Kritik für Elektroauto-Doku

„Ich distanziere mich von diesem Film“: ZDF erntet Kritik für Elektroauto-Doku

Elektroautos sind bei weitem nicht Klimaneutral. Eine neue ZDF-Doku scheint ihnen jedoch für einige zu übel mitzuspielen.

ZDF-Doku: Elektroautos kommen nicht gut davon

Die wohl bekannteste Forschungsarbeit lieferte vor einigen Jahren Erik Emilsson vom schwedischen Umweltforschungsinstitut IVL. Gemeinsam mit Kolleg:innen hatte Emilsson eine Berechnung über die Nachhaltigkeit von Lithium-Ionen-Batterien angestellt. Für Elektroautos fielen die Ergebnisse damals verheerend aus. Seitdem hat sich allerdings einiges getan – die ZDF-Doku „Mythos Elektroauto – Revolution oder Reinfall?“ (2021) berücksichtigt das nur in Teilen.

Stattdessen stützt sich das Zweite Deutsche Fernsehen mit einer Studie des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), die 2020 im Auftrag des Verbands Deutscher Ingenieure (VDI) entstand, auf ein wackliges Gerüst. Sie liefert zwar theoretisch aktuelle, aber schon ab Veröffentlichung stark umstrittene Daten.

Fragwürdige Berichterstattung

Bezogen wird sich in der KIT-Studie etwa auf ein Papier von Sinn et al, das in den vergangenen Jahren schon mehrfach widerlegt wurde. Darüber hinaus gehen die Autor:innen der Arbeit von NMC111, einem stark veralteten Zelltypen, aus. Die neueren und weit umweltfreundlicheren NMC622-Zellen werden zwar erwähnt, tauchen aber nicht in den entsprechenden Diagrammen auf

Schon 2019 legte auch Emilsson gemeinsam mit Lisbeth Dahllöf einen Bericht vor, der seine 2017er-Berechnungen korrigierte. Tatsächlich stießen Produzenten von Lithium-Ionen-Akkumulatoren weit weniger klimaschädliche Gase aus als zuvor angenommen. Der Grund dafür: Größere und effizientere Produktionsstätten. Auch der Anteil erneuerbarer Energien für die Batterieproduktion nehme zu.

„Schwedenstudie“ verdreht

Die ZDF-Doku berücksichtigt diesen Bericht zwar und spricht sogar mit Dahllöf, im Endeffekt scheint sich das Team aber einen kleinen Trick zunutze machen. Schnell geht es nämlich nicht mehr um den Kern der „Schwedenstudie“ – und zwar, dass Elektroautos umweltfreundlicher als Verbrenner sein sollen – sondern darum, dass sie nicht völlig klimaneutral sind.

Übrigens: Eine 2021 veröffentlichte Untersuchung des International Council on Clean Transportation (ICCT) zeigt übrigens umso deutlicher, wie Elektroautos die Verbrenner im Punkt Klimabilanz abhöngen.

Berechtigte Kritik

Auch berechtigte Kritik gegen Elektroautos nimmt das ZDF aber auf. Etwa, wenn es um den Umweltbonus für Plug-in-Hybride geht. Diese Fahrzeuge werden mit mehreren tausend Euro gefördert, obwohl sie de facto eine ähnliche Bilanz haben wie andere Modelle der jeweiligen Klasse.

Ähnliches gilt für Elektro- und Dieselfahrzeuge aus dem Hause Volkswagen. Zum Vergleich: Auf 200.000 Kilometern emittiert dem ZDF zufolge ein Elektroauto samt Produktion gut 33,7 Tonnen CO2 – sofern am deutschen Stromnetz geladen. Bei einem vergleichbaren Diesel sind es gerade mal 32,1 Tonnen. Am europäischen Schnitt orientiert verbrauche das der VW ID.3 dem ZDF zufolge sogar nur 27,9 Tonnen CO.

Grund dafür ist mitunter die Tatsache, dass auch die Energie, mit der Stromer versorgt werden, nicht gänzlich erneuerbar ist. Allein in Deutschland hängen derzeit rund 106 große Kohlekraftwerke am Netz.

„Ich distanziere mich von diesem Film“

Wenngleich das ZDF offenbar stellenweise den Anschein einer differenzierten Berichterstattung wecken will, scheint doch die Meinung die wichtigste Rolle zu spielen. Bei Zuschauer:innen kommt das nur bedingt gut an. Schnell braute sich auf Twitter ein regelrechter Shitstorm zusammen.

„Ich habe für die @ZDF Planet e Doku, die Elektroautos so übel runter macht, ein Honorar bekommen“, schreibt mitunter Robin Engelhardt, der ebenfalls in der ZDF-Doku zu sehen ist. „Ich distanziere mich von diesem Film nachdrücklich und will mir nicht sagen lassen, dass ich mit diesem Unfug Geld verdient habe. Deswegen habe ich das Honorar gerade gespendet.“

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Das ZDF hingegen scheint sich nicht weiter zu seiner Dokumentation äußern zu wollen. Bislang hat der Sender nicht öffentlich auf die laute Kritik seiner Zuschauer:innen reagiert.

Quelle: „Mythos Elektroauto – Revolution oder Reinfall?“ (2021, ZDF); „Status 2019 on Energy Use, CO2 Emissions, Use of Metals, Products Environmental Footprint, and Recycling“ (2019, IVL); „A Global Comparfison of the Life-Cycle Greenhouse Gas Emissions of Combustion Engine and Electric Passenger Cars“ (2021, ICCT); „Kohlemotoren, Windmotoren und Dieselmotoren: Was zeigt die CO2 -Bilanz?“ (2019, Sinn et al.); Twitter/@Elektro_Robin; eigene Recherche

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