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NIU M1 Pro im Test: Der smarte E-Roller, der gerne etwas größer wäre

futurezone hat den neuen Elektroroller M1 Pro des Herstellers NIU getestet. In puncto Reichweite kann der wirklich sehr kompakte City-Scooter jedenfalls nicht ganz überzeugen.

E-Roller NIU M1 Pro
Der NIU M1 Pro: Kein Roller für große Menschen! Foto: Marion Helmes

Elektromobilität scheint langsam markttauglich zu werden. Immer mehr E-Modelle sind in Deutschland verfügbar, nur Tesla hat derzeit noch Probleme, das gehypte Model 3 in größeren Stückzahlen herzustellen. Wer nicht mindestens 30.000 Euro ausgeben will und trotzdem in den Genuss eines Elektrofahrzeuges kommen möchte, sollte sich den E-Roller NIU M1 Pro anschauen. Wir sind mit dem kleinen Flitzer für zwei Wochen durch Berlin gefahren und verraten euch im Test, ob wir den kompakten Strom-Scooter weiterempfehlen können.

Ausstattung: Durchdachte Features in kompakter Bauform

Gleich vorweg eine Anmerkung: Der NIU M1 (Pro) ist klein. Extrem klein! Mit einer Körpergröße von 1,94 Meter sind meine Beine während der Fahrt glücklicherweise noch nicht an den Lenker gestoßen, doch auf längeren Strecken bekam ich regelmäßig Rückenschmerzen. Das kleine Format des City-Rollers macht sich leider noch in anderen Bereichen negativ bemerkbar: Er bietet schlichtweg wenig Stauraum für Gepäck.

Das typischerweise unter der Sitzbank platzierte Helmfach funktioniert NIU zu einem Akku-Fach um. Während der Fahrt finden neben der Batterie höchstens noch ein Paar Handschuhe oder eine kleine Tüte Chips dort Platz. Wird der Akku zum Laden aus dem Roller genommen, passt selbst ein Halbschalenhelm nicht in das Fach, zu klein kalkuliert sind die Dimensionen des Stauraums. Andere Hersteller platzieren den (austauschbaren) Akku auch unter der Sitzbank, doch passt dort zusätzlich noch ein Helm oder weiteres Gepäck hinein.

Das Sitzbankfach mit Akku. Viel Platz bietet es leider nicht.
Das Sitzbankfach mit Akku. Viel Platz bietet es leider nicht.
Foto: Jan Pförtner

Praktischerweise kann das Akkufach per „Zentralverriegelung” aufgeschlossen werden. Dazu reicht es aus, den Schlüssel im “Zündschloss“ nach links zu drehen und schon entriegelt sich das Sitzbankschloss.

Stellt man den NIU neben einen Roller der Konkurrenz, fallen seine geringen Ausmaße erst recht auf. Ein Coup-Roller oder eine klassische Vespa sind meist doppelt so breit wie der M1 – und bieten Platz für einen Sozius. Nicht so der NIU. Er ist ausschließlich für eine Person ausgelegt.

Glücklicherweise hat die Bauform des M1 auch Vorteile. Er kann ohne Probleme in einem normalen Aufzug transportiert werden – hilfreich für Bewohner eines Hauses mit einem zusätzlichen Fahrradkeller oder einem großzügigen Hausflur.

Rechts: das neue Modell des Sharing-Anbieters Coup; links: der NIU M1 Pro
Rechts: das neue Modell des Sharing-Anbieters Coup; links: der NIU M1 Pro
Foto: Jan Pförtner

Zudem findet sich auf der Straße immer eine Abstellmöglichkeit, mehr Platz als ein Fahrrad benötigt der Roller nicht, perfekt für ein Leben in der Innenstadt. Ferner ist das Zweirad mit 59 Kilogramm Gewicht besonders leicht. Zum Vergleich: Piaggios kleinste Vespa wiegt ungefähr 116 Kilo. Deswegen bietet sich der NIU allen voran für kleine Menschen an. Auch kurze Beine finden mit ihm sicheren Halt an der roten Ampel.

Positiv hervorzuheben ist die Verarbeitung des Rollers. Die überwiegend aus Plastik gefertigten Bauteile machen einen stabilen Eindruck, zumindest auf intakten Asphalt-Straßen ruckelt nichts. Abgestellt wird der M1 ausschließlich auf einem Seitenständer, der stabilen Halt bietet, auch auf unebenen Flächen.

Intelligente Beleuchtung, die mitdenkt

Ebenso gut umgesetzt ist die Beleuchtung. Die LED-Frontscheinwerfer erhellen effektiv die Umgebung, ebenso ist das Rücklicht ausreichend sichtbar. Aufgrund der durchdachten Platzierung der Scheinwerfer entsteht eine Art “Heiligenschein” rund um den Roller, der die allgemeine Sichtbarkeit des Zweirades drastisch erhöht.

Der M1 Pro ist mit leuchtstarken LED-Scheinwerfern ausgestattet.
Der M1 Pro ist mit leuchtstarken LED-Scheinwerfern ausgestattet.
Foto: Jan Pförtner

Eine eigentlich unwichtige Kleinigkeit habe ich dennoch zu kritisieren: Der Blinker wird neben zwei LEDs am Lenker noch von einem Signalton begleitet. Leider sind diese Indikatoren nicht untereinander synchronisiert. Ertönt der Signalton, leuchtet der Blinker erst kurze Zeit später auf, erscheint das Symbol, hört man den Signalton noch nicht.

Diese Banalität ist allerdings nach dem ersten Abbiegen vergessen, da der Blinker sich überraschenderweise automatisch abschaltet, ein erfreuliches Novum in der Rollerwelt. Genauso ungewöhnlich für ein Zweirad ist der Tempomat, dank dessen der Gasgriff nicht ständig betätigt werden muss – gerade auf längeren Strecken eine bequeme Funktion.

Statt eines analogen Armaturenbretts ist der M1 Pro ausschließlich mit einem ausladendem LC-Display ausgestattet, auf dem alle wichtigen Informationen gut lesbar dargestellt werden. Besonders prominent platziert sind der Ladezustand des Akkus und das digitale Tachometer. Einziger Kritikpunkt ist die Helligkeit des Displays. Tagsüber ist es nicht zu dunkel, in Abendstunden kann es jedoch schnell blenden. Eine Option, die die Bildschirmhelligkeit regelt, war nicht zu finden.

Fahrgefühl: Ein Hauch zu langsam

Angetrieben wird der M1 Pro von einem 1.200 Watt starken Bosch-Elektromotor, der in der Felge des 12-Zoll großen Vorderrades Platz findet. Der Motor gehört nicht zu den performantesten auf dem Markt und wirkt oftmals unterdimensioniert. Der Roller kann in zwei Fahrmodi betrieben werden. In dem “Eco”-Modus fährt der Roller maximal 25 Stundenkilometer, zudem ist die Beschleunigung drastisch reduziert. Durch diese Leistungseinschränkung kommt es zu einem Zuwachs an Reichweite.

Im alltagstauglichen „Sport“-Modus wird der Roller quasi “offen” betrieben. Dabei fährt er maximal 47 Stundenkilometer laut Tacho. Die Beschleunigung ist etwas besser, der Durchzug leider nicht. Gerade zwischen 30 und 45 Stundenkilometern scheint es ein Leistungsloch zu geben.

Insgesamt ist der M1Pro zu langsam, um im Stadtverkehr mithalten zu können. Schafft es ein Coup oder Emmy beim Ampelstart, auch den dicksten BMW abzuziehen, hat der NIU hierbei das Nachsehen und ist immer der Letzte in der Fahrzeugreihe, zumal sich die Konkurrenzmodelle mit Höchstgeschwindigkeiten von circa 55 Stundenkilometern besser in den fließenden Verkehr einfügen.

Wer häufig über Kopfsteinpflaster fährt, sollte sich den Kauf des NIU ebenso überlegen, da der Fahrer bei einer Spritztour über den unebenen Untergrund ordentlich durchgeschüttelt wird.

Ansonsten ist über das Fahrverhalten des M1 Pro nichts Negatives zu berichten. Aufgrund der stabilen Straßenlage vergisst man häufig, wie klein der Roller tatsächlich ist. Kurven lassen sich mit ihm sicher durchqueren. Des Weiteren bieten die Scheibenbremsen genügend Bremskraft. Typisch für einen Elektroroller fallen die Fahrgeräusche äußerst leise aus. Das Rauschen des Windes überdeckt fast alle Abrollgeräusche. Einzig ein futuristisches Surren ist wahrzunehmen.

Schnell geladen, schnell wieder leer

Herzstück und zugleich Schwachstelle des M1 Pro ist der acht Kilogramm schwere Akku. Dieser ist entnehmbar und sieht aus wie ein kompakter Desktop-PC. Mit einer Kapazität von 32 Amperestunden beträgt die Reichweite laut Hersteller 80 Kilometer – aber nur, wenn man nicht schneller als 20 Stundenkilometer fährt. Wird das volle Geschwindigkeitspotenzial des Rollers ausgenutzt, reduziert sich die Reichweite laut NIU auf etwa 50 Kilometer.

Im Test habe ich gar nicht erst versucht, die 80-Kilometer-Angabe nachzustellen, da ich mir nicht vorstellen kann, das ernsthaft jemand derart langsam fahren wird. Wo auch? Der sich anbietende Fahrradweg darf mit dem E-Roller nicht befahren werden, die dicht befahrene Stadtstraße bietet bereits bei 45 Stundenkilometern keinen Fahrspaß mehr. Bei halber Geschwindigkeit wäre ein Unfall bereits vorprogrammiert.

Vielmehr versuchte ich ein realistisches Fahrprofil nachzustellen, das heißt Höchstgeschwindigkeit gepaart mit regelmäßigem Stop-and-Go. Typischer Stadtverkehr. Bereits nach 15 Kilometern sank der Ladestand des Akkus auf 60 Prozent. Nach einer zweiwöchigen Testphase pendelte sich der Verbrauch ein, mit einer Akku-Ladung kam ich durchschnittlich 30 bis 40 Kilometer weit. Aufgeladen wird der Akku an einer normalen Schuko-Steckdose mit Hilfe eines recht sperrigen Netzteils. Ein kompletter Ladevorgang dauert ungefähr 6 Stunden.

Das Ladegerät ist etwas groß geraten, wird jedoch glücklicherweise nicht zu heiß beim Ladevorgang.
Das Ladegerät ist etwas groß geraten, wird jedoch glücklicherweise nicht zu heiß beim Ladevorgang.
Foto: Jan Pförtner

Praktisch ist die LED-Anzeige an der Oberseite des Akkus, die über den aktuellen Ladestand informiert. Laut NIU muss der Akku nach 600 Ladezyklen ausgetauscht werden. Rechnet man mit den von uns ermittelten Durchschnittswerten, ist nach 18.000 Kilometern ein neuer Akku von Nöten.

Der Akku des NIU ähnelt einem Desktop-PC.
Der Akku des NIU ähnelt einem Desktop-PC.
Foto: Jan Pförtner

Preis und Verfügbarkeit

Der NIU M1 ist in zwei Versionen verfügbar. Die von uns getestet Pro-Version kostet 2.300 Euro. Die Sport-Variante kostet 2.000 Euro und kommt mit einem schwächeren 800-Watt Motor und einer angegebenen Reichweite von 60 Kilometern.

Fazit: Ein feines, aber kurzes Vergnügen

Der NIU M1 Pro ist kein schlechter E-Roller. Seine robuste Verarbeitung weiß zu überzeugen, genauso die durchdachten und neuartigen Features, die den Roller-Alltag einfacher und sicherer machen. Wegen der kompakten Bauweise sollten vor allem kleine Fahrer mit ihm gut zurechtkommen.

Doch in einer wichtigen Kategorie enttäuscht der M1 Pro leider: der Reichweite. Da eine Akkuladung nur Strom für 35 Kilometer Fahrstrecke bereithält, muss der Roller manchmal bereits innerhalb eines Tages wieder ans Netz. In der Stadt mag diese geringe Reichweite möglicherweise eingeschränkt ausreichen, doch sobald eine längere Überlandfahrt in die nächste Gemeinde ansteht, wird es bereits eng.

Mit einem Preis von 2.300 Euro ist der NIU zudem kein Schnäppchen, ein Kauf sollte also gut überlegt sein. Wer nur ab und zu einmal etwas Elektroroller fahren möchte und in Berlin lebt, dem sei der Scooter-Sharing-Service Coup eher zu empfehlen.

Wer das Geld hat und sich ein kompaktes Fahrzeug wünscht, der kann guten Gewissens beim NIU M1 Pro zugreifen. Selbst dann empfehlen wir allerdings einen zusätzlichen Rucksack für’s Gepäck und eine Steckdose in der Nähe.

Technische Daten NIU M1 Pro

  • Länge: 1.640 mm
  • Breite: 657 mm
  • Höhe: 1.099 mm
  • Bodenfreiheit: 126 mm
  • Radstand: 1.150 mm
  • Masse: 59 Kg

Akku

  • Zellentyp: Lithium-Ionen-Akku
  • Ladezeit: 6 Stunden
  • Reichweite laut Hersteller: 50 bis 80 Kilometer
  • Höchstgeschwindigkeit: 45 Stundenkilometer

Der NIU M1 Pro wurde uns vom Ber-Lean TechCenter zur Verfügung gestellt.

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