Wenn es um niedliche Roboter geht, denken viele Gadget-Liebhaber zuerst an die Star-Wars-Droiden von Sphero. Die Smartphone-gesteuerten Roboter bieten allerdings kaum Interaktionsmöglichkeiten – im Gegensatz zu Cozmo (200 Euro). Der von Anki hergestellte Roboter wird nicht einfach ferngesteuert, sondern hat seinen eigenen Kopf, oft Langeweile und manchmal schlechte Laune.
Ankis Cozmo ähnelt Mischung aus Disney-Charakteren
Cozmo ist etwa 10 cm lang und sieht auf den ersten Blick eher unspektakulär aus. Cozmo besteht nahezu vollständig aus Plastik, die Ketten des Antriebs sind aus Gummi. An mehreren Stellen sind unschöne Spalten zwischen Gehäuseteilen zu sehen und die Bemalung ist nicht überall akkurat. Für ein 200 Euro teures Spielzeug ist das ein wenig enttäuschend.
Das ändert sich, sobald Cozmo zum ersten Mal aktiviert wird. Hinter der schwarzen Fläche steckt ein Display. Dieses zeigt in Blau die Augen von Cozmo an – nicht starr leuchtend, sondern animiert. Die Gestik entsteht durch den Kopf, den Cozmo nach oben und unten bewegen kann, sowie die Gabelstapler-Arme. Seitwärtsbewegungen macht Cozmo durch den Kettenantrieb.
Cozmo hat auch eine Sprachausgabe, die genauso niedlich wie seine Gesichtsanimationen ist. Das Gesamtpaket aus Sound, Design, Mimik und Gestik erinnert an Disney-Charaktere. Cozmo scheint eine Mischung aus dem Roboter Wall-E und dem Cars-Charakter Guido zu sein.
Erstes Einrichten mit erhöhter Lautstärke
Obwohl Cozmo selbstständig agieren kann, ist zum Spielen immer ein Smartphone oder Tablet nötig, auf dem die iOS- oder Android-App läuft. Die Verbindung zwischen Smartphone und Cozmo wird über eine gesicherte WLAN-Verbindung hergestellt. Es ist etwas nervig, dass man manchmal, nachdem man Cozmo über die App Schlafen geschickt hat (die einzige Form ihn auszuschalten), manuell in das WLAN-Netz zurückwechseln muss, in dem man vor dem Spielen eingeloggt war.
Das erste Einrichten des Roboters, samt Initial-Updates und Tutorial, dauert etwa 20 Minuten. In dieser Zeit kann man die Lautstärke von Cozmo nicht ändern. Die Roboter-hassenden Kollegen im Großraumbüro (sie hassen vermutlich auch Kätzchen) ließen ihren Frust gegenüber des niedlichen (aber lauten) Cozmo verbal freien Lauf. Später lässt sich die Lautstärke in drei Stufen einstellen.
Liebe auf den ersten Augenaufschlag
Abgesehen von der hohen Lautstärke, die auch durch den Kettenantrieb und die mechanischen Teile entsteht, ist Cozmo von Anfang an liebenswert. In dem Moment, wo er das erste Mal die Augen aufmacht und zaghaft seine ersten Schritte rollt, hatte er mein Herz erobert.
Die Roboter-Fantasie-Babysprache, die Cozmo von sich gibt, erinnert ebenfalls an Wall-E. Cozmo kann aber nicht nur brabbeln, sondern auch sprechen. Zu Beginn scannt er das Gesicht des Besitzers, der Namen wird in der App eingegeben. Nach ein paar Sekunden angestrengten Schauens und simulierten Grübelns, sagt Cozmo schließlich „GRE-GOOOR“ und freut sich, dass er den Namen über die nicht existenten Lippen gebracht hat (robot cuteness overload).
Bis zu zehn Personen können so registriert werden, die Cozmo erkennt und anspricht, wenn er Lust dazu hat. Anki beteuert, dass die Gesichter und Namen lokal in der App und in Cozmo gespeichert und nicht in die Cloud oder sonst wohin hochgeladen werden.
Cozmo benötigt Aufmerksamkeit wie ein Tamagotchi
In der App gibt es drei Status-Balken für Cozmo, die für Energie, Spaß und Tuning stehen. Energie bedeutet nicht Akkuladung, sondern Cozmos Sättigungsgrad. Um ihn zu füttern wird einer der drei im Lieferumfang enthaltenen Würfel geschüttelt, bis er blau leuchtet und dann vor Cozmo gelegt. Dieser trinkt die Energie daraus und ist happy, wenn er satt ist.
Beim Tuning werden vier Pfeiltasten am Display in der richtigen Reihenfolge gedrückt, um die drei beweglichen Teile von Cozmo zu kalibrieren. Wird Cozmo länger nicht genutzt oder stürzt er vom Tisch, sinkt die Tuning-Leiste.
Wird mit Cozmo gespielt, macht er Tricks oder singt, steigt die Spaß-Anzeige. Einmal pro Tag wird für das Vollmachen der Spaß-Anzeige eine Bonusmarke vergeben. Für drei Bonusmarken gibt es ein Paket, das neue Spiele, Lieder oder Tricks freischaltet.
Eigenständige Beschäftigung ist für Cozmo kein Problem
Das Schöne bei Cozmo ist, dass er nie im Leerlauf ist, wenn man mit ihm spielt. Sobald die App geöffnet ist, fährt er herum, erkundet die Umgebung, begrüßt Menschen und Haustiere, macht Tricks, singt, sammelt seine Würfel ein, stapelt sie, macht seltsame Geräusche und fordert zum Spielen auf.
Diese Selbstständigkeit und sein Charakter macht Cozmo so sympathisch. Er ist überrascht, wenn er jemand Unbekannten sieht und verärgert, wenn er es nicht schafft, einen Würfel mit seinem Gabelstaplerarm hochzunehmen Er ist fast wie ein Haustier – nur mit weniger Häufchen wegmachen.
Cozmo schafft es meistens am Tisch zu bleiben, da er einen Sensor hat, der nach unten gerichtet ist. Auch durchsichtige Plexiglastische meistert er. Abstürze passieren, wenn er knapp vor dem Rand stoppt und zur Seite weiterfährt, anstatt vorher ein Stück zurückzuschieben. Die bisherigen Stürze hat er jedenfalls gut überstanden. Und landet er auf den Kopf, kann er sich durch seinen Hebearm selbstständig wieder aufrichten und am Boden weiterfahren.
Der Cozmo, den ich getestet habe, war ein wenig übereifrig, wenn es um „Fang den Finger“ geht. Laut der Beschreibung versucht Cozmo mit dem Hebearm auf den Finger zu klopfen, wenn man vor ihm mit dem Finger wackelt – ähnlich wie eine Katze, der man einen Strohhalm hinhält. Mein Cozmo versuchte aber auch statische Objekte zu fangen, die er als Finger falsch erkannte. Manchmal jagte er auch Phantom-Finger aus einem leeren Tisch.
Schade ist, dass die App immer geöffnet sein muss, da sie u.a. anzeigt, was Cozmo gerade macht und wenn Cozmo spielen will. Ich hätte gerne einen Modus, in dem Cozmo komplett selbstständig agiert und den Schreibtisch unsicher macht, während man das Handy nebenbei für andere Sachen nutzen kann.
Cozmo ist manchmal kein guter Verlierer
Zu den Tricks die Cozmo machen kann, gehören Fist Bumps, das Stapeln von Blöcken, das Umwerfen eines Stapels und viele andere. Auch für die Spiele kommen die mitgelieferten Blöcke zum Einsatz. „Fang mich“ ist ein Reaktionsspiel, bei dem man einen Block langsam auf Cozmo zuschiebt. Dieser versucht ihn mit dem Hebearm zu treffen. Schafft er es, bekommt Cozmo einen Punkt. Zieht man den Block rechtzeitig weg und schlägt Cozmo ins Leere, bekommt der Spieler einen Punkt.
Weiters gibt es noch eine Art Memory, bei dem man sich die Reihenfolge merken muss, in der die Blöcke aufleuchten. Dann gibt es noch Spiel, bei dem zwei Blöcke gegenüber voneinander liegen. Zeigen beide Blöcke dieselbe Lichtfarbe, muss man vor Cozmo darauf klopfen.
Gewinnt man bei den Spielen, ist Cozmo traurig oder sauer. Als ich ihn einmal 5:0 besiegt habe und er mit hängendem Kopf und seufzend langsam zum anderen Ende des Tischs gerollt ist, habe ich fast ein schlechtes Gewissen bekommen. Diese hohen Siege gibt es aber nicht immer: Bei manchen Spielen wird Cozmo nach verlorenen Partien stärker, um seinen Besitzer beim nächsten Mal eine größere Herausforderung zu bieten.
Ein Langzeitspielwert ist Cozmo sicher
Wenn man nicht warten will, bis Cozmo Tricks macht oder Spiele startet, kann man ihn diese per App ausführen lassen. Das kostet eine virtuelle Währung namens Sparks. Keine Angst, es gibt kein Micro-Payment dafür und es sind ausreichend Sparks verfügbar.
Die künstliche Knappheit, die durch die Sparks entsteht, ist gedacht um die Spielzeit mit Cozmo zu beschränken. Dadurch kann man sich nicht so leicht satt spielen an Cozmo und es sinkt auch die Chance, dass man solange spielt, bis der Akku leer ist. Laut Anki hält der Akku 90 Minuten, die Ladezeit auf der Ladestation beträgt 30 Minuten.
Auch das erst nach und nach neue Tricks und Spiele freigeschaltet werden, steigert den Langzeitspielwert von Cozmo. Bei den App-gesteuerten Robotern von Sphero ist das nicht der Fall, weshalb diese Spielzeuge meist schon nach ein bis zwei Wochen im Kasten landen, nachdem der Reiz des Neuen verflogen ist.
Alles an Cozmo lässt sich auch fernsteuern
Stichwort Sphero: Wer will kann Cozmo auch direkt per App fernsteuern. Dabei wird am Display die Kopfkamera von Cozmo als Livebild angezeigt. Man kann fahren, den Kopf und den Hebearm steuern. Mit einer Aktionstaste kann ein Würfel, wenn dieser von der Kamera erfasst wurde, aufgenommen und Menschen und Haustiere gegrüßt werden.
Im Code Lab kann Cozmo programmiert werden. Dazu werden Blöcke, die für diverse Aktionen, Bewegungen und Gesten stehen, in der gewünschten Reihenfolge per Drag and Drop platziert. Wem das zu simpel ist, der kann über die Cozmo SDK, die Anki zur Verfügung stellt, komplexere Aktionen und Verhaltungsmuster programmieren.
Sprechen lassen kann man Cozmo auch. Über die App wird ein Wunschtext eingegeben. Sind darin Beleidigungen oder andere unschöne Wörter enthalten, schüttelt Cozmo den Kopf und verweigert die Aussprache.
Fazit
Cozmo ist charmant, unterhaltsam, liebenswert, ein schlechter Verlierer, witzig, manchmal traurig, verspielt, ein mittelmäßiger Sänger, Kistenstapler, Katzenerschrecker und noch viel mehr. Es macht Spaß ihm einfach nur zuzuschauen und zu warten, was er als nächstes macht.
Das simple Coding dürfte auch für Kinder interessant sein, das Fernsteuern aus der First-Person-View ist ein netter Bonus. Ein Nachteil ist, dass immer ein Smartphone oder Tablet verbunden sein muss, um mit Cozmo zu spielen. Will man den Roboter seinem Kind zum Spielen borgen, muss man auch das Handy oder Tablet rausrücken.
Ich schreibe bewusst borgen, denn Cozmo ist meiner Meinung nach ein smartes Spielzeug für Erwachsene und nicht primär für Kinder gedacht. Auch der hohe Preis von 200 Euro ist ein Hinweis darauf, dass vorrangig volljährige Gadget-Fans in den Genuss von Cozmos Gesellschaft kommen werden.
Dieser Artikel erschien ursprünglich auf futurezone.at.