Im Mittelpunkt des Events am 02. März stand – wer auch sonst – Blockstack selbst. Die Plattform bietet Raum für verschiedene Start-ups, ihre dezentralisierten Apps – oder „DApps“ – zu präsentieren oder anzubieten. Derzeit sind erst wenige davon tatsächlich bereit für die fehlerfreie Anwendung, viele weitere befinden sich jedoch noch im Aufbau und bekamen beim Funding Event am Freitag die Möglichkeit, sich vorzustellen und zu erklären.
Das Besondere an Blockstack
Einer der Schwerpunkte der Plattform ist es, ein dezentralisiertes Internet zu schaffen – das Internet der Zukunft, wie die Gründer es sagen. Das heißt, dass sie die Nutzer unter anderem von Datenkraken wie Facebook, Google, Amazon und Co. befreien wollen, um der Privatsphäre wieder Einzug in die Welt des Webs zu verschaffen. Das soll erreicht werden, indem man die komplette Plattform auf Blockchains fußen lässt und auch der Zahlungsverkehr ausschließlich durch Kryptowährungen – vor allem Ethereum – stattfindet.
Jedoch ermöglicht Blockstack lange nicht nur den Zahlungsverkehr zwischen den Usern. Denn die DApps, die entweder schon bereitstehen, oder sich zumindest bereits in Arbeit befinden, lassen dem Inhaber einer Blockstack-ID alle Optionen offen, sich frei auszuleben. Sie bieten zudem ebenbürtige, jedoch angeblich sichere Alternativen zu den Anwendungen der Datenkraken.
Graphite statt Google Documents
In seinen Funktionen kommt die dezentralisierte App „Graphite“ dem Google-Tool „Documents“ sehr nahe. Man kann Texte verfassen, Tabellen anlegen und die jeweiligen Ergebnisse mit Kontakten teilen – eben alles, was das Herz begehrt. Im Gegensatz zur Google-Anwendung läuft das ganze jedoch nicht über externe Server, sondern bleibt solange auf dem eigenen Rechner – beziehungsweise im Blockstack-Storage – bis man es mit einem Kontakt der Wahl teilt.
Selbst dann werden die Dokumente allerdings verschlüsselt und können tatsächlich nur vom zuvor bestimmten Empfänger geöffnet werden. Der Graphite-Gründer Justin Hunter bezeichnete sich im Rahmen seines Vortrags bei Blockstack Berlin als Schreib-Enthusiasten, der zuvor vor allem Google zum verfassen seiner Texte nutzte. Aufgrund des mangelnden Vertrauens, das man von den meisten der Redner gegenüber Google empfing, entschied er sich also, selbst eine Alternative zu schaffen, mit der Nutzer selber bestimmen können, wer ihre Dokumente zu Gesicht bekommen soll.
Nicht nur ein Accessoire
„Live keyless, cardless & free of passwords.“ – damit wirbt Token auf seiner Webseite. Auch beim Blockstack Event durfte ein solches Produkt natürlich nicht fehlen. Der unscheinbare Ring trägt wesentlich mehr in sich, als er zunächst den Anschein erweckt und soll ein sicheres Leben in einer digitalen Welt ermöglichen. Zukünftig soll der Ring nicht nur Kreditkarten, sondern noch dazu Auto- und Haustürschlüssel, Bahnfahrkarten und Passwörter überflüssig machen.
Der integrierte Fingerabdruckscanner soll sicherstellen, dass tatsächlich nur die Person, die auf den jeweiligen Token angemeldet ist, diesen auch nutzen kann. Scherzhaft nahm Melanie Shapiro, CEO von Token, beim Event vorweg, dass ein lebendiger Finger für die Nutzung des Tokens herhalten müsse. Damit wollte sie der Frage vorbeugen, was denn passieren würde, wenn einem jemand den Finger amputieren würde, um die Informationen des Tokens nutzen zu können.
Aus Moskau zur Privatsphäre
Bei so vielen Rednern ist es nicht zu vermeiden, dass sich auch im Rahmen eines gemeinsam angestrebten Ziels die Meinungen scheiden. Vor allem im Punkt der Privatsphäre gingen diese auseinander.
Edward Snowden, der ironischerweise per Google-Video-Call für ein Interview dem Event zugeschaltet wurde, nahm unter anderem auch zu diesem Punkt explizit Stellung. Er arbeitete in seiner Vergangenheit nämlich nicht nur für die NSA, sondern auch für die CIA und bekam so einen Einblick in die verschiedenen Methoden, mit denen Staaten in die Privatsphäre ihrer Bevölkerung eintauchen, wie er nur wenigen vergönnt ist.
Entgegen Snowdens Aussage, dass die Privatsphäre maximalem Schutz bedürfe und er Blockstack daher voll unterstütze, machte Albert Wenger von Union Square Ventures darauf aufmerksam, dass mit steigender Privatsphäre nicht nur neue Potentiale, sondern auch Gefahren auf uns zukommen. Dabei nahm er einen generellen Bezug auf neue Technologien, um aufzuzeigen, dass jede neue Errungenschaft der Menschheit sowohl gute, als auch schlechte Seiten haben kann. Er untermauerte seine Argumentationen unter anderem mit der Entdeckung des Feuers, das zum einen wärmen, zum anderen jedoch auch zerstören kann.
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Das dezentralisierte Internet
Dennoch scheinen sich mit der Idee einer Plattform wie Blockstack mehr als nur ein paar Wenige angefreundet zu haben. „Peer to peer“ – diese Worte sollen die Zukunft prägen und es Nutzern erlauben, auch online wieder ihre eigene Identität zu haben und nicht nur eine, die einem Netzwerke wie Facebook zur Verfügung stellen. Ohne Kontrollinstanzen und datensammelnde Server soll das Web 3.0 sich weg vom Cloud-Computing bewegen und die Zukunft einläuten.
Mit dem dezentralisierten Internet – ob über Plattformen wie Blockstack oder andere, die in den kommenden Jahren aus dem Boden sprießen könnten – soll der User wieder Herr seiner eigenen Identität, seines eigenen Speichers und der Pfade werden, die er im Internet hinterlassen möchte. All das, was zuvor durch Server und Sammel-Konzerne gesteuert wurde, soll nun wieder à la Robin Hood zu den Menschen zurückkehren und über DApps organisiert werden können. Das ist die Vision der Zukunft und des dezentralisierten Web 3.0.