In der Blitzphysik gibt es immer noch zahlreiche offene Fragen, berichteten die Experten vom österreichischen Blitzortungssystems ALDIS . Nicht klar ist etwa, was in den Bruchteilen einer Sekunde passiert, wenn ein Blitz in der Wolke ausgelöst wird. Die gemessenen Feldstärken in der Wolke sind meistens zu gering und können nicht der Grund sein. Die nötigen Zutaten für den Blitz sind aber bekannt.
Notwendig ist ein sehr großer Temperaturunterschied zwischen bodennahen und höheren Luftschichten, dann können mächtige Gewitterwolken entstehen, die in Mitteleuropa Höhen von zwölf Kilometern und mehr erreichen. In diesen Wolken toben mächtige Auf- und Abwinde, mit Geschwindigkeiten von rund 100 bis 150 km/h. Diese Winde schleudern Wassertropfen, Eiskristalle und Hagelkörner durch die Wolke. Dabei kommt es zu elektrostatischer Aufladung, ähnlich wie beim Reiben eines Luftballons an Stoff, erläuterten die Experten.
Wolke-Wolke oder Wolke-Erde?
Im oberen Bereich der Gewitterwolke (rund acht bis zwölf Kilometer) sammeln sich bevorzugt positiv geladenen Teilchen, in den unteren Bereichen (circa drei bis sechs Kilometer) bevorzugt negative Teilchen. Warum das so ist, ist immer noch nicht völlig geklärt, berichteten die Blitz-Experten von ALDIS. Erreicht der Unterschied zwischen Plus- und Minus-Bereich dann eine bestimmte Größe, kommt es zu einem großen elektrischen Funken: dem Blitz. Je nach Ladungsausgleich handelt es sich um einen Wolke-Wolke- oder einen Wolke-Erde-Blitz.
Die sichtbare Blitzentladung (Flash) wird durch einen sogenannten ersten Leitblitz vorbereitet, der für das menschliche Auge nicht sichtbar ist. Bei fast allen Blitzen startet dieser Leitblitz in der Wolke und wächst ruckartig in Stufen von 50 bis 200 Metern in Richtung Erde vor. Erreicht der Leitblitz den Boden wird dieser entladen und der ganze vorbereitete Kanal leuchtet hell auf. Das ist dann der sichtbare Blitz.
Wieso flackern Blitze?
Im Kanal der ersten Entladung folgen dann oft mehrere weitere Entladungen, sogenannte Folgeblitze, im Abstand von wenigen Tausendstel Sekunden. Bis zu 20 und mehr solcher Folgeblitze können innerhalb von einer Sekunde auftreten. Bei einer größeren Zahl dieser Folgeblitze können wir oft mit freiem Auge ein Flackern des Blitzes erkennen. Die Stromflussdauer einer einzelnen Entladung liegt bei wenigen 100 Millionstel Sekunden. Die Pause zwischen zwei Folgeblitzen beträgt zwischen einigen Millisekunden und einigen 100 Millisekunden.
Ein „Zerreißen“ der Luft
Ein Blitz erreicht dabei Stromstärken zwischen 2.000 Ampere (2 Kiloampere) und 300.000 Ampere (300 Kiloampere). Der Großteil der Blitze hat Stromstärken zwischen zehn und 30 Kiloampere. Der Strom im Blitzkanal heizt die Luft schlagartig auf rund 30.000 Grad Celsius auf. Da heiße Luft mehr Raum benötigt als kühle Luft, entsteht ein extremer Überdruck. Bildlich gesprochen „zerreißt“ die Hitze die Luft und verursacht einen Knall. Dieser Überdruck (Knall) breitet sich als Druckwelle in alle Richtungen rund um den Blitzkanal aus.
Aufgrund der Schallgeschwindigkeit von 330 Metern pro Sekunde dauert es mehrere Sekunden bis die Druckwelle bei einem Beobachter ankommt. Der Blitz ist früher zu sehen, da die Lichtgeschwindigkeit viel höher ist und somit schneller beim Beobachter ankommt. Das lang gezogene Donnergrollen entsteht durch das zeitlich verzögerte Eintreffen der Druckwelle von verschiedenen Teilen des Blitzkanals und durch Echoeffekte.