Verschränkung ist ein zentrales Element der Quantenkommunikation. Zwei Teilchen bleiben durch dieses Phänomen wie durch Zauberhand miteinander verbunden. Wiener Physiker berichten nun im Fachjournal Nature Communications, erstmals Teilchen, die über mehrere Eigenschaften verschränkt sind, durch die Atmosphäre übertragen zu haben. Eine solche „Hyperverschränkung“ könnte die Quantenkommunikation beschleunigen.
Spukhafte Fernwirkung
Beim quantenphysikalischen Phänomen der Verschränkung – von Albert Einstein als „spukhafte Fernwirkung“ bezeichnet – bleiben zwei Teilchen, etwa Photonen, über beliebige Distanzen miteinander verbunden. Was immer man mit einem Teilchen tut, beeinflusst scheinbar augenblicklich auch den Zustand des anderen Teilchens. Das kann man sich zunutze machen, um Informationen zu übertragen.
Könnte man zwei Münzen verschränken, hätte das bei einem Münzwurf folgende Auswirkungen: Sobald man bei einer Münze nachschaut und sieht, dass es Kopf ist, liegt augenblicklich auch bei der anderen Münze Kopf oben – auch wenn diese beliebig weit entfernt ist.
Schneller und effizienter
Wie im Fall der Münzen konzentrierten sich Verschränkungs-Experimente meistens nur auf eine Eigenschaft der Teilchen. Bei Photonen ist dies üblicherweise ihre Polarisation, also die Schwingungsrichtung des Lichts. „Diese Eigenschaft ist äußerst robust und daher experimentell sehr praktisch“, erklärte Fabian Steinlechner vom Wiener Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) gegenüber der APA.
Die Verschränkung mehrerer Eigenschaften hätte den Vorteil, dass damit Geschwindigkeit und Effizienz der Quantenkommunikation gesteigert werden könnten. Allerdings konnte diese „Hyper-Entanglement“ (nach dem englischen Begriff für Verschränkung) genannte Verschränkung von Teilchen über mehrere Eigenschaften bisher nur im Labor nachgewiesen werden.
Verschränkte Teilchen störungsunanfällig
Für die Kommunikation über größere Distanzen wäre aber die Übertragung durch die Atmosphäre wesentlich, wo es zu Störungen und Verfälschungen kommen könnte. Diese Befürchtung haben Steinlechner und sein Kollege Sebastian Ecker nun entkräftet. In der Forschungsgruppe von Rupert Ursin haben sie Photonen in zwei Eigenschaften verschränkt und damit Quanteninformation mit Hilfe des Hedy Lamarr-Teleskops am Dach des IQOQI bis zu einer Empfangsstation am Dach des alten Gebäudes der Wirtschaftsuniversität (beide in Wien-Alsergrund) übertragen.
Neben der Schwingungsrichtung haben sie als zweite Eigenschaft den Zeitpunkt der Erzeugung der Photonen verwendet. Aus technischen Gründen haben sie sich dabei im Experiment auf zwei konkrete Zeitpunkte limitiert. „Jedes Photon konnte daher zwei Zeit- und zwei Polarisationszustände, also insgesamt vier mögliche Zustände, annehmen“, sagte Steinlechner.
Im Gegensatz zur Polarisation sei die Zeitverschränkung nicht auf zwei Zustände beschränkt. „In Zukunft könnten wir wesentlich mehr Zeitpunkte verwenden und damit die Informationskapazität von Quantenverbindungen durch die Luft erheblich steigern“, sagte der Physiker. Das wäre vor allem für künftige Satellitenexperimente von Bedeutung.