Es war das Jahr der Fidget Spinner. Während 2016 der Pokémo Go-Hype nicht zu stoppen schien, folgte 2017 darauf das Zwirbeln statt Tippen. Gibt man den handtellergroßen, propellerähnlichen Spielzeugen den richtigen Schwung, wirbeln die Kreise teilweise minutenlang. Nicht nur die Qualität des Kugellagers ist also dafür entscheidend, sondern auch die Fingerfertigkeit des Benutzers.
Von den USA kam der Fidget Spinner schnell auch nach Deutschland. Die Nachfrage hierzulande entwickelte sich „in Lichtgeschwindigkeit“, berichtete Willy Fischel, Geschäftsführer des Bundesverbands des Spielwaren-Einzelhandels bereits im Frühsommer der Huffington Post. Hunderttausende der Kreisel waren bis dato bereits in Deutschland verkauft worden. Im Sommer hatte der Trend einen solchen Höhepunkt erreicht, dass viele deutsche Händler die große Nachfrage kurzzeitig nicht bedienen konnten.
Vom Weltall bis zu irdischen Pornos – überall Fidget Spinner
Der Trend – der deshalb so erstaunlich war, weil es sich bei Fidget Spinnern um analoge Spielzeuge ohne technische oder digitale Features handelt – hielt dann doch noch Einzug ins Virtuelle. Daten von Statista und prioridata zufolge, schaffte es die Fidget Spinner-App von den Entwicklern Ketchapp und Arcade im Juni 2017 auf ganze 513.000 Downloads allein in Deutschland. Sie belegte damit Platz fünf im Ranking der beliebtesten Android-Apps im Google Play Store.
Derweil kursierten im Netz allerhand Tipps und Tricks für immer besseres Spinning: Die YouTuber Dude Perfect etwa konnten mit ihren Videos bis zu fast 20 Millionen Fans begeistern. Dann kam schließlich ein Fidget Spinner-Handy auf den Markt – für schlappe 15 Euro. Selbst Astronauten der NASA nahmen den Trend auf und testeten die Drehspielzeuge in der Schwerelosigkeit. Google hatte zwischenzeitlich einen virtuellen Fidget Spinner in seinen Suchergebnissen versteckt. Und ein Affe im Tierpark Schönbrunn hatte wohl seine Freude an dem Gadget. Dann explodierte auch noch regelrecht die Anfrage nach Fidget Spinner-Inhalten auf der Porno-Website Pornhub.
Kritiker: Satanszeichen oder Hypnose?
Der Hype rief schnell auch Kritiker auf den Plan. Verschwörungstheoretiker vermuteten hinter der Fingerhaltung der Spieler ein satanisches Zeichen. Die amerikanischen Behörden gingen zwar nicht so weit, sprachen aber im August eine offizielle Warnung vor den beliebten Spielzeugen aus, nachdem in zwei US-Bundesstaaten Fälle von explodierenden Fidget Spinnern bekannt geworden waren. Die russischen Kollegen wiederum unterstellten den Gadgets eine hypnotische Wirkung, die Menschen „anfällig für Manipulation“ machten. Nicht ganz ungefährlich war zuletzt der Auswuchs des Spieletrends in Form von Mini-Armbrüsten, die in China verkauft werden.
Erfinderin geht leer aus
Der Erfinderin der Fidget Spinner brachte das Spielzeug allerdings kein Glück. Sie musste ihr bereits 1997 angemeldetes Patent darauf aus finanziellen Gründen wieder abtreten und lebt heute in einem billigen Apartment, anscheinend sogar ohne Festnetzanschluss. So profitieren am Ende nur Online-Anbieter wie Amazon und vor allem Produzenten aus China vom Verkauf der Fidget Spinner.
Kleinster Fidget Spinner der Welt
Gen Ende des Jahres scheint der Hype um Fidget Spinner nun endgültig vorbei zu sein. Dennoch gibt es eine Sphäre, in der sie weiter eine nicht ganz unwichtige Rolle spielen: die der Wissenschaft. So haben Forscher des Oak Ridge National Laboratory’s Center for Nanophase Materials Sciences in Tennessee nun den kleinsten Fidget Spinner der Welt präsentiert. Er ist mit nur 100 Mikrometern beziehungsweise ein Zehntel Millimetern Breite kleiner als ein einziges menschliches Haar.
„Wir haben einen kleinen Fidget Spinner gemacht, um eine unserer einzigartigen Fähigkeiten zu demonstrieren, nämlich ein photonenbasiertes 3D-Druck-System“, erklärte Senior Staff Scientist Adam Rondinone dem Magazin Digital Trends. Das System nutze durch konvergente, also zusammenlaufende Laserstrahlen den Prozess der Photopolymerisation. Dabei wandeln sich flüssig Stoffe durch UV- oder elektromagnetische Strahlung in feste. So auch beim Fidget Spinner. Das klingt erst einmal kryptisch.
Rondinone zufolge kommt dieser Prozess aber in vielen ihrer wissenschaftlichen Projekte zum Einsatz. „Der Spinner war eine Demonstration, die dem wissenschaftlichen und öffentlichem Interesse diente.“ Im Entwicklungsprozess des Spinners habe man auch Design-Prinzipien erworben, die auch für die Produktion von anderen Geräten dieser Größenordnung wichtig sein werden. „Microscale 3D-Printing“ nennt sich das Verfahren. Mit diesem „Mikro-3D-Druck“ arbeiten beispielsweise auch die Forscher am MIT. Die Entwicklung kleinstmöglicher Objekte wie des Fidget Spinners soll die Bandbreite von 3D-Druckverfahren enorm vergrößern. Schließlich ist es das Ziel der Forschung, kostengünstige und maximal effizient irgendwann alles in 3D drucken zu können – vom Spielzeug bis zum Bürogebäude.