Heute berichteten wir bereits darüber, wie unverzichtbar das Smartphone als Kommunikationsmittel für viele Flüchtende ist. Nizar Al Hussan, Filmemacher und selbst Geflüchteter, erzählte uns von den Apps, die auf der Flucht aus Kriegsgebieten nach Europa am meisten genutzt werden. Doch was passiert eigentlich, wenn Flüchtlinge an einem Ort ankommen? Ist dieser Ort dann passend für sie, ihren Hintergrund und eine gelingende berufliche und soziale Integration?
Passende Jobs schneller finden
Forscher von der Stanford University und der ETH Zürich haben einen Algorithmus basierend auf maschinellem Lernen entwickelt, der diese Herausforderung erleichtern soll. Dieser analysiert historische Daten von Neubesiedlungen durch Flüchtlinge in den USA und in der Schweiz. Das Ergebnis: Die letztendliche, wirtschaftliche Unabhängigkeit von Geflüchteten hing bisher von einer Kombination aus individuellen Eigenschaften wie Bildungsniveau und Englischkenntnissen, sowie davon ab, wo sie innerhalb des jeweiligen Landes angesiedelt wurden.
Demnach helfe der Algorithmus Flüchtlingen, einen Job zu finden. Die Chance auf einen individuell passenden Job sei der Studie zufolge 40 bis 70 Prozent höher, als wenn die Betroffenen auf konventionelle Art danach suchen würden.
„Betrachtet man die Flüchtlingskrise global, ist klar, dass sie nicht so schnell verschwinden wird und dass wir studienbasierte Strategien brauchen, um sie anzugehen“, sagte Jeremy Weinstein, Professor für Politikwissenschaft an der Stanford University im Science Magazine, in dem die Studie veröffentlicht wurde. Außerdem hoffe man, eine politische Diskussion über die Integration von Flüchtlingen anzustoßen, „die nicht nur auf nationaler Ebene in den Vereinigten Staaten, sondern international geführt wird“, so Weinstein.
Asylprozess per Algorithmus beschleunigen
Dafür könnte der Algorithmus so gut wie ohne Kosten implementiert werden. Besonders für Regierungen und Behörden, die für das Thema nicht besonders viele Ressourcen zur Verfügung hätten, sei das hilfreich. Den gesamten Asylprozess, dessen Langsamkeit in Deutschland häufig kritisiert wird, soll verbessert werden. Denn „wenn mehr Flüchtlinge Arbeit hätten, würde sich auch die finanzielle Bürde, die der Staat zu tragen hat, entspannen“, meinen die Forscher – nicht nur in Bezug auf die Schweiz, sondern übertragen auf alle betroffenen Länder.
Mit dem Algorithmus erheben die Wissenschaftler allerdings keinen Anspruch darauf, die Entscheidungen von Asylbeamten zu ersetzen. Eher soll er den Gesamtprozess erweitern und beschleunigen zugleich: „In einem computerunterstützten Prozess kann der Algorithmus beispielsweise verschiedene Vorschläge für die Ansiedlung eines Flüchtlings bereithalten, die die Beamten annehmen oder ausschalten können.“
Bis dahin müsse der Algorithmus aber noch einige Tests bestehen. Pilot-Programme sind allerdings bereits in Planung.