Kommt unser Future-Food mit Mikrowelle und Wasser aus, wie das unserer Astronauten? Stehen labbrige Paste statt knuspriger Pizza auf dem Speiseplan? Bevor wir in Panik verfallen, lohnt es sich genauer hinzusehen. Die Nahrungsmittel der Zukunft, die uns die Ernährungswissenschaftler prophezeien – wie Algen und Insekten zum Beispiel – sind schon jetzt als wichtige Proteinlieferanten akzeptiert und sorgen darüber hinaus für beeindruckende Ressourcenschonung. Denn wie sollen im Jahr 2050 sonst voraussichtlich zehn Milliarden Menschen ernährt werden?
Quallen: Win-Win-Situation für Mensch und Tier
Eine Hoffnung scheint aus dem Wasser zu kommen: Algen, sie sind Powerpflanzen und verfügen über ein rasantes Wachstum. Circa 200 Algenarten sind nach dem heutigen Wissensstand essbar. Sie sind wahre Nährstoffpakete, sind eiweiß- und vitaminreich und – der große Vorteil – sie sind ressourcenschonend, da sie leicht im Meer angebaut werden können. In Asien seit langem auf dem Speiseplan, werden sie bei uns als Nahrungsergänzungsmittel oder Lebensmittelfarbstoff verarbeitet.
Auch Quallen sind für die Forschung ein probates Nahrungsmittel. Dänische Wissenschaftler etwa haben ein spezielles Trocknungsverfahren entwickelt, bei denen den Nesseltieren durch Alkohol das Wasser entzogen wird, das Ergebnis sind dünne, knusprige Chips. Bisher noch ohne große Geschmacksintensität hätte diese Methode laut der Dänen dennoch Potenzial. Weiterer Pluspunkt: Das Verfahren ist wesentlich schneller als die traditionelle ostasiatische Methode, die 30 bis 40 Tage dauern kann, und das Ergebnis für europäische Gaumen befriedigender.
Neben der Notwendigkeit, viele Menschen durch das Entdecken neuer Nahrungsquellen ernähren zu müssen, ist die hohe Quantität von Quallen in den Weltmeeren ein wichtiger Grund für die Forschung an diesem Nahrungsmittel. Die Nesseltiere profitieren vom Menschen, der ihre natürlichen Feinde vernichtet. Sie können sich daher immer stärker vermehren. Für die Forschung eine klassische Win-Win-Situation.
Insekten: Schon jetzt Feinkost
Ihr hoher Eiweißanteil macht sie besonders gehaltvoll, deswegen sind Insekten in vielen Ländern eine wichtige Nahrungsquelle. In Uganda zum Beispiel sind manche Käfer deutlich teurer als Rindfleisch. 80 Prozent ihres Körpers können verwendet werden und sie lassen sich in großem Maßstab züchten
Diese Vorteile sind mittlerweile auch in Europa bekannt. In den Niederlanden und in Belgien gibt es viele Insektenzüchter. Verarbeitet werden sie etwa zu Chips und Mehl. In diversen Feinkostläden deutscher Großstädte finden sich derweil getrocknete Insekten– und bei Ikea neuerdings auch in den Köttbullar.
Künstliches Fleisch: Züchten ohne schlechtes Gewissen
Aus Stammzellen im Reagenzglas gezüchtete Fleisch- und Fischprodukte gewinnen vor allem in Zeiten der Ressourcenverknappung an Bedeutung. Dazu kommen ethische Bedenken zu tierischen Produkten. Israelische Forscher arbeiten deshalb an der Produktion künstlichen Fleisches. Aus einer Gewebeprobe und einer Nährlösung soll Fleisch „wachsen“.
Ohne schlechtes Gewissen dem Tier und der Umwelt gegenüber und ohne Gentechnik können die Konsumenten dann ihr Fleisch genießen. Umweltschützer unterstützen dieses Projekt. Tausende Kilo Fleisch sollen so in wenigen Wochen zur Verfügung stehen. Die Marktchancen sind enorm. Ob Hühnerfett oder Muskelfleisch, Fleisch kann so zielgerichtet „gezüchtet“ werden. Sogar Bill Gates legt bereits in das alternative Fleisch an.
Pulver: Einmal Mehlwürmer gemahlen, bitte
In den 60er-Jahren für die bemannte Raumfahrt entwickelt, sollte Essen in Pulverform die optimale Vitalfunktion der Weltraumreisenden garantieren. Seit einiger Zeit für Leistungssportler oder Menschen mit eingeschränkter Nahrungsaufnahme wie Senioren und Kranke im Einsatz, soll diese Form der Nahrung für konzentrierte Vitamin- und Mineralaufnahme sorgen.
Pulvertrinknahrung zum Beispiel ist leicht verzehrbar und beschwerdefrei verdaulich, ein Vorteil bei Magen- und Darmproblemen. Aber ist diese Möglichkeit ein Ernährungsmodell für die Zukunft? Lebensmitteltransporte sind teuer, Pulvernahrung zu verpacken, zu transportieren und zu lagern ist preiswerter und garantiert weniger Verluste. Die Haltbarkeit ist ein weiterer wichtiger Pluspunkt. Gemahlene Mehlwürmer, pulverisierte Shrimps und zerkleinertes Obst sind somit inzwischen state-of-the-art.
Urban Farming – Nahrungsmittel der Zukunft werden individueller
Essen ist ein Grundbedürfnis. Die ethische Einstellung zu tierischen Produkten, die Bedeutung Ressourcen schonender Ernährung und das Bewusstsein um die Notwendigkeit, alle Menschen mit Essen versorgen zu können, haben zum Umdenken geführt. Essen wird individueller und nachhaltiger, das wird sich auf unserem Teller zeigen, aber ebenso im Anbau, dem Transport und den Verarbeitungsformen von Nahrung.
Mehr als 95 Prozent unserer Lebensmittel werden aktuell mehr als 100 Kilometer weit transportiert, bevor sie in unseren Supermärkten landen. Auf die Dauer ist das nicht nur umwelttechnisch eine Katastrophe. Ingenieure arbeiten heute an den Visionen von morgen wie zum Beispiel der „vertikalen urbanen Farm“. So könnte ein Gebäude mit 30 Geschossen zukünftig 50.000 Menschen mit Hühnerfleisch, Obst, Gemüse, Eiern und Fisch versorgen.
Urban oder Vertical Farming steht für die Sehnsucht nach der Natur inmitten der Stadt, nach dem Bedürfnis der Unabhängigkeit von Wirtschaftskrisen und dem Wunsch zu wissen, was man tatsächlich isst.
- Mehr zum Thema gibt es hier: Digitale Landwirtschaft: Wie Bauern mit Technologie ihren Acker optimieren.
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