Der nördliche Magnetpol der Erde spielt anscheinend seit geraumer Zeit verrückt. Er bewegt sich rasant weg von Kanada in Richtung Sibirien, getrieben von Eisen innerhalb des Erdkerns. Tatsächlich bewegt sich das Magnetfeld der Erde mit einer solchen Geschwindigkeit, dass Wissenschaftlern nicht anderes übrig blieb, als äußerst ungewöhnliche und dramatische Schritte einzuleiten. Neueste Erkenntnisse könnten immerhin eine Vorhersage der Ereignisse ermöglichen.
Modell vom Erdmagnetfeld musste vorzeitig überarbeitet werden
Bereits am 15. Januar hatten Forscher keine andere Wahl mehr: Sie versammelten sich, um das „World Magnetic Model“ einem Update zu unterziehen. Das großräumige Modell zur Beschreibung des Erdmagnetfeldes ist die Grundlage jeglicher modernen Navigation von Schiffssystemen bis hin zu Google Maps.
Erst 2015 wurde die jüngste Version des Modells veröffentlicht und sollte eigentlich bis 2020 vorhalten. Die rapiden Veränderungen des Erdmagnetfeldes zwangen die Wissenschaftler jedoch dazu, das Modell deutlich früher als geplant zu überarbeiten.
Arnaud Chulliat, Geomagnetist an der Universität von Colorado, erklärte: „Der Fehler wird zunehmend größer“. Das Problem liegt zum Teil am sich verlagernden Magnetfeld, auf der anderen Seite sind es Verschiebungen tief in der Erde. Aufgewühlte Flüssigkeiten im Erdkern erzeugen den größten Anteil des Magnetfeldes, das sich mit diesen Strömungen verändert.
Toleranzgrenze für Navigationsfehler könnte überschritten werden
Anfang 2018 stellten Experten bei der jährlichen Überprüfung des World Magnetic Model fest, dass es so ungenau geworden war, dass die Grenze für akzeptable Navigationsfehler bald überschritten sein würde. Um es zu reparieren, füttern Experten das Modell mit Daten der vergangenen drei Jahre. Die aktualisierte Version sollte dann bis zum nächsten regulären Update 2020 akkurat bleiben.
Was passiert mit dem Magnetfeld der Erde?
In der Zwischenzeit kümmern sich Forscher auch um die Frage, woher die dramatischen Veränderungen des nördlichen Magnetpols stammen. Man vermutet, dass die Verschiebung in Richtung Sibirien durch einen sehr schnelllaufenden Strom an flüssigem Eisen unterhalb Kanadas bewirkt wurde. Dieser scheint das Magnetfeld Kanadas zu schwächen, so dass es gegen das stärkere Feld Sibiriens im Prinzip verliert.
Durch eine detaillierte Studie der seltsamen Bewegungen des Erdmagnetfeldes haben die Geophysiker Julien Aubert und Christopher C. Finlay erst kürzlich nicht nur bessere Einblicke gewonnen, sonder womöglich sogar herausgefunden, wie die Verschiebungen vorherzusagen sind.
Geomagnetische Sprünge durch Temperaturunterschiede
Mit Hilfe von Supercomputern haben die Forscher versucht, die physischen Bedingungen des Erdkerns zu simulieren. Eindrucksvolle vier Millionen Stunden lang wurden dafür Berechnungen angestellt.
Die Wissenschaftler wussten, dass die Bewegung der Hitze, die von der inneren Außenschicht ausgeht, das Magnetfeld beeinflussen kann. Sie fanden allerdings heraus, dass es aufgrund der flüssigen Eisens häufig Stellen gibt, die wärmer und leichter als die restliche Flüssigkeit sind.
Ist der Unterschied in Temperatur und Konsistenz zwischen beiden groß genug, steigt die warme Flüssigkeit schnell nach oben. Diese rapide Bewegung löst wiederum magnetische Wellen aus, die der Oberfläche des Erdkerns entgegenrasen und geomagnetische Sprünge auslösen.
Verändertes Erdmagnetfeld kann Folgen haben
Die dramatischen Folgen der Änderung des Erdmagnetfeldes könnten sich nicht nur auf unsere Navigationssysteme auswirken. Auch das Magnetfeld selbst könnte in Mitleidenschaft gezogen werden.
Bevor es zu spät ist: Erfahre etwas über die Geschichte der Navigation per GPS.