Was passiert, wenn eine breite Masse von Menschen eine völlig falsche Erinnerung mit sich trägt? In diesem Fall spricht die Wissenschaft von dem sogenannten Mandela-Effekt. Doch wie lässt sich der Effekt erklären? Mit dem Phänomen der Konfabulation – oder der Existenz von Paralleluniversen? Wir klären dich auf. Unter unseren vier Beispielen für den rätselhaften Effekt erkennst du dich vielleicht sogar selbst wieder.
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Der Mandela-Effekt: Wie zuverlässig sind unsere Erinnerungen?
Geprägt wurde der Mandela-Effekt von der Schriftstellerin Fiona Broome. Der für dieses Phänomen geschaffene Name liegt im Tod des südafrikanischen Aktivisten Nelson Mandelas begründet.
Zwar verstarb dieser erst am 5. Dezember 2013 an einer Lungenentzündung. Dennoch war eine große Gruppe von Menschen fest davon überzeugt, sich in großem Detail an News-Sendungen und Zeitungsartikel anlässlich Mandelas Beerdigung in den 80er Jahren zu erinnern. Dieser sei damals in einem Gefängnis verstorben – doch das entspricht offensichtlich nicht den Tatsachen.
Beispiele des Mandela-Effekts
Doch dabei handelt es sich nicht um die einzige kollektive, aber dennoch falsche Erinnerung. So finden sich im Internet heutzutage zahlreiche Beispiele des seltsamen Effekts. Wir teilen im Folgenden ein paar dieser Beispiele mit dir:
„Luke, ich bin dein Vater“
Eines der wohl bekanntesten Beispiele stammt aus dem „Star Wars“-Universum und betrifft ein bekanntes Filmzitat: „Luke, ich bin dein Vater“. Dabei handelt es sich um einen Ausspruch von Darth Vader. Oder?
Nein, es handelt sich tatsächlich nicht wirklich um ein Filmzitat. Im Film sagt dieser nämlich: „Nein, ich bin dein Vater.“ Dennoch zitieren zahlreiche Menschen den Ausspruch und meinen, sich an diesen zu erinnern.
Die Trickfilmserie „Looney Toons“
Zahlreiche Personen erinnern sich außerdem daran, früher die „Looney Toons“ geschaut zu haben. Tja, wieder falsch: Tatsächlich hieß die damalige Kinderserie „Looney Tunes“ – und diese wurde schon immer so geschrieben. Dennoch meinen viele, sich an die erstgenannte Schreibung erinnern zu können.
KitKat oder Kit-Kat?
Diese Frage stellen sich die meisten Menschen gar nicht, da sie sich an das Logo des Schokoriegels mit Bindestrich zwischen den beiden Worten erinnern. Klingt logisch, stimmt aber nicht: Es heißt tatsächlich KitKat.
Wie viele Staaten haben die USA?
Ein Großteil der Menschen würde darauf mit 51 oder 52 antworten, denn sie erinnern sich daran, es so gelernt zu haben. Falsch: Es sind tatsächlich 50.
Trägt der Monopoly-Mann in deiner Erinnerung ein Monokel?
Viele Menschen glauben, sich so an ihn zu erinnern. Doch in Wahrheit trägt er gar keins.
Konfabulation oder Paralleluniversen: Wie lässt sich der Effekt erklären?
Doch wie ist es möglich, dass sich eine solche breite Masse von Menschen im Detail an ein Ereignis erinnert, das nie stattfand? Im Internet finden sich zwei Erklärungen für den Mandela-Effekt:
#1 Existenz von Paralleluniversen
Die erste Theorie, die den Mandela-Effekt zu erklären versucht, ist die Existenz von Paralleluniversen. Demnach sind die „falschen“ Erinnerungen der betroffenen Menschen tatsächlich korrekt, ereigneten sich allerdings in einem anderen Universum.
Die Theorie besagt, es gäbe viele Paralleluniversen, die unserem entweder sehr stark ähneln oder aber auch komplett anders aussehen können. Der Mandela-Effekt könnte dadurch entstehen, dass sich ähnliche Universen sozusagen überlappen, ohne dass wir uns dessen bewusst sind – es entstehen falschen Erinnerungen. Das bedeutet: In einem anderen Universum könnte Mandela wirklich schon in den 80er-Jahren gestorben sein.
Theorien über die Existenz von Paralleluniversen sind mittlerweile allgegenwärtig. Laut zahlreicher Wissenschaftler*innen ist deren Existenz zwar theoretisch möglich und sogar wahrscheinlich, doch solche Theorien konnten bislang (noch) nicht bewiesen oder widerlegt werden.
#2 Konfabulation
Die zweite Erklärung des Mandela-Effekts erscheint hingegen etwas logischer und basiert auf einem psychologischen Ansatz. Unter Konfabulation versteht man in der Medizin das Erzählen von frei erfundenen, objektiv falschen Begebenheiten oder Informationen, die keinen Zusammenhang zur Realität haben, die der Betroffene jedoch in dem Moment für wahr hält.
Die Entstehung der falschen Erinnerungen kann mit unserem Gehirn und der Abspeicherung von Informationen zusammenhängen. Denn: Sobald im Gehirn Erinnerungen abgerufen werden, werden diese erneut abgespeichert, diesmal allerdings mit minimalen Abweichungen. Aufgrund dessen verändern sich unsere Erinnerungen mit der Zeit – und Ereignisse oder Geschehnisse werden in einem anderen Licht betrachtet.
So haben mehrere Studien bereits bewiesen, wie manipulierbar unsere Erinnerungen sind. Das GEO Magazin fasst zusammen, dass Verhaltensforscher*innen durch gezielte Fragen Personen suggerieren konnten, sie hätten Bugs Bunny im Disneyland gesehen. Sie waren im Anschluss auch felsenfest von der Begegnung überzeugt. Allerdings ist das faktisch nicht möglich: Bugs Bunny stammt gar nicht aus dem Disney-Universum.
Ähnliches erreichten Verhaltensforscher*innen beim „Lost In The Mall“-Experiment. Dort redete man den Teilnehmenden ein, dass sie als Kind in einem großen Einkaufszentrum verloren gingen und im Anschluss nach Hause gebracht wurden. Viele waren im Anschluss überzeugt, dass ihnen das wirklich passiert sei.
Der Mandela-Effekt in der Strafverfolgung
Daher hat der Mandela-Effekt auch in der Justiz eine entscheidende Rolle. Insbesondere bei Straftaten, wo Aussage gegen Aussage herrscht, Traumata entscheidend sind oder die Tat schon lange zurückliegt, muss Licht ins Dunkel gebracht werden. Allerdings lassen sich verschiedene Wahrheiten nur schwer nachvollziehen, wenn man durch den Mandela-Effekt felsenfest davon überzeugt ist, dass eine schreckliche Sache einem wirklich zugestoßen ist.
- Passend zum Thema: Wie erstellt das Gehirn Erinnerungen?
Quelle: GEO
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