Wer Selbstgespräche führt, muss sich nicht verstecken oder komisch fühlen. Ganz im Gegenteil. Forscher*innen haben schon längst herausgefunden, dass dieses Verhalten nicht nur weit verbreitet ist. Es kann zudem enorme Vorteile für dich haben.
Ist es schlimm, Selbstgespräche zu führen?
Tatsächlich ist es sehr gängig und normal, Selbstgespräche zu führen. Laut der Zeit geht man in der Forschung davon aus, dass rund 96 Prozent der Erwachsenen regelmäßig innere Dialoge führen. Schon Kinder sprechen demnach mit sich selbst, verlagern dieses Verhalten ab dem fünften Lebensjahr dann aber mehr und mehr nach innen, bis der Autolog nur noch gedacht wird.
„Alle Menschen, egal welchen Alters, sprechen regelmäßig mit sich selbst. Allerdings meist, wenn sie alleine sind – zumindest, wenn man der Studie von Brinthaupt, Hein und Kramer von 2009 glaubt.“
Julia Haneveld, Psychologin
Besagter US-Psychologe, Dr. Thomas Brinthaupt (Middle Tennessee State University) hat dazu eine eigene Messmethode entwickelt. Die sogenannte Self-Talk-Skala analysiert Frequenz und Inhalte von Selbstgesprächen. Das Ergebnis bestätigt bisherige Erkenntnisse:
„Hinsichtlich der Häufigkeit von Selbstgesprächen zeigt die Forschung eine ’normale‘ Verteilung, bei der die meisten Leute irgendwo in der Mitte landen und einige wenige an den äußeren Rändern“.
Dr. Thomas Brinthaupt, Psychologe
In einem Fall ist es besonders gut, mit sich selbst zu reden
Doch wann können innere Monologe positive Effekte erzeugen? Wie das Magazin Inverse berichtet, solltest du Selbstgespräche führen, wenn du feste Ziele hast, die du erreichen willst. Beides hängt zusammen, wenn man den dazu befragten Experten glaubt. Diese gaben diese mehrheitlich an, wie es ihnen auf unerwartete Weise zugute kommt, mit sich selbst zu sprechen.
Dabei soll es eher das mentale als hörbare Gespräch sein, das die meisten Vorteile mit sich bringt. Und das Beste: Auch jene Menschen, die nicht regelmäßig mit sich selbst sprechen, können es sich antrainieren, um daraus Kapital zu schlagen.
Selbstgespräch führen, aber nur positiv
Dabei müsse allerdings gegeben sein, dass der innere Monolog positiv ablaufe. Wer Selbstgespräche führt, in denen sich verpasste Chancen oder Ähnliches vorgeworfen werden, kommt demnach nicht weiter. Wer sich dagegen zuspricht, dem falle es leichter, sich Ziele zu setzen und zu erreichen. Das liege zum Teil auch daran, dass Gedankengespräche es ermöglichen, uns selbst zu überwachen.
Das zu trainieren soll angeblich jeder können, davon ist auch Judy Van Raalte überzeugt, Professorin am Springfield College. Gegenüber Inverse sagte sie, dass anstrengende Selbstgespräche – mit anderen Worten nicht-spontane – Selbstgespräche „so ähnlich wie das Üben einer sportlichen Fertigkeit“ seien. „Mit der Zeit kann es automatisch und mühelos angewendet werden.“
Das bestätigt auch Brinthaupt. Inverse sagte er, dass positive Selbstgespräche verhaltensbezogene, kognitive und emotionale Ziele fördern und verstärken können. Allerdings könnten wir uns „auch selbst mit unserem negativen Selbstgespräch kritisieren“.
Wichtig: Sprich von dir selbst in der 2. oder 3. Person
Welche Strategie empfiehlt sich also, wenn man gesetzte Ziele wirklich erreichen will? Eine Studie, die 2017 in Scientific Reports veröffentlicht wurde, gibt einige Hinweise darauf. Die Resultate legten nahe, dass der beste Weg, sich auf positive Selbstgespräche einzulassen, darin besteht, sich mit seinem Vornamen oder „Sie“ anzusprechen, statt „ich“ zu verwenden.
Das führt dazu, dass du über dich selbst so denkst, wie du es über andere Menschen tun würdest. Dadurch wird die notwendige psychologische Distanz hergestellt, die für die Selbstkontrolle nötig ist.
Fazit: Sprich regelmäßig mit dir selbst
Selbstgespräche zu führen, ist nicht nur weit verbreitet. Um dein Ziele zu erreichen, kann es sich sogar lohnen, aktiv damit anzufangen. Immerhin ist es laut Expert*innen trainierbar.
Dabei solltest du aber darauf achten, nicht negativ mit dir selbst zu sprechen, sondern immer positiv. Auch wichtig: Sprich dich in der zweiten oder dritten Person Singular an, das schafft die nötige Distanz.
Es gibt noch mehr über dich selbst zu erfahren. Beispielsweise enthüllt beim Vorstellungsgespräch deine Kleidung alles über dich. Oder du machst gleich den Big Five-Persönlichkeitstest, der auch bei Personaler:innen sehr beliebt ist. Manchmal reicht es einfach auch, tiefe Entspannung zu erreichen.
Quellen: Zeit, Inverse, Journal of personality assessment: „The self-talk scale: development, factor analysis, and validation„, Scientific Reports: „Third-person self-talk facilitates emotion regulation without engaging cognitive control: Converging evidence from ERP and fMRI„
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