Deutschland nimmt die Lockerungen nach der wochenlangen häuslichen Quarantäne dankend entgegen. Die ersten Schüler dürfen wieder zur Schule gehen. In den Straßen ist wieder mehr los, nachdem die ersten Läden öffnen. Doch war es das wirklich mit der Coronavirus-Ausbreitung? Virologe Christian Drosten glaubt nicht, dass wir jetzt schon aufatmen können. Im Gegenteil: Er weist auf die zweite Welle des Erregers hin.
Coronavirus-Ausbreitung: Wann beginnt die zweite Welle?
Von einer zweiten Infektionswelle sprach Christian Drosten im Podcast des NDR. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel machte darauf schon aufmerksam. Eine weitere Coronavirus-Ausbreitung sei zu erwarten, wenn wir zu schnell in unser normales Leben zurückkehren. Dabei hat sich die Zahl der Neu-Infizierten in den letzten Wochen deutlich gesenkt. Die Infektionskurve wurde verringert. Das war das Ziel, das hinter all den Maßnahmen stand, an die wir uns die letzten Wochen gehalten haben.
Doch wenn nun die Angst vor einer zweiten Welle des Coronavirus steigt, wieso werden die Lockerungen jetzt schon eingeführt? Viele glauben, dass vor allem der wirtschaftliche Aspekt dahintersteckt. Wäre es aber nicht sinnvoll gewesen, sich noch einige Wochen einzuschränken, um bis dahin vielleicht sogar bessere Mittel der Kontaktverfolgung zu haben oder Tests durchzuführen?
Forscher fordern mehr Transparenz
Diesen Weg wären zumindest einige Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) gegangen. Denn auf diese Weise würden wir uns nicht der Gefahr aussetzen, mit weiteren Lockdowns konfrontiert zu werden, wenn die Coronavirus-Ausbreitung in die zweite Phase geht. Gegenüber Zeit Online äußerte sich Physiker Michael Meyer-Hermann kritisch über das Verhalten der Bundesregierung. Er glaubt, es sei ein Fehler, dass die genaue Strategie nicht mit der Bevölkerung geteilt wird. Ohne zu wissen, warum manche Maßnahmen weiterhin sinnvoll sind, werden die Menschen leichtsinnig. Genau das würde direkt zur zweiten Welle der Coronavirus-Ausbreitung führen.
Was erwartet uns bei einer zweiten Welle?
Es lässt sich nur schwer sagen, wann die zweite Welle von Covid-19 beginnen wird. Meyer-Hermann erklärt, dass dies von der Reproduktionszahl R abhängt: Je höher diese Zahl ist, desto schneller droht uns die zweite Welle des Virus. Diese ist in den vergangenen Tagen wieder leicht gestiegen. Am 17. April 2020 lag sie noch bei 0,7, dafür lag sie um den 21. und 22. April schon wieder bei 0,9. Hier kannst du nachlesen, wie sich die Reproduktionszahl des Coronavirus verhält. Dieser Anstieg sei aber noch auf das Osterwochenende zurückzuführen. Wie wird es also sein, wenn die Läden wieder offen sind?
Liegt die Reproduktionszahl wieder dauerthaft über dem Wert 1, beginnt auch die zweite Welle der Coronavirus-Ausbreitung. Je größer der R-Wert wird, desto schlimmer wird auch die Welle. Doch es gibt noch einen großen Unterschied zur ersten Welle von Covid-19. Der erste Ausbruch begann nur an bestimmten Orten in Deutschland. Nun scheinen aber alle Teile der Bundesrepublik vom neuartigen Erreger betroffen zu sein und überall sind auch Menschen, die sich damit anstecken können. Die Ausgangslage der zweiten Welle ist anders: Daher wäre eine erneute Coronavirus-Ausbreitung deutlich stärker.
Eine zweite Welle würde uns heftig treffen
„Es ist natürlich eine ganz andere Wucht, die so eine Infektionswelle dann hätte“, betont auch Christian Drosten im Podcast. Er sieht die zweite Welle schon im Mai oder spätestens im Juni auf uns zurollen. Eine Situation, die wir nicht kontrollieren können, wenn wir nicht aufpassen, betonte er. Die Forscher vom HZI haben noch keine verlässlichen Daten, um ein genaues Szenario zu beschreiben.
Weitere Faktoren spielen noch bei der zweiten Welle eine Rolle:
- Ob und wie lange sind Menschen gegen Covid-19 immun?
- Welchen Effekt haben die Sommermonate bei der Verbreitung des Virus?
Menschen sind oft im Freien und die höheren Temperaturen und Luftfeuchtigkeit sollten Covid-19 zusetzen. Die Forscher betonen, dass die Gefahr noch nicht vorbei ist. Wir dürfen uns nicht verhalten, als würde es keinen Virus geben. Tatsächlich sind sich die Forscher einig, dass die Gefahr immer noch nicht gebannt ist, wenn die Reproduktionszahl unter 1 liegt. 60 Prozent der Bevölkerung müssten sich mit dem Virus infizieren, damit wir wirklich keinen Grund zur Sorge hätten. Dies wäre für eine Herdendurchseuchung nötig. Daher würden sich die Kontaktbeschränkungen lange ziehen. Nur ein Impfstoff wäre die endgültige Rettung.
Aber wie können wir eine Coronavirus-Ausbreitung stoppen? Wir können den Virus auch austrocknen, indem wir eine App zur Kontaktverfolgung nutzen. Doch wie sich zeigt, könnte diese Anwendung auf Milliarden von Handys nicht funktionieren. Zum Glück gibt es auch gute Nachrichten zum Coronavirus.