Ergiebige Regenfälle und ruinierte Ernten – dies waren Folgen der Kleinen Eiszeit, die Europa im Jahr 1314 heimsuchte. In Deutschland waren die Konsequenzen und der Hunger so groß, dass die Leute gezwungen waren, „allerleyß, Hund, Pferd und Dieb vom Galgen“ zu fressen. Diese Zeitzeugenberichte werden von Historikern einem düsteren Kapitel der europäischen Klimageschichte zugeordnet.
Kleine Eiszeit sorgte für Chaos in Europa
Vermutlich gab es schon früh Anzeichen für die Kleine Eiszeit, doch die Folgen traf die Europäer vor rund 700 Jahren völlig unerwartet. Auf einmal sahen sie sich mit Hungerkatastrophen, Kriegen und stärker schwindenden Ressourcen konfrontiert. Die Opfer waren zahlreich und dann folgte auch noch die Pest.
Historiker Ronald D. Gerste hat sich mit diesem Ereignis in der Geschichte in seinem Buch „Wie das Wetter Geschichte machte“ auseinandergesetzt. Darauf nimmt ein Artikel von Die Welt Bezug. Denn gerade Wetterereignisse waren maßgeblich für die Kleine Eiszeit. Stürme verhinderten die mongolische Invasion Japans oder der extreme Winter sorgte dafür, dass Napoleons Grande Armée vernichtet wurde. Die Kleine Eiszeit war ein Klimawandel, welcher die europäische Geschichte nachträglich prägte.
#1 Lebensmittel wurden unbezahlbar
In England sanken die Ernten von Weizen und Hafer auf 60 Prozent. Die Preise erhöhten sich. In Antwerpen stiegen die Preise im Winter 1315/16 um 320 Prozent. Ähnlich sah es beim Salz aus. Es konnte nicht mehr durch Verdunstung aus Meerwasser gewonnen werden. Die Preise vervierfachten sich daher in England. Die Preise für Wein, die dem ungenießbaren Wasser oft vorgezogen wurden, schossen in die Höhe, weil Trauben wegen des Dauerregens verfaulten und nicht mehr reifen konnten.
#2 Es folgte der Tod
Die Erträge reichten teilweise gerade so, um den Hunger in Grenzen zu halten. Dennoch weitete sich die Krise bald zur Katastrophe aus. In den großen Städten wie beispielsweise London oder Paris, lagen die Leichen der Verhungerten auf den Straßen. In Deutschland sah es laut dem Historiker nicht besser aus. Vor den Toren der Stadt Erfurt wurden fünf Gräben ausgehoben, um die zahlreichen Kadaver hineinzuwerfen. Im Baltikum sollen hungernde Mütter ihre Babys gegessen haben.
#3 Krankheiten breiteten sich aus
Die Rinderpest ließ den überschaubaren Bestand der Nutztiere schrumpfen. Die Milchproduktion ging zurück. Menschen vergifteten sich reihenweise, weil sie verdorbene Lebensmittel aßen. Zwischen 1315 und 1323 starben Millionen von Europäern an den Folgen der Kleinen Eiszeit.
Der Beginn der Katastrophe
Doch diese Dinge waren erst der Anfang. Die Sonnenaktivität verringerte sich, was sich auf Vulkanismus und veränderte Meeresströmungen zurückführen lässt. Mitte der 1320er Jahre pendelte sich das Nahrungsangebot mit der Zahl der Bevölkerung wieder ein. Leider blieb das nicht von Dauer, denn die Kleine Eiszeit hatte ihre Spuren hinterlassen. Die Böden waren noch immer schlecht, Handelsströme waren zurückgegangen und auch die Zahl der Steuerzahler war niedriger. Es kam zu Machtkämpfen, die wiederum für sozialrevolutionäre Wirkung sorgten.
Kaum hatte sich eine Normalität nach der Kleinen Eiszeit eingependelt, folgte die nächste Katastrophe: Die Pest erreichte Europa und quälte die Menschen, die sowieso noch unter den Folgen der Kleinen Eiszeit litten. Wissenschaftler gehen heute davon aus, dass die Hälfte der Bevölkerung den Tod durch den Erreger fand. Erst Mitte des 16. Jahrhunderts sollte sich Europa vollständig von der Kleinen Eiszeit erholt haben. Eine neue Eiszeit könnte auf der Erde drohen. Das wäre das Ende der Menschheit. Eine Katastrophe im Weltall könnte die Eiszeit auf der Erde verursacht haben.