Vor allem in Zeiten von Pandemien, Truppenabzügen und Wahlkämpfen erhalten Verschwörungsmythen große Aufmerksamkeit. Die Erzählungen bieten meist komplexe Erklärungen für Sachverhalte, die als zu einfach erscheinen. Häufig rücken dabei alles überblickende Mächte wie die angebliche New World Order (NWO) und die Bilderberger in den Fokus. Beziehen sie sich auf konkrete Personen, wie etwa Politiker oder Mitglieder der Rothschild-Familie, können „Verschwörungstheorien“, wie sie im Volksmund bezeichnet werden, zu ernsthaftem Schaden führen.
Verschwörungsmythen: Mehr, als nur „lustige“ Geschichten
Im öffentlichen Diskurs wurden Verschwörungserzählungen lange Zeit belächelt. Spätestens aber seit Pizzagate ist klar: Ein Spaß ist das nicht. Damals, im Dezember 2016, drang ein mit einem Sturmgewehr bewaffneter Mann in die Pizzeria Comet Ping Pong ein. Er war sich sicher, die Clinton-Familie steuere einen Kinderpornoring. Die Opfer dieser Organisation würden im Keller des Restaurants festgehalten, so der Mythos. Zu Schaden kam bei dem Angriff niemand, doch wurden die Auswirkungen von Verschwörungsmythen umso deutlicher.
Wie viele Menschen Ideologien wie diesen folgen, zeigte sich zudem im Kontext der Corona-Pandemie. Hunderttausende „Querdenker“ gingen auf die Straße und machten in den sozialen Medien auf sich aufmerksam. Ähnliches zeigte sich bereits im Rahmen des Zulaufs von Geflüchteten nach Europa. Die Rede war 2015 in entsprechenden Kreisen immer wieder von einer durch die NWO gesteuerte „Umvolkung“.
Wer glaubt an Verschwörungserzählungen?
Hypothesen wie diese mögen für die meisten von uns völlig abwegig klingen. Für nicht wenige Menschen stellen sie aber die wahrgenommene Wirklichkeit dar. Im Rahmen einer im Fachjournal Personality and Individual Differences veröffentlichten Studie hat Cameron Kay von der University of Oregon die Zusammenhänge zwischen der sogenannten „Dunklen Tetrade“ und verschwörungstheoretischem Gedankengut untersucht.
Die Dunkle Tetrade steht stellvertretend für vier Persönlichkeitsmerkmale, von denen sich Elemente in den meisten Menschen wiederfinden:
- Narzissmus (Eitelkeit und Selbstbesessenheit)
- Machiavellismus (Manipulativität und Zynismus)
- Psychopathie (Impulsivität und Gefühllosigkeit)
- Sadismus (Grausamkeit und Missbrauch)
Untersucht hat Kay seine Hypothese anhand einer Stichprobe aus 500 Student:innen der University of Oregon. Er maß mittels Fragebögen die jeweiligen Ausprägungen der obengenannten Merkmale und erfragte zudem den Glauben an bestimmte Verschwörungserzählungen. 26 der Proband:innen wurden letztlich ausgeschlossen, sodass die Größe Stichprobe auf 474 Student:innen schrumpfte.
Unangenehme Menschen „neigen zu merkwürdigen Überzeugungen“
Kays Ergebnisse zeigen, dass mindestens eine Facette jeder Dunklen Tetrade-Eigenschaft mit verschwörungsideologischen Ideen in Verbindung gebracht wurde. „Fast jede Assoziation konnte zum Teil auf die Tendenz von Menschen mit aversiven Persönlichkeiten zurückgeführt werden, seltsame Überzeugungen zu hegen, fatalistisch zu sein und anderen zu misstrauen“, schreibt der Forscher.
„Im Klartext heißt das, dass unangenehme Menschen, die diese Eigenschaften stark ausprägen, eher an Verschwörungstheorien glauben“, so Kay. „Sie neigen zu merkwürdigen Überzeugungen. Sie haben das Gefühl, dass sie ihr Leben nicht unter Kontrolle haben. Sie fühlen sich ihrer Handlungsfähigkeit beraubt und haben ein angeborenes Misstrauen gegenüber anderen Menschen und Organisationen wie der Regierung.“
„Das langfristige Ziel ist es, Wege zu finden, um verschwörungstheoretische Ideen bei Menschen mit diesen Persönlichkeitsmerkmalen zu verringern“, sagte er.
Wahre Verschwörungstheorien
Wichtig anzumerken ist, dass nicht alle Verschwörungsmythen nur Mythen sind. Bei einigen wenigen handelt es sich um tatsächliche Theorien, die Hand und Fuß haben. Einige von ihnen haben sich in der Vergangenheit sogar bewahrheitet. Beispiele hierfür sind etwa das MK Ultra-Programm der CIA und die umfangreiche Online-Überwachung durch die NSA. Dies entschärft allerdings nicht die potenziellen Gefahren, die von anderen Erzählungen ausgehen können.
Quelle: Personality and Individual Differences, University of Oregon, eigene Recherche