Spätestens seit dem Atomunfall in Fukushima heißt zumindest in Deutschland die Devise „Atomkraft, nein danke“. Ein Jahrzehnt sieht es so aus, als würde Atomkraftwerke ein Comeback feiern. Die Rede ist von der sogenannten Brückentechnologie, die den Wettlauf gegen den Klimawandeln entscheiden könnte. Radioaktiver Abfall scheint in der neuesten Debatte aber kaum eine Rolle zu spielen. Drei kursierende Mythen zum Atommüll zeigen jedoch, warum wir Nuklearenergie mit Vorsicht genießen sollten.
Radioaktiver Abfall: Deshalb ist er so gefährlich
Ob die Castor-Transporte oder Großdemonstrationen um Endlager wie Gorleben: Atommüll polarisiert die Gesellschaft. Die Verfechter*innen der Atomenergie sehen in ihr eine unerschöpfliche Quelle, die uns über Jahrhunderte mit Strom versorgen könnte. Skeptiker*innen hingegen befürchten, dass der nächste Supergau, also eine radioaktive Katastrophe, nur eine Frage der Zeit ist.
Fakt ist, dass radioaktiver Abfall strenggenommen kein Giftmüll ist, der sich einfach wegsperren lässt. Die Folgen könnten nachfolgende Generationen über Jahrtausende beschäftigen. Drei widerlegbare Mythen veranschaulichen dieses Problem ganz besonders.
Mythos #1: Radioaktiver Abfall ist sicher gelagert
Die Politik spricht von sogenannten Endlagern, die ehemals genutzte Brennstäbe und andere konterminierte Stoffe auf Ewigkeiten unter Verschluss halten können. Der Terminus „Endlager“ ist jedoch sehr optimistisch gemeint, denn ob diese Lager für die kommenden Jahrtausende sichere Anlaufstellen für verstrahlte, gelbe Fässer sind, kann schwer vorausgesehen werden.
Ein Beispiel hierfür ist der ehemalige Salzstollen im Bergwerk Asse II bei Wolfenbüttel, dem Greenpeace einen „Endlager-Gau“ prognostiziert. Die Stollen Asse I und Asse III laufen bereits mit Wasser voll. In Asse II hingegen befinden sich nach derzeitigem Stand etwa 16.ooo Fässer mit mittelradioaktiven Müll, darunter auch mindestens neun Kilogramm Plutonium. Letzteres ist das radioaktivste Element überhaupt und sitzt auch in den Sprengköpfen von Nuklearwaffen.
Das Problem an diesem Endlager, wie an vielen anderen Standorten auch, ist die Feuchtigkeit. Sollte Asse II mit Wasser volllaufen, könnten die Fässer rosten und der radioaktive Abfall ins Grundwasser gelangen. Demnach sind die letzten Ruhestätten nichts anderes als eine Blaupause. Der Klimawandel befördert überdies die Bodenerosion. Immer trockenerer Boden bedeutet auch bröckelnde Bergstollen.
Mythos #2: Atommüll kann recycelt werden
Das ist nur die halbe Wahrheit, oder mehr noch eher drei bis fünf Prozent der Wahrheit. Denn wie Erkenntnisse aus den USA zeigen, können lediglich drei bis fünf Prozent des einstigen Brennmaterials wiederverwertet werden. Außerdem könnte als „Nebenprodukt“ wieder Plutonium entstehen. Das Element hat ganz nebenbei eine Halbwertszeit von 24.000 Jahre.
Dennoch gibt es zumindest erste Konzepte für Reaktoren, die den Abfall nutzen könnten. In wenigen Jahrzehnten wäre die Wiederverwertung eines nicht unwesentlichen Teils radioaktiven Abfalls möglich. Das beträfe dann aber lediglich das zuvor genutzte Brennmaterial.
Niedrig- und mittelradioaktive Abfälle sind hingegen nicht nutzbar. Dabei handelt es sich etwa um die Arbeitskleidung aus kerntechnischen Anlagen oder Hülsen der Brennstäbe. Demnach müssen alle Materialien und Werkzeuge gelagert werden, die mit der Erzeugung von Kernenergie in Verbindung stehen.
Mythos #3: Notfalls den Müll ins All schießen
Eine der wohl plausibelsten Wunschvorstellung besteht darin, radioaktiven Abfall einfach ins All zu schießen oder auf dem Mond zu lagern. Die Idee klingt im ersten Moment plausibel, weil außerhalb unserer schützenden Atmosphäre radioaktive Strahlung für uns auf der Erde ungefährlich ist.
Das Problem besteht darin, das verstrahlte Material sicher ins All zu befördern. Selbst heute noch ist jeder Raketenstart mit großen Risiken verbunden. Würde auch nur eine Rakete auf den Weg ins All verunglücken, könnte das die komplette Atmosphäre unseres Planeten kontaminieren.
Radioaktiver Abfall: Es gibt kein Patentrezept
Kein Endlager der Welt ist auf seine Aufgabe hin wirklich sicher überprüfbar. Schließlich müssen diese Lager selbst dann noch dicht halten, wenn es die menschliche Spezies womöglich nicht mehr gibt.
Denn gerade die als hochradioaktiv kategorisierten Abfälle können aufgrund ihrer chemischen bis zu 200.000 Jahre brauchen, um auf das Niveau von natürlichem Uran zu kommen. Und selbst nach einer so langen Zeit wäre sie für unseren Organismus gefährlich.
Die Kernfusion könnte diesen Teufelskreis durchbrechen. So will etwa eine Firmer alle Energieprobleme bis 2030 lösen. Damit könnte auch ein stetig wachsender Berg an Atommüll eines Tages der Geschichte angehören.
Quellen: Greenpeace, kernenergie, RealClear Science, Spektrum
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