Eines ist klar und unbestreitbar: Wir sterben ohne Wasser. Was viele dennoch nicht wissen, ist, dass zu viel Wasser zu trinken, ebenfalls fatal sein kann. Bei einer Wasservergiftung, einer sogenannten Hyperhydration, treten vielfältige Beschwerden auf, die im schlimmsten Fall sogar zum Tod führen. Wichtig ist es deshalb laut Wissenschaft, zwei Dinge beim Trinken einzuhalten.
Nicht zu viel Wasser trinken: Darum sind Menge und Zeit entscheidend
Jeder kennt die goldene Regel, wie viel Wasser wir am Tag trinken sollten. Wichtig ist das vor allem, weil unser Körper zu 66 Prozent aus H2O besteht. Die Flüssigkeit fließt durch dein Blut, wohnt deinen Zellen inne und befindet sich in den Räumen dazwischen. Immer dann also, wenn du durch Schwitzen, Ausatmen, Urinieren, Erbrechen oder andere Arten an Wasser verlierst, solltest du es durch zusätzliche Aufnahme ersetzen. Dabei kann es allerdings auch passieren, dass du zu viel Wasser trinkst.
Laut Forschung und Medizin ist es wichtig, nicht nur die Menge im Auge zu behalten, die du zu dir nimmst. Auch der Zeitraum, in dem dies geschieht, ist essentiell. Denn generell gilt zwar, dass deine Nieren am Tag 20 bis 28 Liter am Tag ausscheiden können. Mehr als maximal 0.8 bis einen Liter pro Stunde schaffen sie allerdings nicht, wie MedicalNewsToday berichtet.
So kommt es zur Aufnahme von zu viel Wasser
Eine Wasservergiftung tritt natürlich nicht einfach so auf. Oft sind es Mutproben oder Wett-Trinken, die zu gesundheitlichen Schäden und sogar zum Tod von Menschen führen. Aber auch beim Ausdauersport, bei militärischer Ausbildung oder bedingt durch mentale Störungen kann es zu Fällen von Hyperhydration kommen.
Werden in kürzester Zeit mehrere Liter (salzarmes) Wasser aufgenommen, überflutet das den Körper mit der Flüssigkeit. Dabei gerät der Salz- beziehungsweise Elektrolyt-Haushalt aus der Balance. Das zusätzliche Wasser im Gewebe strömt in die Zellen ein und sorgt für einen Unterschiede der Salzkonzentration zwischen dem Bereich innerhalb und außerhalb der Zelle. Der natürlich stattfindende Ausgleich der Konzentration an Elektrolyten führt schließlich dazu, dass sich am Ende mehr Wasser und weniger Salze in der Zelle befindet.
Unerfahrene Ausdauersportler*innen
Wie Forschende der TU München erklären (via Das Erste), besteht die Gefahr, zu viel Wasser zu trinken, vor allem bei Läufer*innen, die nicht richtig informiert sind.
„Bei einem mittelgroßen Marathon von ungefähr 10.000 Läufern kommt es bei einem Drittel, also 3000 Leuten, zu messbaren Störungen durch zu viel Wasser. Bei 50 davon kommt es sogar zu lebensbedrohlichen Veränderungen. Manche müssen auf die Intensivstation und künstlich beatmet werden.“
Dr. Johannes Scherr, Sportmediziner, TU München
Militärisches Training
Laut MedicalNewsToday gibt es zudem mehrere medizinische Untersuchungen, die den Tod von Militärangehörigen aufgrund von Hyperhydration dokumentieren.
So sollen 17 Soldaten durch eine sogenannte Hyponatriämie, also einen zu niedrigen Natriumgehalt im Blut, zu Tode gekommen sein. Zuvor haben sie dem Bericht zufolge während des Trainings zu viel Wasser getrunken. Ihre Natriumlevel im Blut lagen demnach bei nur noch 115 bis 130 Millimol pro Liter, während die normale Konzentration 135 bis 145 Millimol pro Liter beträgt.
Wird eine Wasservergiftung mit einer Dehydration verwechselt – die Symptome sind sich zum Teil sehr ähnlich – kann es zu vergleichbar fatalen Folgen kommen. Ein Soldat starb einer weiteren Studie zufolge, weil er fälschlicherweise mit Flüssigkeitsmangel sowie einem Hitzeschlag diagnostiziert wurde. Seine Behandlung beinhaltete eine erhöhte Zufuhr von Wasser.
Probleme der mentalen Gesundheit
Aber auch Zwangsverhalten kann dazu führen, zu viel Wasser zu trinken. Die sogenannte psychongene Polydipsie, ein krankhaft gesteigertes Durstgefühl, ist dafür bekannt. Sie tritt in der Regel als ein Begleitsymptom psychiatrischer Krankheiten auf. Betroffen sind davon vor allem Patient*innen mit schizophrenen und affektiven Psychosen.
Symptome, wenn man zu viel Wasser getrunken hat
Hat eine Person zu viel Wasser getrunken, stellen sich im Laufe der Zeit dafür typische Symptome ein. Zunächst, so Mediziner*innen, führt ein übertriebener Konsum der Flüssigkeit dazu, dass die Zellen im Gehirn anschwellen. Das äußert sich durch:
- Kopfschmerzen
- Übelkeit
- Erbrechen
In schwereren Fällen von Hyperhydration können weitere Symptome hinzukommen. Dazu zählen die Folgenden:
- Schläfrigkeit
- Muskelschwäche oder -krämpfe
- erhöhter Blutdruck
- Doppeltsehen
- Verwirrung
- Unfähigkeit, sensorische Informationen zu identifizieren
- Atemprobleme
Die Schwellung (Ödem) im Gehirn durch zu viel Wasser ist in der Lage, den Hirnstamm zu beeinflussen und die Funktion des zentralen Nervensystems zu stören. In extremen Fällen kann eine Wasservergiftung dann auch zu Anfällen, Hirnschäden, einem Koma und dem Tod führen.
Es besteht keine unmittelbare Gefahr
Aber: In der Regel wird niemand aus Versehen zu viel Wasser trinken. Du müsstest der obengenannten Regel zufolge beispielsweise deutlich mehr als drei Liter in nur drei Stunden zu dir nehmen, um mit der Gefahr einer Hyperhydration konfrontiert zu sein. Den eigenen Wasserhaushalt im Blick zu behalten , ist dennoch empfehlenswert. Vor allem, da die Temperaturen aktuell wieder steigen.
Dabei musst du im besten Fall nicht einmal auf Kaffee verzichten. Einer Studie zufolge entzieht Kaffee dem Körper zwar Wasser, aber nicht bei jeder Person. Dazu gibt es übrigens eine interessante Antwort darauf, ob du wirklich Leitungswasser trinken solltest.
Quellen: MedicalNewsToday, Das Erste, Military Medicine: „Hyponatremia associated with overhydration in U.S. Army trainees„, Military Medicine: „Death from hyponatremia as a result of acute water intoxication in an Army basic trainee„, Toxichem Krimtech: „Wasserintoxikation nach psychogener Polydipsie – Fallbericht„
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