Rund 74 Jahre ist es nun her, dass man am Somerton Beach im australischen Adelaide die Leiche eines ordentlich gekleideten Mannes fand. Niemand wusste aber um seine Herkunft oder gar die Identität des Toten. Über Jahrzehnte hinweg rankten sich daher unzählige Gerüchte und Theorien um den „Somerton-Mann“ und er reihte sich in die lange Schlange ungeklärter Kriminalfälle ein – bis heute.
Rätsel um den Somerton-Mann gelöst
Eine der wohl am weitest verbreiteten Theorien besagte, dass es sich bei der Leiche um einen Spion gehandelt haben musste. Immerhin trug der Mann keinerlei Ausweispapiere mit sich, weltweit kannte keine Behörde seine Fingerabdrücke. In seiner Hand hielt der Somerton-Mann ein zerrissenes Stück Papier, auf dem lediglich die persischen Worte „Tamam Shud“ (dt.: „Es ist vorbei“) zu lesen waren.
Ungeklärte Kriminalfälle gab es zu dieser Zeit einige – bei diesem schien aber wirklich gar nichts zusammenzupassen. So dauerte es mehr als 70 Jahre, bis man das Geheimnis um den Toten von Somerton Beach endlich lösen konnte.
Derek Abbott, ein Professor an der University of Adelaide, arbeitete über ein Jahrzehnt daran, den Mann zu identifizieren. Dazu nutzte er Haare der Leiche, um DNA zu extrahieren und sie mittels forensischer Genealogie zu analysieren. Es sei wie ein Sudoku-Puzzle mit 4.000 Elementen gewesen, doch am Ende steht ein Name: Carl „Charles“ Webb.
„Einfach vom Radar verschwunden“
In Zusammenarbeit mit der kalifornischen Forscherin Colleen Fitzpatrick durchsuchte Abbott DNA-Datenbanken und rekonstruierte einen Familienbaum mit mehreren Tausend Angehörigen. Am Ende stießen die beiden auf genau zwei Personen, denen sie kein Todesdatum zuordnen konnten. Einer von ihnen sei Webb gewesen, berichtet die australische Zeitschrift The Age.
„Es stellt sich heraus, dass er unser Mann ist, denn es passt alles“, so Abbott. Er sei im Jahr 1905 zur Welt gekommen und das jüngste von sechs Geschwistern gewesen. Bevor er in die Geschichte ungelöster Kriminalfälle einging, habe er in der Bromby Street in South Yarra gelebt. Das letzte Mal, dass er in irgendeinem Dokument erwähnt wurde, sei 1947 gewesen. „Es ist also so, als wäre er einfach vom Radar verschwunden.“
„Ich hatte von Anfang an einen Verdacht in diesem Fall – denn viele der Spionagetheorien kamen in den 40er Jahren auf. Ich dachte: ‚Das ist ja alles schön und gut, aber es wird wohl eher etwas Banales sein. Und genau das war es dann auch, alles ziemlich langweilig.“
Prof. Derek Abbott
Quelle: The Age
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