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Nach Hurrikan in Kanada: Forscher machen beunruhigende Entdeckung

Vor mehr als zwei Jahren zog Hurrikan Larry über das kanadische Neufundland. Dabei hinterließ er faszinierende aber erschreckende Spuren.

Spuren der Verwüstung nach einem Hurrikan.
© TimeaPeter - stock.adobe.com

Wie entsteht ein Hurrikan?

Durchschnittlich sechs ausgewachsene Hurrikane verwüsten jedes Jahr Landstriche. Sie entstehen durch gewaltige, aufgeheizte Luftmassen nahe des Äquators, die durch die Corioliskraft in Rotation gebracht werden.

Ein Hurrikan ist eine Naturkatastrophe, die verheerende Auswirkungen für Mensch und Umwelt haben kann. Doch es kann sogar noch schlimmer kommen, belegt eine neue Studie. Untersuchungen nach einem Hurrikan in Kanada belegen nun, dass ein solcher Wirbelsturm große Mengen potentiell gesundheitsgefährdender Kleinstteile transportieren kann.

Hurrikan warf über 100.000 Mikroplastikpartikel pro Quadratmeter ab

Im September 2021 zog Hurrikan Larry über die Insel Neufundland vor der Nordostküste Kanadas hinweg. Dabei diente der Wirbelsturm der Kategorie 1 einem Forschungsteam um die Umweltwissenschaftlerin Anna C. Ryan als Objekt einer Studie, die die Zirkulation und Verbreitung von Mikroplastik untersuchen sollte.

Neufundland war dabei mit der geeignetste Ort, um die Untersuchungen durchzuführen, zitiert das Portal Wired die Hauptautorin. „Es liegt ziemlich abgeschottet und hat eine niedrige Bevölkerungsdichte“, erklärt Ryan. „Also gibt es auch nicht allzu viele andere mögliche Quellen von Mikroplastik in der Umgebung“. Hinzu kommt, dass Hurrikan Larry von seiner Entstehung vor der Westküste Afrikas an nur über dem Atlantischen Ozean verlief, ohne Festland zu berühren. Somit ist auszuschließen, dass er Mikroplastik an Land aufsammelt hat.

Mittels simpelster Methoden gelang es Ryan und ihrem Team, Proben aus dem Niederschlag des Hurrikans zu sammeln. Alles was sie brauchten, war ein mit ultrareinem Wasser gefüllter Glaszylinder. Mit diesem sammelten sie Mikroplastik auf, das vor, während und nach dem Hurrikan auf Neufundland herabfiel.

Das erschreckende Ergebnis der Untersuchungen: Zu seinem Höhepunkt gab der Hurrikan täglich über 113.000 Mikroplastikpartikel pro Quadratmeter Land ab. Als Mikroplastik bezeichnet man kleinste Kunststoffpartikel, die eine Größe von fünf Millimetern unterschreiten.

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Der Mikroplastik-Kreislauf

Um nachzuweisen, wo Hurrikan Larry all das Mikroplastik aufgesammelt hat, erstellten die Forschenden Simulationen, die aufzeigen sollten, an welchen Orten die Winde des Wirbelsturms verliefen, bevor sie Neufundland trafen. Es stellte sich heraus, dass sie über dem nordatlantischen Wirbel verliefen. Diese Oberflächenströmung ist bekanntermaßen Sammlungsort größerer Mengen von Plastikabfall.

Dass Larry die Mikroplastikpartikel über dem Ozean aufgesammelt hat, beweist, dass sich die künstlichen Kleinstteile in einem Kreislauf über unseren Planeten verbreiten. „Es scheint sehr klar zu sein, dass der Ozean-zu-Atmosphäre-Austausch ein reales Phänomen ist“, urteilt Steve Allen, Mitautor der Studie.

Als Abfallprodukte, beispielsweise in Kleidung, Reifenabrieb oder Farbsplittern, gelangt Mikroplastik vom Land in die Weltmeere. Wie die Studie belegt, bleiben die im Verdacht gesundheitsschädlich zu sein stehenden Partikel jedoch nicht dort. Sie werden von dort wieder in die Atmosphäre geblasen und gelangen so zurück an Land. Winde tragen sie dann wieder zurück aufs Meer und der Kreislauf wiederholt sich.

Es könnte noch viel mehr gewesen sein

Das klingt schon erschreckend genug, doch weitere Details an der Studie bringen zusätzliche beunruhigende Erkenntnisse zutage. So hat das Forschungsteam nicht nur im Laufe des Hurrikans Mikroplastikteile aufgesammelt. Auch vor und nach dem Sturm fielen entsprechende Partikel auf die Erde nieder.

Dabei könnte die Dunkelziffer noch deutlich höher liegen, mahnt Allen. Die Studie betrachtete nämlich nur Teilchen, die größer als 1,2 Mikrometer sind. Es gibt jedoch auch Teilchen, die diese Größe unterschreiten. „Aus vorangegangenen Studien wissen wir, dass es eine Exponentialkurve für die Partikelanzahl gibt, je kleiner man geht. Also wenn wir von 113.000 Partikeln pro Quadratmeter pro Tag von dem großen Zeug sprechen, muss die Zahl von dem kleineren überwältigend sein“, so der Mikroplastik-Experte von der University of Birmingham.

So oder so gibt die Anzahl für Flora, Fauna und auch den Menschen zu denken auf. Über die Auswirkungen von Mikroplastik auf den menschlichen Körper wird unter Fachleuten diskutiert. Laut dem Plastikatlas des Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) aus dem Jahr 2019 steht Mikroplastik im Verdacht Brustkrebs, Unfruchtbarkeit, verfrühte Pubertät, Fettleibigkeit, Allergien und Diabetes zu fördern.

Potentiell gefährliche Kleinstteilchen: Selbst an diesem entlegenen Ort entdeckte man Mikroplastik.

Quellen: „Transport and Deposition of Ocean-Sourced Microplastic Particles by a North Atlantic Hurricane“ (Commuincations Earth & Environment); Wired; Plastikatlas/Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland

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