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Luftqualität: Bislang ungekannter Effekt auf Menschen aufgedeckt

Die Luftqualität beeinflusst unsere Gesundheit maßgeblich, so viel ist klar. Laut einer neuen Studie kann dies aber auf einem bislang ungekannten Weg geschehen.

Mann mit Atemmaske im Gesicht hält ein Schild hoch mit der Aufschrift: "Fresh Air".
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Luftverschmutzung ist ein pressierendes Problem in dicht besiedelten Gebieten. In besonders großen Städten sorgen die anhaltenden Abgase sogar für einen erkennbar dichten Dunst, der langfristig gesundheitliche Probleme nach sich ziehen kann. Eine neue Studie zur Luftqualität zeigt nun, dass sie im Zusammenhang mit einem traurigen Phänomen zu stehen scheint.

Luftqualität steht in Verbindung mit Suiziden

Geht es um schlechte Luft, ist China eines der Länder, in denen es vielerorts massive Probleme gibt. Einige der betroffenen Städte tauchen in der Rangliste der schmutzigsten Städte weltweit in Bezug auf die Luftqualität auf. Zugleich ist das Reich der Mitte für 16 Prozent der Suizide weltweit verantwortlich. Laut einer neuen Untersuchung gibt es einen Zusammenhang.

Grundlage für die neue wissenschaftliche Veröffentlichung sind auffällige Entwicklungen in beiden Bereichen. Ab 2013 führte die chinesische Regierung Maßnahmen im Kampf gegen Luftverschmutzung ein, die zu deutlichen Verbesserungen führten. Im gleichen Zeitraum stellte man aber auch fest, dass die Selbstmordrate rapide zurückging von 10,88 Suiziden pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner auf 5,25.

Im Umkehrschluss halten die Fachleute auch fest, dass es zu einem plötzlichen Anstieg an Suiziden innerhalb nur einer Woche kommt, wenn sich die Luft auf eine bestimmte Art und Weise verschlechtert.

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Inversionswetterlage zentral für Luftqualität

Die genauen Ursachen für Selbstmord können sehr vielfältig sein. Die Forscherinnen und Forscher versuchten aber, Effekte schlechter Luftqualität für ihre Überlegungen zu isolieren und genauer herauszufinden, inwieweit sie dazu beitragen können, sich das Leben zu nehmen. Dabei stießen sie auf die Inversionswetterlage.

Anders als normal sind hierbei die unteren Luftschichten der Atmosphäre kälter als die oberen. Dadurch bildet sich eine stabile Schichtung aus, wobei aber die natürliche Konvektion – also die Zirkulation warmer und kalter Luft – zum Erliegen kommt. Das kann besonders im Winter auftreten und sorgt dafür, dass Schmutzpartikel in Bodennähe festgehalten werden, wo man sie verstärkt einatmet.

Laut einer früheren Studie können kleine Schmutzpartikel direkt ins Gehirn wandern, wo sie die Chemie innerhalb von nur 24 Stunden ändern und zu schlechterer mentaler Gesundheit und womöglich schlechterer emotionaler Regulierung führen können.

Rapider Anstieg von Suiziden bei Inversionswetterlagen

Diese Inversionswetterlagen halten für gewöhnlich nur einige Stunden an. Auf Landesniveau betrachtet, können sie aber die durchschnittliche Feinstaubpartikelkonzentration pro Woche um etwa einen Prozent erhöhen.

Tatsächlich beobachtete das Forschungsteam einen eindeutigen und plötzlichen Anstieg an Suiziden innerhalb einer Woche nach Inversionswetterlagen. Dies hielt dann nicht länger als sieben Tage an. Dies seien „zusätzliche“ Tode, die wohl sonst nie geschehen wären, wenn sich die Luftqualität nicht verschlechtert hätte.

Immerhin gibt es gute Prognosen für China: Die kontinuierliche Verringerung der Fälle soll zu etwa zehn Prozent auf die Verbesserung der Luftqualität zurückzuführen sein. Das sollen circa 46.000 verhinderte Selbstmorde zwischen 2013 und 2017 sein. Zwar bleiben weiterhin Fragen offen zur Verbindung von Luft, seelischer Gesundheit und Suizid. Laut der Forschungsgruppe sollte die Analyse ein Weckruf für bessere Verschmutzungskontrolle weltweit sein.

Quellen: „Estimating the role of air quality improvements in the decline of suicide rates in China“ (Nature Sustainability 2024), „This Is Air: The ‚Nonhealth‘ Effects of Air Pollution“ (Annual Review of Resource Economics 2022), IQAir

Wenn du selbst unter Stimmungsschwankungen, Depressionen oder Selbstmordgedanken leidest oder du jemanden kennst, der daran leidet, kannst du dir bei der Telefonseelsorge helfen lassen. Ihr erreicht sie telefonisch unter 0800/111-0-111 und 0800/111-0-222 oder im Internet auf www.telefonseelsorge.de. Die Beratung ist anonym und kostenfrei, Anrufe werden nicht auf der Telefonrechnung vermerkt. Alternativ kannst du dich beim Notruf (112) melden. Bist du jünger als 25 kannst du auch den Krisen-Chat verwenden (Link). Hier gehts außerdem zur Deutschen Depressionshilfe.

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