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Antarktis: Tief unter dem Eis – Forscher machen unerwartete Entdeckung

Wissenschaftler*innen sind zu überraschenden Erkenntnissen über die Antarktis gelangt. Diese könnten unsere Sichtweise auf die eisige Region komplett verändern.

Eisberg im Wasser
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Die Antarktis – wer hat sie eigentlich entdeckt?

Im Jahr 1820 stieß eine russische Expedition erstmals auf Ausläufer der Antarktis. Gerade mal ein Jahr später entdeckten amerikanische Forscher ihr Festland.Doch waren sie tatsächlich die ersten Menschen, die den Kontinent erforschten? Tatsächlich scheint es, als sei sie schon lange vorher besucht worden.

Ein internationales Forschungsteam hat tief in den Meeresboden der Antarktis gebohrt und dabei bisher einzigartige Proben entnommen. Damit wollen sie einem ungewöhnlichen Phänomen auf den Grund gehen. Denn das Eisschild im Westen der Region scheint schneller zu verschwinden als das im Osten. 

Antarktis: Westen ist stärker von Eisschmelze betroffen

Der Grund dafür könnte in dessen Entstehung liegen, wie nun die Forscher*innen unter Leitung des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) herausfand. Während der Polarstern-Expedition 2017 holte eine spezielle Bohranlage Sedimentkernproben in der Nähe der Gletscher Pine Island und Thwaites an der Küste der Amundsensee in Westantarktika aus dem Meeresboden.

Die Probung verknüpft mit aufwendigen Modellierungsarbeiten zeigt, dass die Vereisung der Antarktis vor etwa 34 Millionen Jahren begann – jedoch nicht wie bisher angenommen vom Zentrum aus, sondern vielmehr vom östlichen Rand her. Erst etwa sieben Millionen Jahre später konnte sich Eis auch im Westen bilden. Die Ergebnisse weisen darauf hin, wie extrem unterschiedlich Ost- und Westantarktis auf äußere Einflüsse reagieren und wurden vor wenigen Tagen in der renommierten Fachzeitschrift Science veröffentlicht.

Diese wurden vom Forschungsteam als „völlig neue Erkenntnisse über die erste antarktische Vereisung“ bezeichnet. Denn sie belegen erstmals die Entstehungsgeschichte des eisigen antarktischen Gebiets wie es in einer offiziellen Pressemitteilung der britischen Northumbria University heißt.

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Ursprung der Vereisung

„Vor etwa 34 Millionen Jahren erlebte unser Planet eine der grundlegendsten Klimaveränderung. Welche das globale Klima bis heute beeinflusst: der Übergang von einem Treibhaus mit keinen oder nur ganz wenigen vereisten Flächen hin zu einem Eishaus mit dauerhaft vergletscherten Gebieten“, erklärt Ulrich Salzmann, Professor für Paläoökologie und Paläoklimatologie an der Northumbria University. In dieser Zeit baute sich der antarktische Eisschild auf. Wie, wann und vor allem von wo aus, war bisher noch nicht genau bekannt. Es fehlten zuverlässige Daten und Proben vor Ort, besonders aus der Westantarktis.

Ihre Datensätze zeigten, dass die grundlegenden klimatischen Bedingungen, die für die Bildung von dauerhaftem Eis erforderlich sind, vor 34 Millionen Jahren nur in Ostantarktika existierten. Damals erreichten feuchte Luftmassen in den Küstenregionen des ostantarktischen nördlichen Victorialandes die hohen Transantarktischen Berge und schufen so ideale Bedingungen für dauerhaften Schnee und die anschließende Bildung von Eiskappen. Von dort breitete sich die Eisdecke rasch landeinwärts aus. Westantarktika war zu diesem Zeitpunkt jedoch größtenteils von dichten Laubwäldern bedeckt, ähnlich wie das heutige Patagonien. Sein kühl-gemäßigtes Klima verhinderte die Bildung von Eis.

Die neuen Erkenntnisse über die Antarktis seien laut den Forscher*innen immens wichtig, um den extremen Klimaübergang vom Treibhausklima der Vergangenheit in unser heutiges Eishausklima zu verstehen. So können Klimamodelle nun sehr viel genauer greifen, welche Auswirkungen permanent vergletscherte Bereiche auf die globale Klimadynamik haben. Das ist von entscheidender Bedeutung, wie Johann Klages in einer offiziellen Erklärung des AWI sagt: „Vor allem vor dem Hintergrund, dass uns in naher Zukunft wieder eine solch fundamentale Klimaänderung bevorstehen könnte“ 

Quellen: Northumbria University, Alfred-Wegener-Institut, „Ice sheet–free West Antarctica during peak early Oligocene glaciation“ (Science, 2024)

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